Ketten der Liebe
eine Braut seiner Wahl zu schicken. Sie wird in einem Monat hier sein, Herr.«
»Ich erinnere mich genau daran, daß ich Hasdai ibn Shaprut mitteilte, ich würde nicht wieder heiraten«, sagte Karim mit wachsender Wut, als er sich bewußt wurde, daß Hasdai sich in alle seine Angelegenheiten einmischte. »Ich erinnere mich auch daran, daß ich ihm sagte, ich würde meinen Neffen als Erben einsetzen. Warum hat er das nicht an den Kalifen weitergeleitet, Alaeddin?«
»Vielleicht hat er das, Herr«, erwiderte der Wesir. Er war sich nicht sicher, ob er Karim darauf aufmerksam machen sollte, daß, obwohl die Botschaft die Unterschrift des Kalifen trug, sie mit dem Siegel von Hasdai ibn Shaprut verschlossen worden war. Er entschied sich für Verschwiegenheit und erwähnte seinem alten Freund gegenüber nichts von seiner Beobachtung.
»Ich will keine Braut, Alaeddin«, sagte der Prinz. »Die Erfahrung mit Hatiba war tragisch genug. Wie ein Tier zeugte ich ein Kind mit ihr, obwohl sie mir gleichgültig war. Ich kann das nicht noch einmal tun, Alaeddin. Und das werde ich auch nicht!« Seine blauen Augen schauten den Wesir herausfordernd an.
»Du kannst den Kalifen nicht erzürnen«, riet ihm der Wesir. »Er ist dein Oberherr, Karim.« Alaeddin ben Omar ließ im Namen der Zweckdienlichkeit jegliche Formalität außer acht. Er mußte an den gesunden Menschenverstand seines Freundes appellieren. Karim war durchaus in der Lage, auf eine dumme Art dickköpfig zu sein. »Warte zumindest, bis du das Mädchen getroffen hast. Ich weiß zwar, daß keine andere Frau jemals Zaynab in deinem Herzen verdrängen kann, alter Freund, aber vielleicht wird sich diese Braut ihren eigenen Platz erkämpfen, wenn du sie nur läßt.«
»Ich muß diese Frau heiraten, nur weil sie vom Kalifen kommt«, erwiderte Karim. »Ich muß allerdings nicht mit ihr in einem Bett schlafen.«
»Bist du verrückt?« rief der Wesir. »Dieser Brief besagt ausdrücklich, daß deine Braut jederzeit Gehör bei Abd-al Rahman höchstpersönlich finden wird und seinen persönlichen Respekt genießt! Wenn du sie schlecht behandelst, wird sie sich beim Kalifen beschweren.«
»Sie kann sich nicht bei ihm beschweren, wenn man sie nicht läßt«, sagte Karim unbarmherzig. »Sie wird im Harem und seinen Gärten leben, sie jedoch niemals verlassen dürfen. Das ist durchaus nicht ungewöhnlich. Die Diener werden es aus Furcht vor meinem Zorn nicht wagen, Intrigen mit ihr zu spinnen, Alaeddin. Ich werde es ihr an nichts fehlen lassen.«
»Du bist verrückt«, antwortete sein Freund.
»Nein, das bin ich nicht! Ich bin der Prinz von Malina. Ich werde mir nicht befehlen lassen, mir eine Frau zu nehmen, um sie dann wie ein Hengst, den man mit einer Stute einsperrt, zu befruchten. Ich kann es nicht, Alaeddin. Wie kannst du auch nur einen Moment an so etwas denken? Du kannst dich glücklich schätzen, daß du deine geliebte Sheila hast. Möglicherweise wirst du dir eines Tages einen kleinen Harem mit Schönheiten aufbauen, aber du wirst dir niemals eine andere Frau nehmen, nicht wahr, alter Freund? Warum muß ich das tun? Weil ich hier der Prinz bin? Weil meine Familie den Omajjaden seit mehr als zweihundert Jahren treu gedient hat? Alle diese Gründe sind nicht stichhaltig genug für mich. Ich werde es nicht tun!« Seine Stimme war streng, sein hübsches Gesicht unerbittlich.
»Ich werde die Frau heiraten, weil ich es tun muß, aber das ist auch schon alles.«
Später, in der Vertraulichkeit seiner eigenen vier Wände, ließ der Wesir seine Frau an seinen Sorgen teilhaben. »Er ist fest entschlossen, Sheila. Allah sei mit der armen Frau, die der Kalif an die Seite Karims stellen will.«
»Du sagst, der Brief sei mit dem Siegel des Arztes, und nicht mit dem des Kalifen, verschlossen gewesen«, erwiderte Sheila nachdenklich. Was für eine Rolle spielte der Berater des Kalifen in dieser Angelegenheit? »Hasdai ibn Shaprut wußte, daß Karim keine andere Frau wollte. Und trotzdem hat er den Kalifen dahingehend beeinflußt, daß dieser ihm eine Braut schickt. Warum? Das frage ich mich.
Wer ist diese Frau, und aus welchem Grund wird sie hierher gesandt? Die Sache ist möglicherweise nicht so simpel wie sie aussieht, Alaeddin.«
Sheilas Worte warfen im Gehirn des Wesirs mehr Fragen auf, als sie beantworteten. Bezweckten der Kalif und sein engster Berater noch etwas anderes? Und wenn dem so war, was war es? War es möglich, daß Hasdai ibn Shaprut Karim nicht für geeignet hielt,
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