Ketten der Liebe
jede andere Braut. Sollte sie noch sehr jung sein, ist sie möglicherweise auch ein wenig ängstlich. Immerhin gibt man sie einem Fremden zur Frau und schickt sie weit von zu Hause weg. Mit Eurer Erlaubnis werde ich Sheila dazu bringen, sie im Harem zu besuchen, bevor Ihr zurückkehrt.«
»Ja«, erwiderte Karim, »das wäre nett.«
Die beiden Männer gingen noch am gleichen Abend in Begleitung des Kadi zum obersten Imam von Malina. Man legte ihm die Heiratsverträge vor, und nachdem er sie sorgfältig gelesen hatte, vollzog er die Heiratszeremonie. Die Braut war eine Ehefrau, bevor sie überhaupt einen Fuß auf den Boden von Ifriqiya gesetzt hatte, obwohl sie noch nichts davon wußte. Am folgenden Tag ritt Karim mit einem halben Dutzend Männern seiner Leibwache zum Jagen in die Hügel, während sein Wesir sich zur Stadt Tanja begab, um die kö nigliche Hochzeitsgesellschaft zu begrüßen. Der Ritt dauerte lediglich anderthalb Tage, da Alaeddin ben Omar und seine Saqalibah zügig und ohne Gepäck voranritten.
Der Statthalter des Kalifen hieß sie in Tanja willkommen. Er war über die bevorstehende Ankunft der Braut des Prinzen benachrichtigt worden, die am darauffolgenden Morgen von Jabal-Taraq übersetzen würde, wenn das Wetter es zuließ.
Der nächste Tag brachte strahlendes und sonniges Wetter, was für diese Jahreszeit ungewöhnlich war.
Ein Wachmann, der vom höchsten Punkt Tanjas, dem Minarett der Hauptmoschee, Ausschau hielt, rief kurz vor den Nachmittagsgebeten aus, daß der Konvoi in Sichtweite sei. Der Wesir eilte in Begleitung des Statthalters hinunter in den Hafen, um die Braut zu erwarten.
»Ihr werdet selbstverständlich noch eine Nacht meine Gäste sein«, sagte der Statthalter zu Alaeddin ben Omar. »Die Braut wird von der Überfahrt zweifellos erschöpft sein und wünscht sich auszuruhen.
Wißt Ihr, wer sie ist, Herr?«
Der Wesir schüttelte den Kopf. »Es ist seltsam«, entgegnete er, »aber der Brief des Kalifen erwähnte alles, nur nicht den Namen und die Familie. Und in den Heiratsverträgen stand er auch nicht.«
»Vielleicht«, vermutete der Statthalter, »waren sie sich bis zum letzten Moment nicht sicher, wen sie auswählen würden. Eine solch wichtige Entscheidung will gut überlegt sein. Der Kalif ist großzügig, daß er dem Prinzen eine Braut schickt.« Er lächelte und zeigte dabei seine Zähne. »Offensichtlich steht Karim al Malina hoch in der Gunst unseres gnädigen Herrn. Was für ein Glück für ihn, und für Malina, aber Abd-al Rahman ist denjenigen, die in seiner Gunst stehen, immer wohlgesinnt.« Ein schwaches Anzeichen von Neid lag in seiner Stimme.
»Ich muß Eure Worte in dieser Angelegenheit so hinnehmen, Herr«, sagte der Wesir kühl. »Eure Kenntnis in solchen Dingen ist weitaus umfassender als die meine. Mein Prinz wird sich für Eure Liebenswürdigkeit bedanken wollen.« Er lächelte schwach und verbeugte sich vor dem Statthalter.
Alaeddin ben Omar war Männern wie diesem schon früher begegnet: Beamten mit stark ausgeprägtem Selbstbewußtsein. Um mit solchen Leuten umgehen zu können, mußte man lediglich liebenswürdig und ein bißchen zurückhaltend sein. Der Statthalter von Tanja, der sich allen außer dem Kalifen überlegen fühlte, war beruhigt.
Das Schiff, das Zaynab, ihr Gefolge und auch ihre Begleiter, beförderte, lief in den Hafen von Tanja ein. Unbeobachtet betrachtete Zaynab die Küste vom Fenster ihrer Kabine aus, als das Schiff sich dem Kai näherte. Karim war nicht gekommen. Er war eingeschnappt, weil der Kalif ihm eine Braut schickte, die er nicht wollte. Sie lachte innerlich. Was für eine Überraschung erwartete ihn. Sie erblickte Alaeddin ben Omar in Begleitung des Statthalters von Tanja.
»Na ja«, sagte sie zu ihrem Eunuchen, »der große Mann mit dem schwarzen Bart ist Alaeddin ben Omar, der Wesir des Prinzen.«
»Sheilas Ehemann«, erwiderte Naja. »Er ist ein gutaussehender Mann.«
»Ja«, antwortete sie und lächelte dann erneut. »Wenn er dich nach meinem Namen fragt, denke dir irgendeine Ausrede aus. Ich bin neugierig, ob er mich erkennen wird.« Sie kicherte frech. »Ich bin mit Sicherheit der letzte Mensch auf der Welt, den Alaeddin ben Omar hier erwartet, Naja. Ich denke, er wird durch die Ankunft der Frau, die vom Kalifen höchstpersönlich zur Braut Karims bestimmt wurde, lediglich ein wenig eingeschüchtert sein.«
»So habe ich Euch noch niemals erlebt, Herrin«, sagte Naja zu ihr. »Wie kommt das?«
Zaynab legte
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