Ketten der Liebe
Namen ihres Babys auszusprechen, ohne in Tränen auszubrechen. Obwohl sie mittlerweile eingesehen hatte, daß Moraima auch dann gestorben wäre, wenn sie bei ihr gewesen wäre, fühlte sie sich nach wie vor am plötzlichen Tod des Kindes während ihrer Abwesenheit schuldig.
»Ich werde Maryam Ha-Levi die Küche zeigen«, warf Naja rasch ein. »Und auch ihre neue Unterkunft, Herrin.« Er gab der Frau ein Zeichen, ihm zu folgen, eilte davon und ließ seine Herrin allein, damit sie sich wieder fangen konnte.
»Sie liebte ihr Kind«, sagte Maryam Ha-Levi verständnisvoll.
»Wir alle liebten die kleine Moraima«, erwiderte Naja leise.
Es galt eine vollkommen neue Garderobe für die Braut anzufertigen. Da Zaynab es auf sich genommen hatte, dafür zu sorgen, daß die Bedürfnisse des Nasi auch nach ihrer Abreise befriedigt waren, kümmerte sich der Nasi im Gegenzug um die Mitgift der Braut. Man brachte eine Unmenge Ballen farbigen, luxuriösen Stoffes in das Haus und sorgte für mehrere Näherinnen, die Blusen, Jacken, Hosen, Kaftans, Mäntel und Schleier anzufertigen hatten und sie anschließend mit Silber, Gold und Juwelen bestickten. Die Kleidungsstücke wurden gesäumt, für kalte Tage gesteppt oder mit Pelz besetzt. Eine Schusterin kam und nahm Abdrücke von Zaynabs Füßen. Diese brachte sie zur Werkstatt ihres Ehemannes, damit Pantoffeln und Stiefel für die junge Dame hergestellt werden konnten, die bald die Frau des Prinzen von Malina sein würde. In einem halben Monat waren die Arbeiten abgeschlossen.
Hasdai überbrachte Zaynab ein Hochzeitsgeschenk, eine prachtvolle Halskette aus Saphiren und Diamanten. »Ich hab dir nie zuvor ein richtiges Geschenk gemacht«, sagte er. »Ich habe es nicht bemerkt, bis der Kalif mich fragte, was mein Abschiedsgeschenk für dich sein würde.«
Sie war von seiner Großzügigkeit überwältigt. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Herr. Es ist ein wundervolles Geschenk!«
»Auch Abd-al Rahman hat dir ein Geschenk geschickt«, ließ er sie wissen und überreichte ihr einen kleinen Beutel aus Samt.
Zaynab öffnete den Beutel und schüttete den Inhalt in ihre Hand. Ihre hohle Handfläche war voll von glitzernden Edelsteinen aller Farben. Sie schüttelte ungläubig den Kopf. Es war ein kleines Verögen.
»Sagt ihm meinen aufrichtigen Dank, aber laßt ihn auch wissen, daß das schönste Geschenk, das er mir in der ganzen Zeit machte, das einzige war, um das ich ihn jemals bat. Sagt ihm, daß ich bedaure, auf dieses Geschenk nicht besser achtgegeben zu haben.« Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann ergriff Zaynab das Wort. »Auch ich habe ein Abschiedsgeschenk für Euch, Hasdai. Kommt und badet mit mir.«
Zaynabs neue Dienerin Rabi hatte mit der neuen Sprache und den neuen Sitten noch ihre Schwierigkeiten. Sie war sich nicht sicher, was schwieriger war: sich mit unaussprechlichen Silben die Zunge zu verknoten oder einem nackten Mann und einer nackten Frau beim Baden behilflich zu sein.
Ihre Wangen waren von einer Röte, die nicht auf den heißen Dampf zurückzuführen war. In der kurzen Zeit, die sie nun im Dienst von Zaynab stand, hatte sich bei ihr dennoch ein Gefühl der Bewunderung für ihre Herrin eingestellt, und so hätte sie alles für sie getan, auch wenn das bedeutete, selbst nackt neben dem Bad zu stehen und in diesem Zustand ihre Pflichten zu erfüllen.
Rabi freute sich auf die Reise, die sie in Kürze antreten würden. Zaynab hatte ihr von der bevorstehenden Heirat erzählt. »Und wäscht man sich in unserer neuen Heimat auch nackt, meine Herrin?« fragte sie, während sie ihre Gebieterin mit warmem, parfümiertem Wasser abspülte.
Zaynab nickte, zwinkerte mit ihren Augen und wandte sich dann an Hasdai. »Die arme Rabi hat sich noch nicht an unsere Bräuche gewöhnt. Naja fand es sehr lustig, als er sie zum ersten Mal ins Bad führte, daß sie zum Waschen ihre Gewänder nicht ablegen wollte. Er brauchte schrecklich lan ge, bis er sie überreden konnte, insbesondere weil sie unsere Sprache noch nicht gut genug beherrscht.
Um ihr zu zeigen, was er meinte, zog er schließlich sein eigenes Gewand aus. Rabi rannte schreiend in den Garten, und der arme Naja mußte sich wieder anziehen und mich Rabi suchen lassen, damit ich ihr erklärte, daß alles in Ordnung sei.«
Hasdai lachte von ganzem Herzen. »Ihre geröteten Wangen tragen nicht gerade dazu bei, sie attraktiver zu machen, insbesondere mit all diesen Sommersprossen. Ich schätze, ich sollte mich
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