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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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uralter Baum im Wind. Wir erstarrten beide einen Moment, bis wir sicher waren, dass sich in den Gebäuden hinter uns nichts rührte.
    Cobbett bedeutete mir, die Laterne zu behalten.
    »Klopft an das Fenster zur Straße, wenn Ihr zurückkommt«, mahnte er mich mit heiserer Stimme. »Keine Angst, ich höre Euch. Und seid in den Straßen auf der Hut, Sir.« Sein Gesicht wirkte im Kerzenschein ungewöhnlich ernst, also nickte ich ebenso feierlich, als ich in die schlammige St. Mildred’s Lane hinaustrat. Die Angeln knarrten erneut, als Cobbett das Tor hinter mir schloss, und einen Moment später hörte ich, wie sich der Schlüssel mit bedrohlicher Endgültigkeit im Schloss drehte.
    Ich hatte gerade die Mauern des Jesus College passiert und fast die Stelle erreicht, wo sich die St. Mildred’s Lane mit der Summer Lane kreuzte, als ich, die Hand an meinem Messer, herumfuhr; überzeugt, irgendwo hinter mir das unverkennbare Geräusch eines Fußes in einer Pfütze gehört zu haben. Ich hielt die Laterne in die Höhe und blinzelte in die Dunkelheit der
Gasse, die ich gerade entlanggegangen war, aber der Lichtschein reichte kaum über die Länge meines Arms hinaus und ließ die Finsternis noch undurchdringlicher erscheinen. Beinahe hätte ich laut gerufen, wer auch immer dort sei, möge sich zeigen, besann mich aber im letzten Augenblick, da ich es für ratsam hielt, keine unnötige Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.
    Ich trottete die matschige Straße entlang und hielt mich eng im Schutz der Stadtmauer zu meiner Rechten, der ich die Summer Lane hinunter bis zum Nordtor folgte. Wieder ertönte das Platschen von Schritten, ähnlich dem, das meine eigenen Stiefel verursachten; wieder fuhr ich herum, zog diesmal das Messer und zischte nahezu unhörbar: »Wer ist da?« Und diesmal war ich sicher, etwas im Schatten bemerkt zu haben, weniger eine Bewegung als vielmehr einen Luftzug, als würde der feuchte Nebel über der Stelle wabern, wo kurz zuvor noch ein Mann gestanden hatte. Ich hegte jetzt keinen Zweifel mehr daran, dass mir jemand folgte, aber ein kurzes Stück vor mir sah ich die tröstlichen Umrisse von St. Michael und daneben die Lichter des Wachturms über dem Tor. Ich holte tief Atem, schob das Messer in den Gürtel zurück und suchte in meiner Hosentasche nach den wenigen Münzen, die als Bestechungsgeld für die Wachposten gedacht waren. Ich wollte nicht, dass sie sahen, was für eine gut gefüllte Börse ich bei mir trug.
    Zwei junge, mit Piken bewaffnete Männer, die stark nach Ale rochen, traten halbherzig vor, als ich mich dem Tor näherte.
    »Was ist Euer Begehr?«, fragte der größere so gleichmütig, als würde ihn meine Antwort nicht sonderlich interessieren. Er biss ostentativ auf das Silberstück, das ich ihm reichte, während ich mich ängstlich nach meinem Verfolger umblickte, den ich aber in dem schwachen Laternenschein nicht erkennen konnte. Als mein Geld akzeptiert worden war, wurde ich durch das Tor gewinkt und fand mich allein vor der Stadtmauer wieder.
     
    Der Hof der Schänke lag im Schatten, und es herrschte eine dumpfe, von nahezu greifbarer Spannung erfüllte Stille. Hinter
keinem der Fenster brannte Licht, nur meine kleine Laterne beleuchtete die unmittelbare Umgebung. Irgendwo rechts im Dunkel neben mir ertönte das leise Wiehern eines Pferdes, das im Halbschlaf sein Gewicht von einem Huf auf den anderen verlagerte. Ich hob die Laterne, um festzustellen, wohin ich mich wenden musste.
    »Löscht das Licht, Ihr Narr. Wollt Ihr uns die Wächter auf den Hals hetzen?«, zischte eine Männerstimme an meinem Ohr, und warmer Atem streifte meine Wange. Mein Herz machte einen Satz, fast hätte ich die Laterne fallen lassen, aber es gelang mir, in das Glasgehäuse zu greifen und die Kerze auszudrücken. Der Mann, der zu mir gesprochen hatte, ging voran und überquerte ohne zu zögern den Hof. Sein Umhang bauschte sich um seine Beine. Ein Mondlichtstrahl fiel zwischen den Wolken hindurch, und in dem schwachen Schimmer sah ich, dass weitere Gestalten in Umhängen mit Kapuze geräuschlos auf die Rückseite der Schänke zuglitten. Einen Moment lang erinnerte mich der Anblick an die Matutin in San Domenico; die kapuzenbewehrten Männer sahen genauso aus wie die Mönche, unter denen ich meine Jugend verbracht hatte. Ich folgte den Schatten zu einer kleinen Tür, die just in dem Moment geschlossen wurde, als ich sie erreichte. Auf Kopfeshöhe befand sich ein Gitter. Ich beugte mich vor und flüsterte leise:

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