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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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Suche nach der einen Person an der Universität, die vor uns allen von der Verbindung zu Foxe gewusst hatte, keinen Schritt weitergekommen.
    »Zur Hölle mit ihm«, knirschte ich, dabei zerknüllte ich den Brief in der Hand, obwohl ich nicht sicher war, ob ich Florio für seine Unschuld oder den anonymen Briefschreiber dafür verwünschte,
mir so viele Rätsel aufzugeben. »Cobbett, dürfte ich Euch um einen Gefallen bitten?«
    »Ich bin Euch gern zu Diensten, wenn ich kann, Sir.«
    »Ich muss die Universität heute Nacht verlassen, ich habe etwas zu erledigen. Würdet Ihr das Tor für mich offen lassen – sagen wir, um eine halbe Stunde vor Mitternacht?«
    Der alte Pförtner zog verwirrt die Brauen zusammen.
    »Ich würde Euch gerne helfen, Sir, aber nach diesen neuesten Todesfällen hat der Rektor strikt angeordnet, dass die Tore geschlossen bleiben. Niemand darf nach Einbruch der Dunkelheit hinein oder hinaus. Ich wage nicht, mich seinem Befehl zu widersetzen. Wenn es zu einem weiteren Zwischenfall kommt, werde ich auf die Straße gesetzt, weil ich meine Pflichten vernachlässigt habe.«
    »Ich verstehe«, versicherte ich ihm rasch. »Vielleicht könnte ich dann klopfen, und Ihr lasst mich hinaus und schließt das Tor hinter mir wieder ab?«
    Cobbett blickte zweifelnd drein.
    »Das ginge, Sir – müsste ich wach bleiben, bis Ihr zurückkehrt ?«
    »Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, aber ich könnte an Euer Fenster klopfen, damit Ihr mich wieder einlasst.«
    »Wir können es versuchen, wenn Ihr es wünscht, Sir«, erwiderte er immer noch nicht überzeugt. »Aber Ihr müsst mir schwören, dass niemand hier davon erfährt, sonst bekomme ich Schwierigkeiten.«
    »Ich schwöre es. Ich werde verschwinden wie ein Dieb in der Nacht.« Ich dankte ihm und trat in den feuchten Hof hinaus. Mein Kopf schmerzte von all diesen neuen Erkenntnissen.

16
    Eine klamme Kälte lag über dem Hof, als ich zwanzig Minuten vor Mitternacht aus dem Eingang des Treppenhauses spähte, aber die schwere Wolkendecke, die uns die Regengüsse des heutigen Tages beschert hatte, war endgültig aufgerissen, und ein Mondlichtschimmer fiel auf das glitschige Pflaster. Seit dem Abendessen war ich von innerer Erregung erfüllt in meiner Kammer auf und ab geschritten, und ich war dankbar für das fahle Licht gewesen, denn es hatte es mir ermöglicht, von meinem Fenster aus die Zeiger der Uhr zu erkennen. Aber jetzt hatte ich Angst, gesehen zu werden, wenn ich versuchte, die Universität unbemerkt zu verlassen. Mich immer im Schatten haltend schlich ich an der südlichen Mauer entlang und dann in westlicher Richtung zum Turm hinüber, dabei betete ich, dass Cobbett noch wach war. Zweimal schrak ich zusammen, weil ich ein Geräusch hörte, und presste mich fest gegen den feuchten Stein, überzeugte mich aber schließlich selbst davon, dass ich nur einen Fuchs oder eine Eule auf nächtlichem Streifzug auf der anderen Seite der Mauer gehört hatte; Laute, die nun vom Rauschen meines eigenen Blutes in meinen Ohren übertönt wurden. Alle zum Hof hinausgehenden Fenster waren dunkel, nur im oberen Stock, wo die Wohnung des Rektors lag, flackerte noch ein Licht. Wenn Sophia immer noch nicht nach Hause gekommen war, wunderte ich mich nicht, dass der arme Mann nicht schlafen konnte. Als ich an der westlichen Gebäudekette vorbeikam, fragte ich mich, ob Gabriel Norris und Thomas Allen
zurückgekehrt waren, keiner war beim Essen zugegen gewesen, und es kam mir seltsam vor, dass beide nach der Entdeckung von Neds Leiche verschwunden sein sollten. William Bernard fehlte ebenfalls, was umso mehr auffiel, weil keiner seiner Kollegen an der Tafel darauf zu sprechen gekommen war, obwohl sie oft verstohlen zu seinem leeren Platz geschielt hatten.
    Unter dem Turmtorbogen klopfte ich sacht an Cobbetts kleines Fenster. Zu meiner Erleichterung brannte dahinter eine Kerze, und erstaunlicherweise wurde die Tür fast im selben Augenblick geöffnet. Der alte Pförtner legte einen schmutzigen Finger an die Lippen und schlurfte mit einer kleinen Laterne in der Hand qualvoll langsam auf das Tor zu, dabei spähte er immer wieder voller Furcht über den schattigen Hof hinweg. Dann reichte er mir die Laterne, und ich sah zu, wie er mit seinen arthritischen Fingern geschickt und geräuschlos die Schlüssel an dem riesigen Bund an seinem Gürtel sortierte, bis er den richtigen gefunden hatte. Das Tor protestierte knarrend, als es geöffnet wurde, es klang, als biege sich ein

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