Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
Vom Netzwerk:
packte den alten Pförtner am Ärmel und zog ihn aus der Hörweite des Quästors.
    »Ihr müsst mir glauben, Cobbett, die Angelegenheit ist äußerst dringend. Ich denke, ich weiß, wo der Mörder zu finden ist, und wenn ich nichts unternehme, sterben heute vielleicht noch weitere Menschen.« Da er immer noch nicht überzeugt schien, fügte ich flüsternd hinzu: »Sophia ist in Gefahr. Ich muss sofort aufbrechen. Wo finde ich mein Pferd? Ich hörte, es steht im Stall des Rektors.«
    »Cobbett, öffnet unter keinen Umständen das Tor! Dieser Mann darf das Universitätsgelände nicht mit diesem Päckchen verlassen, habt Ihr verstanden?« Slythurst klang jetzt geradezu verzweifelt. Er sprang auf und stürmte auf unsicheren Beinen auf mich los, und obwohl ich noch immer benommen war, warf ich mich ihm mit gefletschten Zähnen entgegen.
    »Ne vuoi di più? Fatti sotto «, schnarrte ich, dabei zückte ich das Küchenmesser, das ich Humphrey Pritchard abgenommen
hatte, und streckte es drohend vor. »Kommt nur, wenn Ihr noch nicht genug habt!«
    Slythurst mochte die Worte nicht verstanden haben, aber an der Bedeutung des Messers bestand kein Zweifel. Er trat einen Schritt zurück, starrte mich einen Moment lang an und brüllte dann aus vollem Hals: »Mord!« Auf zwei Seiten des Hofes wurden knarrend Fenster geöffnet, und schattenhafte Gestalten lehnten sich alarmiert hinaus.
    »Ich muss sofort hier weg«, flüsterte ich Cobbett zu, während ich Slythurst noch immer mit dem Messer in Schach hielt. Der Quästor hatte offensichtlich entschieden, dass es das Beste war, die gesamte Universität zu wecken und die Männer dazu zu bringen, mich zu ergreifen.
    »Er wird Euch die Wache auf den Hals hetzen«, murmelte Cobbett, als Slythurst erneut »Mord!« kreischte. »Ihr müsst sehr schnell reiten, um hoffen zu können, die Stadt zu verlassen. Der Stall des Rektors befindet sich uns direkt gegenüber in der Cheney Lane. Kommt mit.« Der alte Pförtner schob mich auf das Haupttor zu. Er bewegte sich so schnell, wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte.
    »Ich muss diese Papiere zum Christ Church College bringen«, zischte ich, als er das Tor aufschloss. Slythurst beobachtete uns, rührte sich aber nicht vom Fleck. Er schien sich entschieden zu haben, auf Verstärkung zu warten. »Welches ist der beste Weg?«
    Cobbett schüttelte den Kopf.
    »Wenn Ihr jetzt zum Christ Church reitet, werden sie Euch festnehmen, bevor Ihr die Stadt verlassen könnt«, flüsterte er nahezu unhörbar. »Gebt mir die Papiere, ich schicke einen Boten, dem ich vertraue.«
    Ich sah mich zu Slythurst um, der jetzt irgendetwas zu jemandem hinaufrief, der sich aus einem Fenster im ersten Stock beugte. Cobbett stellte sich so, dass sein breiter Rücken mich vor den Blicken des Quästors schützte, und bedeutete mir, ihm die Papiere auszuhändigen.

    »Sie müssen unverzüglich zu Sir Philip Sidney gebracht werden«, wies ich ihn an. »Niemand darf sie zu Gesicht bekommen. Männer mussten wegen dieser Papiere sterben. Könnt Ihr schwören, dass Euer Bote vertrauenswürdig ist?«
    »Bei meinem Leben«, grunzte er. »Jetzt sputet Euch, Bruno, und Gott mit Euch. Bringt Sophia zurück.« Weitere Schritte hallten auf dem Pflaster wider. Cobbett öffnete die kleine Tür einen Spalt, und ich gab ihm rasch das in Norris’ Hemd gewickelte Päckchen, das in Cobbetts voluminösem altem Mantel verschwand.
    »Ist Master Godwyn zurückgekommen?«, zischelte ich, als ich über die Schwelle huschte. Cobbett runzelte die Stirn.
    »Außer Euch habe ich heute Nacht niemanden die Universität verlassen sehen. Das Tor war die ganze Zeit verschlossen.«
    »Dann muss er einen anderen Weg genommen haben, vielleicht den durch den Hain.« Also war Godwyn wohl ebenfalls immer noch aushäusig, und ich hatte schon eine Ahnung, wo ich ihn finden würde.
    Cobbett nickte, schob mich drängend in die Gasse hinaus und schloss rasch die Tür hinter mir.
     
    Ich wagte kaum, über meine Schulter zu spähen, als ich, so schnell ich konnte, in die Cheney Lane rannte, eine schmale Straße, die an der Seite des Jesus College entlang verlief. Zum Glück standen hier nur wenige Gebäude, und der aus Ziegeln erbaute Stall war aufgrund des Geruchs und der leisen Geräusche schlafender Pferde leicht zu finden. Ich hämmerte heftig gegen die Tür, weil ich fürchtete, Slythurst könnte jeden Moment mit einer Schar von Männern des Linoln College auftauchen, um mich wegen Diebstahls festzunehmen, während

Weitere Kostenlose Bücher