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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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aber ich trat nach hinten aus, während ich das Bündel mit meinen Armen schützte, und traf ihn hart in den Magen. Er taumelte zurück, und bevor er zum nächsten Angriff übergehen konnte, holte ich mit meiner verbundenen Hand aus und versetzte ihm einen Hieb gegen das Kinn. Ein sengender Schmerz schoss durch meinen Arm. Slythurst torkelte zurück, warf sich dann aber unverhofft gegen meine Beine und schleuderte mich zu Boden. Ich hörte meinen Rücken knirschen, als ich auf dem Pflaster aufschlug, und versuchte, das Päckchen unter mich zu schieben, aber er befand sich jetzt im Vorteil, setzte sich bereitbeinig auf mich und presste mich auf den kalten Stein. Sein Gesicht berührte fast das meine, als er nach den Papieren griff. Ich fürchtete, er könne sie bei dem Versuch, sie aus meinen Händen zu zerren, zerreißen. Heiße Wut wallte in mir auf, und ich verdoppelte meine Anstrengung, sie zu schützen.
    »Gebt mir das, Bruno! Ihr mischt Euch in Dinge, die Ihr nicht versteht, zischte der Quästor mit zusammengebissenen Zähnen. Sein säuerlicher Atem stieg mir in die Nase.
    »Ihr wisst ja noch nicht einmal, was ich hier habe«, spie ich zurück, die Papiere an meine Brust drückend.
    »Was Ihr aus der Kammer eines Studenten entwendet habt, ist während der Abwesenheit dieses Studenten Eigentum der Universität«, teilte er mir hochfahrend mit, während er nach meinen Händen griff.
    »Warum wollt Ihr es unbedingt haben?«, gab ich zurück. »Weil Ihr es nicht gefunden habt, als Ihr die Kammer selbst
durchwühlt habt? Borgt Ihr Euch immer die Schlüssel aus, wenn Cobbett schläft?«
    »Die Frage lautet wohl eher, woher Ihr wusstet, wo Ihr zu suchen habt, Bruno.« Seine Nasenflügel bebten. »Das kann nur bedeuten, dass Ihr ein Teil der papistischen Verschwörung seid. Aber was sollte man auch anderes von einem Italiener erwarten? Der Rektor ist ein leichtgläubiger Narr, aber ich habe Euch von Anfang an durchschaut.«
    »Ihr irrt Euch«, grunzte ich, dabei versuchte ich, ihn abzuwerfen. »Ich bin kein Papist, und die, auf die es ankommt, wissen das.«
    »Ihr werdet mir diese Papiere aushändigen, Bruno«, schnaufte er und verlagerte sein Gewicht so, dass er sich über mich beugte. Seine Nase berührte fast die meinige. »Oder ich alarmiere die ganze Universität. Da drei von uns kürzlich getötet wurden, werdet Ihr in den Kerker geworfen werden, bevor Ihr Gelegenheit bekommt, Euch eine neue hanebüchene Geschichte auszudenken.«
    Also war Slythurst gegen die Papisten, dachte ich, als sich sein Knie in meine Brust bohrte. Warum war er dann so erpicht darauf, Beweise für die Morde zu vertuschen? Was wollte er mit den Papieren anfangen, dass er ihretwegen erst Mercers und dann Norris’ Kammer durchsucht hatte? Wo auch immer seine Gründe lagen, ich wusste, dass niemand außer Walsingham die Papiere bekommen durfte und ich sie zu diesem Zweck eigenhändig Sidney überbringen musste. Als ich spürte, dass das Päckchen meiner verletzten Hand zu entgleiten drohte, bot ich meine letzten Kraftreserven auf. Ich biss die Zähne zusammen, setzte mich so weit auf, wie es mir möglich war, brachte mein Gesicht nah an das von Slythurst heran, zog den Kopf leicht zurück und stieß ihn dann in die Höhe, sodass meine Stirn mit einem vernehmlichen Knacken gegen seine Nase prallte. Er heulte auf und schlug beide Hände vor das Gesicht; ich nutzte die Gelegenheit, um ihn abzuwerfen und mich zur Seite zu rollen. Ein dumpfer Schmerz breitete sich in meinem
Kopf aus, und die Welt verschwamm kurz vor meinen Augen, aber ihn schien es schlimmer getroffen zu haben, denn als er die Hand wegzog, sah ich, dass seine Nase heftig blutete. Über mir flammte ein weiteres Licht auf, gefolgt von schlurfenden Schritten.
    »Was in Gottes Namen …«, begann Cobbett, hob seine Laterne und hielt mit einem verwirrten Stirnrunzeln inne, als er Slythurst und mich wie ein paar Trunkenbolde auf dem Hof miteinander ringen sah. Mir fiel auf, dass er in der anderen Hand einen dicken Stock hielt. »Doktor Bruno? Himmel, wie seht ihr denn aus? Und wie seid Ihr hier hereingekommen?«
    »Das ist eine lange Geschichte, Cobbett.« Ich raffte mich auf. »Ich brauche Eure Hilfe.«
    »Ergreift ihn, Cobbett!«, geiferte Slythurst. Die Worte wurden durch die immer noch gegen seine Nase gepresste Hand gedämpft. »Er ist ein Dieb, und als Fellow dieser Universität befehle ich Euch, ihn festzuhalten!«
    Cobbetts Blick schweifte besorgt von mir zu Slythurst. Ich

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