Ketzer
Hügelkamm aus konnte ich trotz des dünnen Nebels, der über den Bäumen hing, hohe rote Ziegelschornsteine, Türmchen und Zinnen erkennen. Das Haus war zu drei Seiten von Waldland umgeben, und hinter ihm erhob sich ein steiler, dicht bewaldeter Hügel. Im Schutz der Bäume würde es möglich sein, sich ihm unbemerkt zu nähern, aber sich Zutritt zu verschaffen war eine andere Sache. Im Moment blieb mir nichts anderes übrig, als alles auf eine Karte zu setzen. Gegen seinen Willen lenkte ich das Pferd vom Weg in den Wald, wo ich auf einer Lichtung abstieg und seine Zügel an einem herabhängenden Ast befestigte, sodass es wenigstens grasen konnte. Nachdem ich ihm den Hals getätschelt und ihm versichert hatte, dass ich bald zurück sein würde, schlich ich so geräuschlos wie möglich auf Hazeley Court zu.
Am Rand des Waldes, hinter dem sich eine Rasenfläche erstreckte, duckte ich mich in den Schatten der Bäume und betrachtete das mir gegenüberliegende Gebäude. Hier war der Nebel lichter, und ich konnte das Haus im Zwielicht deutlich erkennen. Es war ganz offensichtlich zu dem Zweck erbaut worden, Angriffen zu trotzen, obwohl seine Befestigungsanlagen zu seinem Stil passten; sie wirkten eher elegant als bedrohlich. Es war in quadratischer Form um einen zentralen Hof herum errichtet worden, der Eingang wurde von einem mit zwei achteckigen,
mindestens hundert Fuß hohen Türmen bewehrten und mit einer Brustwehr versehenen Torhaus bewacht. Doch all diese ausgeklügelten Verteidigungsvorrichtungen hatten seinen Besitzer nicht vor dem Gefängnis bewahrt, dachte ich grimmig. Wenn der Krone das Geld knapp wurde, diente die Beschlagnahmung der Häuser und Ländereien katholischer Familien, die sich den religiösen Gesetzen widersetzten, als einträgliche Einnahmequelle. Sollten innerhalb dieser Mauern missionarische Priester entdeckt werden, würde der Landsitz von der Königin für sich beansprucht und an einen ihrer Günstlinge vergeben werden; Vermögen würden eingezogen und unter dem Vorwand, den Glauben zu verteidigen, an diejenigen verteilt werden, deren Loyalität erkauft werden musste. Erschauernd schlang ich meinen Umhang enger um mich. Ich riskierte hier mein Leben, das war mir klar, und wer würde davon profitieren, wenn ich recht behielt? Ich? Walsingham? Oder irgendein anderer Höfling, dessen Aufstieg von dem Fall der Menschen hinter diesen Mauern abhing? Aber ich war jetzt davon überzeugt, dass sich Sophia dort drinnen befand und dass es sich bei den Leuten, denen sie vertraute und von denen sie sich Hilfe erhoffte, um genau diejenigen handelte, von denen ihr Gefahr drohte.
Mit der Morgendämmerung war es kühler geworden, und ich merkte, dass meine Beine von dem Ritt ohne Sattel immer noch zitterten. Ich richtete mich auf, streckte meine schmerzenden Glieder und kauerte mich wieder neben den dicken Stamm einer alten Eiche. Die Fenster des Hauses waren alle dunkel. Ich würde das Torhaus niemals passieren können; ein Herrenhaus dieser Größe verfügte sicherlich über eine vielköpfige Dienerschaft, selbst wenn der Hausherr im Gefängnis schmachtete, und die Vorderseite war zu leicht einzusehen. Meine einzige Möglichkeit bestand darin, mich am Rand des Waldes zu halten und zur Rückseite zu schleichen, wo ich vielleicht eine Hintertür oder einen Dienstboteneingang fand, durch den ich leichter eindringen konnte. Ich tastete nach Humphreys Messer an meinem Gürtel. Wenn ich es geschickt gebrauchte, konnte
ich die Diener vielleicht dazu bewegen, meine Fragen zu beantworten.
Immer noch gebückt begann ich, am Rand der Bäume entlangzuhuschen, dabei behielt ich das Haus wachsam im Auge und hielt nach irgendwelchen Bewegungen oder Licht hinter den Fenstern Ausschau. Plötzlich hörte ich hinter mir einen Zweig knacken. Ich fuhr herum und zog mein Messer, konnte aber in den Tiefen des Waldes keinen verdächtigen Schatten ausmachen, denn die Bäume und das Unterholz waren noch immer in bläulichen Nebel gehüllt. Meine Atemzüge beschleunigten sich, kleine Wölkchen bildeten sich vor meinem Mund, als ich seitlich voranschritt und den Kopf dabei immer noch in die Richtung wandte, aus der das Geräusch gekommen war. Die Notwendigkeit, mich selbst so lautlos wie möglich zu bewegen, erschien mir weniger dringlich, als schnell zu sein; ich spitzte die Ohren, um in den Nebel zu lauschen. Obwohl ich nichts hörte, beschlich mich das unbehagliche Gefühl, im Wald nicht allein zu sein.
Just in diesem Moment
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