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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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seinem alten Glauben nicht lossagen konnte.«
    »Die Verbannung erscheint mir als eine sehr harte Strafe für den Besitz einiger Bücher«, wagte ich zu urteilen und bediente mich gleichzeitig mit einem Nachschlag an Fleisch und Zwiebeln.
    »Er konnte sich glücklich schätzen, England mit seinen Eingeweiden im Bauch verlassen zu dürfen«, meinte Slythurst ungerührt. »Weniger begünstigte Männer sind wegen geringfügigerer
Vergehen sehr viel strenger bestraft worden. Gerade Ihr solltet doch wissen, dass Andersgläubigkeit in der Religion eine schwere Sünde ist, Doktor Bruno. Eine Sünde gegen Gott und die herrschende Ordnung.« Ein viel sagender Blick traf mich.
    »Es waren ja nicht nur die Bücher«, unterbrach Godwyn in einem vertraulichen Tonfall. »Er wurde verdächtigt, für seinen Vetter William Allen am Englischen Seminar in Reims Botengänge erledigt zu haben. Man brachte ihn nach London und verhörte ihn unter der Folter, aber er legte kein Geständnis ab, bis man ihn endlich des Landes verwies. Armer Edmund.« Er schüttelte betrübt den Kopf und leerte seinen Becher.
    »Ich bin heute seinem Sohn begegnet.« Ich brach ein weiteres Stück Brot ab.
    Coverdale verdrehte die Augen.
    »Dann bedauere ich Euch«, sagte er. »Er hat Euch zweifellos angefleht, Begnadigungsgesuche für seinen Vater an den Hof mit zurückzunehmen?« Ohne meine Antwort abzuwarten, schnalzte er gereizt mit der Zunge. »Man hätte dem Jungen nicht gestatten dürfen hierzubleiben, nachdem sein Vater in Ungnade gefallen war. Thomas Allen huldigt gefährlichen Überzeugungen – denkt an meine Worte. Leider konnte ich den Rektor nicht dazu bringen, meinen Rat zu befolgen, er verhält sich dem Jungen gegenüber entschieden zu nachsichtig.«
    Unwillkürlich kam mir der Gedanke, dass das Leben Thomas Allens mehr als schwer sein müsste, wenn man die Art, wie der Rektor ihn behandelte, als nachsichtig bezeichnete.
    »Ich muss noch einmal darauf hinweisen, dass unser Gast bestimmt nicht die lange Reise hierher auf sich genommen hat, um uns universitätsinterne Angelegenheiten erörtern zu hören«, warf Slythurst kalt ein. Er strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, wandte sich mir zu und bleckte wölfisch lächelnd die Zähne. »Erzählt uns doch von Euren Reisen durch Europa, Doktor Bruno. Wie ich hörte, habt Ihr an vielen berühmten Akademien des Kontinents gelehrt. Wie schneidet denn Oxford im Vergleich dazu ab?«

    Ich erwiderte sein Lächeln mit gleicher Unaufrichtigkeit, und während eine Mandeleiercreme und hernach Geleefrüchte als Nachspeisen aufgetragen wurden und die Kerzen herunterbrannten, berichtete ich von meinen Wanderjahren, ließ alles aus, was ich für Politik hielt, und schmeichelte meinen neuen Gefährten, indem ich das sagte, was sie hören wollten – nämlich, dass keine europäische Universität Oxford das Wasser reichen könne.
    »Wie lange gedenkt Ihr in Oxford zu bleiben, Doktor Bruno?« Coverdale lehnte sich zurück und betupfte seine Lippen mit einem Mundtuch, während die Diener den Tisch abräumten.
    »Ich glaube, der Palatin, in dessen Gesellschaft ich reise, plant einen Aufenthalt von einer Woche«, entgegnete ich.
    »Dann hoffe ich, dass Ihr zusammen mit uns den Gottesdienst besuchen werdet. Der Rektor trägt eine Reihe von Passagen aus John Foxes Actes and Monuments vor. Kennt Ihr dieses Werk?«
    »Das Buch über die Märtyrer? Natürlich«, bestätigte ich, da ich vermutete, dass ich irgendeinem Test unterzogen werden sollte. »Viele halten es für eine hervorragende Abhandlung.«
    »Ich fürchte, Doktor Brunos Bewunderung ist nicht ganz ernst gemeint.« Slythursts Blick wanderte von mir zu seinen Kollegen. »Mir ist noch nie ein Katholik begegnet, der sich wohlwollend über Foxes Beschreibungen dessen, was den protestantischen Märtyrern angetan wurde, geäußert hat.«
    »Nennt er nicht auch viele Beispiele christlicher Märtyrer aus den Anfangszeiten des Glaubens, als die Christen von Heiden und Ungläubigen verfolgt wurden, bis wir begannen, uns gegenseitig zu zerfleischen?«, gab ich zurück. »Und sind dies nicht Märtyrer, die alle Christen ehren sollten und deren Qualen uns an eine Zeit erinnern, zu der wir eine Einheit gebildet haben?«
    »Das lag nicht in Foxes Absicht«, begann Slythurst, doch Coverdale unterbrach ihn.
    »Wahr gesprochen, Bruno. Gläubige beider Seiten haben für Christus gelitten, und nur Er allein weiß, wer am Tag des Jüngsten Gerichts von Ihm belohnt wird.«

    »Das

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