Kiara & Alina
Presseagenturen und Verlage tätig, und sie hatte den Eindruck, sich langsam einen Namen zu machen. Erst vor wenigen Wochen hatte sie einen vielbeachteten Artikel über Hedwig Dohm veröffentlicht, den sie vielleicht einmal zu einem Buch erweitern könnte. Sie war jetzt achtundzwanzig, hatte schon viel erreicht, und dennoch nagte der Zweifel an ihr. Ihre Zeit mit Jens war nicht unglücklich gewesen. Im Gegenteil, viele ihrer Freundinnen und Bekannten hatten sie um Jens, den schlanken und etwas linkischen, aber immer sehr intellektuell wirkenden Mann beneidet. Jens hatte sie stets zuvorkommend und völlig gleichberechtigt behandelt, sie konnte sich weiß Gott nicht über ihn beklagen. Und doch hatte sie etwas in ihrer Beziehung vermisst, was ihr schon seit mehreren Jahren zu schaffen machte und was seit einiger Zeit immer unverhohlener von ihr Besitz ergriff.
Mit Jens hatte sie darüber nicht sprechen können, für so etwas hatte er keinerlei Verständnis. Vielleicht hätte er sie dann sogar verlassen. Aber das war es eigentlich nicht. Viel entscheidender für sie war die Erkenntnis, dass er nicht der Mann dafür war und auch niemals hätte werden können.
Sie erinnerte sich an einen Abend, als sie sich nach einer feuchtfröhlichen Party ihrer Freundin Miriam anvertraut hatte. Das heißt, von Anvertrauen konnte eigentlich keine Rede sein, sie hatte lediglich ein paar Andeutungen gemacht, was ihr manchmal – nicht immer, aber eben doch immer mal wieder – so durch den Kopf gehen würde. Nicht dass es wichtig sei oder sie belaste, aber von Zeit zu Zeit hatte sie eben solche Gedanken.
Im Nachhinein hatte sie es bereut, überhaupt etwas gesagt zu haben, denn Miriam reagierte mit völligem Unverständnis. Möglicherweise war es auch nicht der richtige Zeitpunkt oder es war der Alkohol, der ein ernsthaftes Gespräch an diesem Abend erst gar nicht ermöglichte. Jedenfalls schüttelte Miriam damals nur den Kopf und meinte: »Das ist doch jetzt wohl nicht dein Ernst, oder? Und wie passt das zu deinen Artikeln zur Frauenbewegung und dem Gender Mainstreaming?« Und dann lachte sie kurz auf. Kiara hatte nur erwidert: »Ach, vergiss es wieder, ein paar Gläser Sekt weniger hätten es wohl auch getan. Ich habe momentan nur komische Gedanken.« Damit war das Thema für beide beendet, und Kiara schwor sich, nie wieder davon anzufangen.
Kiara setzte sich an ihren PC.
Erneut rief sie die Anzeige auf, obwohl sie den Text vielleicht schon zwanzigmal gelesen hatte. Aber er hatte nichts von seinem Reiz verloren. Vor allem der folgende Satz hatte es ihr angetan: »Dich erwartet eine bedingungslose Ausbildung zur Lustsklavin. Mir und anderen Vergnügen zu bereiten wird für dich das Höchste sein.«
Allein bei dem Gedanken an diese wenigen Zeilen verspürte sie ein unstillbares Bedürfnis, sich auf der Stelle zubefriedigen. Irgendetwas daran ließ sie nicht mehr los. Kiara schlug ihren Rock hoch und richtete sich kurz auf, um ihren Slip herunterzuziehen. Nachdem sie es sich ein paarmal besorgt hatte, konnte sie endlich wieder klar denken.
Es hatte auch Vorteile, nun allein zu sein, das merkte sie bereits wenige Tage nach ihrer Trennung. Draußen war es warm, und sie beschloss, ihren Slip nun erst einmal im Schrank zu lassen. Wann immer sie wollte, konnte sie ja nun ganz ungestört und ungehemmt ihrer Lust nachgehen.
Kiara rief ihren E-Mail-Account auf, den sie erst vor wenigen Tagen bei Web.de eingerichtet hatte. Sie schämte sich. »Hoffentlich kommt nie jemand dahinter, was ich hier mache«, sagte sie zu sich selbst. »Eine eigene E-Mail-Adresse, nur um meinen Phantasien nachzugehen! Jeder andere würde mich für total bescheuert, für hormongesteuert oder pervers halten.« Aber spätestens seit ihrem Erlebnis im Sheraton am Flughafen war es fast wie ein Zwang für sie.
Vor drei Tagen hatte sie etwas Schlimmes gemacht: Sie hatte geantwortet. Bereits Sekunden später, nachdem sie auf »Senden« geklickt hatte, hätte sie sich am liebsten geohrfeigt und alles wieder rückgängig gemacht. Und sofort beschlossen, auf Antworten nicht mehr zu reagieren. Aber damit rechnen solche Männer wahrscheinlich sowieso, hatte sie sich beruhigt. Um dann aber doch noch einmal den Anzeigentext aufzurufen, den Browser zu schließen, ihn erneut zu öffnen, den Verlauf zu leeren, eine Prozedur, die sie schon fast mechanisch ausführte und die noch aus der Zeit mit Jens stammte. Auch damals hatte sie schongelegentlich solche Anzeigen gelesen,
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