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Kielwasser

Kielwasser

Titel: Kielwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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verhehlen, dass ihn das freute. Er nahm das Angebot Holtgreves gern an und ging in sein Büro zurück, um seine Sachen zu packen
    Der Aufenthalt in der Inspektion war kurz gewesen. Als er die Wachstube am Ausgang passierte, sprach Petersen ihn erstaunt an. »Herr Kriminalrat, schon fertig? Das ging aber schnell. Ist doch nichts Schlimmes passiert, oder?«
    »Nein, Petersen, alles in Butter. Ich bin nicht gefeuert, nicht strafversetzt oder in Verschiss geraten.«
    »Feuern kann er Sie sowieso nicht. Aber unangenehm kann er werden.«
    »Ja, Petersen, da haben Sie recht. Aber seit einiger Zeit spüre ich kaum noch, wann er unangenehm und wann er angenehm ist.«
    »Das ist großartig, dann haben Sie ihn sozusagen überwunden. Gratuliere, Herr Kriminalrat.«
    »Danke, Petersen, so kann man das natürlich auch sehen. Schönen Tag noch. Tschüss.«
    »Danke gleichfalls, Herr Jung, und tschüss.«
    Auf seinem Weg nach Hause machte er einen Umweg über die Umgehung nach Harrislee und kaufte dort im ›Gänseblümchen‹ einen üppigen Strauß Blumen. Die Art, wie die Floristinnen die Blumengestecke zusammenstellten und arrangierten, war ausgesprochen kunstvoll. Er beobachtete sie fasziniert bei ihrer Arbeit und war wie jedes Mal von dem Ergebnis begeistert. Als er seiner Frau den Strauß überreichte, hielt sie sich die Rosen und Mimosen vors Gesicht und sog ihren berauschenden Duft in die Nase. Ihre Freude war aufrichtig. Sie stellte die Blumen entzückt in eine Vase, die sie sorgfältig unter vielen anderen auswählte.
    »Du bist schon wieder da. Was ist los, Tomi? Hat der Blumenstrauß eine Bedeutung, die ich noch nicht kenne?«
    »Nein, der Strauß ist nur für dich, aus purer Freude an der Sache. Holtgreve hat mir heute freigegeben.«
    »Er hat was mit dir vor, nicht wahr?«
    »Es ist passiert, worüber wir gestern gesprochen haben. Er hat sich schwer getan, eine lange Rede gehalten und jetzt sitzt er da und schmort in der Hölle. Ich habe mir Bedenkzeit ausgebeten, die er mir natürlich nicht verwehren konnte. Er hoffte ganz offensichtlich, mich auf der Stelle rumkriegen zu können.«
    »Und jetzt freust du dich darüber, ihn schmoren zu lassen? Na, na, mein Lieber.«
    »Ich weiß, ich bin ein schlechter Mensch. Ich befinde mich aber in guter Gesellschaft. Und nicht alle Männer bringen ihrer Frau unter der Woche Blumen mit.«
    »Okay«, lachte sie. »Ich muss gleich arbeiten. Ich habe nichts zum Mittagessen vorbereitet. Du musst dir was einfallen lassen, wenn du Hunger kriegst.«
    Sie begab sich in die Arbeitsräume, die im nördlichen Teil ihres Hauses untergebracht waren.
    Jung stieg in den ersten Stock. In seinem Arbeitszimmer setzte er sich an den Schreibtisch und sah in den Garten und über die angrenzende Koppel auf den Baggersee in der Ferne. Der See war durch den Regen schlecht auszumachen. Der graue Himmel verhinderte Lichtreflexe auf der Wasseroberfläche. Jung betrachtete gern den See, wenn er vor sich hindöste oder seinen Gedanken nachhing. Jetzt fiel ihm auf, dass die Hecken geschnitten werden mussten. Er würde sich dafür eine Hilfe besorgen, da er es selbst nicht mehr vor seiner Abreise schaffen würde.

Die Einberufung
    Jung hatte am nächsten Tag dem Chef seine Bereitwilligkeit signalisiert, am neuen Fortbildungsprogramm teilzunehmen. Holtgreve wirkte erleichtert und Jung hatte das sichere Gefühl, dass der Polizeipräsident in Kiel seinen Statthalter in Flensburg nicht über die wahren Hintergründe seiner Wehrübung informiert hatte.
    Jung erwartete jeden Tag seinen schriftlichen Einberufungsbescheid. Die Zeit wurde ihm lang und er überlegte, wie er sich auf seinen Einsatz vorbereiten konnte. Die Ermittlungsakten konnte er in Hannover nicht anfordern. Er hätte dann seine Zuständigkeit begründen und darüber hinaus erklären müssen, aus welchem Grund er sie zu lesen wünschte. Das ging nicht. Mit der Wahrheit konnte er nicht herausrücken. Die Kollegen in Hannover hätten in diesem Fall die Akten nicht aus der Hand gegeben, aus guten Gründen, wie Jung sich eingestehen musste. Im umgekehrten Fall hätte er das auch nicht getan.
    Der Einzige, den er fragen konnte, war Jungmann selbst. Andere Kontaktpersonen zu dem Fall des verschwundenen Seemanns hatte er nicht. Selbst wenn es hier, im Flottenkommando, weitere gegeben hätte und sie ihm bekannt gemacht worden wären, würde er sie nicht dazu befragen können, ohne sein Inkognito aufzudecken.
    Auch auf seine Rolle als Offizier vermochte er sich

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