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Kielwasser

Kielwasser

Titel: Kielwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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wir draußen sind.«
    Jung verkniff sich einen Kommentar und alles andere auch. Draußen verhandelte der Schirrmeister mit einigen Busfahrern, schmächtigen Gestalten in eingerissenen, hellen Hemden, Plastiksandalen und halblangen, weiten Hosen, deren Farben Jung in der dämmrigen Beleuchtung des Vorplatzes nicht ausmachen konnte. Ihre Köpfe schmückten grell bunte, zu turbanähnlichen Knoten gebundene Tücher, deren lange Enden über Schultern und Rücken fielen.
    Schließlich konnten sie das Terminal Dschibuti International verlassen und standen auf dem Vorplatz. An der Zufahrt und den Parkplätzen wuchsen Palmen und Oleanderbüsche. Hier erleichterte sich Jung und war froh, dass niemand davon Notiz zu nehmen schien. Aber nur kurze Zeit später hatte er Gesellschaft von einigen Marinern, für die er offensichtlich als Vorreiter gedient hatte.
    Ihr Gepäck wurde auf Lastwagen verstaut und der Schirrmeister dirigierte sie zu den klapprigen Bussen. Die waren für rund ein Dutzend Passagiere ausgelegt, hatten keine Türen und nicht mehr alle Scheiben in den Fenstern. Die Soldaten nahmen auf Gurtsitzen Platz, die mit gehäkelten, farbenprächtigen Decken bedeckt waren. Jung fühlte sich jetzt aufgeräumt. Die in der holprigen Fahrt hin und her schaukelnden Troddeln an den Scheibengardinen amüsierten ihn. Sie stimmten ihn neugierig auf das, was vor ihm lag.
    Der Busfahrer behauptete sich gegen den Lärm seines Gefährts mit lauten Zurufen an seine Begleitung. Er wies seine Passagiere mit weit ausholenden Gesten auf dies und das hin, das gerade an ihnen vorbeiglitt. Keiner von ihnen verstand ihn. Er redete in einer undefinierbaren Sprache. Es hätte Finnisch sein können, kam Jung in den Sinn.
    In der Dunkelheit konnte er nicht viel erkennen. Die Straßen waren schwach und auch nur hin und wieder beleuchtet. Der Geruch, der ihm schon auf dem Flugfeld in die Nase gestiegen war, intensivierte sich. Sie passierten Mini-Marchés, Bars oder Trinkhallen, eher Holzhütten, deren Licht durch die Türen auf die Straße fiel und Plastikstühle und Werbeschilder für Coca-Cola oder Sprite beleuchtete. Gäste sah er selten. Überhaupt waren nur wenige Menschen auf den Straßen. Einige Frauen fielen ihm auf. Sie hatten leuchtend bunte Tücher um ihre Körper drapiert, die sie vom Scheitel bis zur Sohle einhüllten.
    Schließlich passierten sie auch einige größere Steinhäuser, deren Funktionen Jung in der Dunkelheit nicht ausmachen konnte. Vor der bewachten Hafeneinfahrt sah er auf der linken Seite in eine unbefestigte, schmuddelige Gasse. Große Pfützen standen auf der Fahrbahn. Es musste vor Kurzem heftig geregnet haben. Die Straße führte zu einer leicht beschädigten Moschee. Deren Minarett wurde aus unsichtbaren Lichtquellen angestrahlt. Eine grüne Zwiebel krönte den Gebetsraum.
    Die Wachen zur Hafeneinfahrt trugen Pistolen an den Gürteln, den Bus ließ man aber anstandslos passieren. Links ging es ab zu einem in der Ferne gewaltig aufragenden, beleuchteten Containerterminal mit riesigen Portalkränen. Sie fuhren aber geradeaus, an niedrigen Lagerhäusern vorbei. Einige Schuppen beschirmten dünengroße Getreideberge.
    Am Ende eines lang gestreckten Piers hielten sie an. Ihr Gepäck war schon vor ihnen angekommen und stapelte sich vor einem großen Poller, an dem eine kleine Barkasse festgemacht hatte. Sie dümpelte in mehreren Metern Tiefe auf dem bewegten, schwarzen Hafenwasser und war in der herrschenden Dunkelheit vom Kai aus schlecht auszumachen. Seeleute waren dabei, das Gepäck von oben über die Pierkante zu werfen. Sie begleiteten jedes Stück mit einem lauten ›Warschau 12 ‹. Es schien ihnen Spaß zu machen, ihre Stimmbänder ordentlich zu strapazieren. Unten in der Barkasse fing die Besatzung das Gepäck mit ebenso lauten Zurufen auf.
    Schließlich stiegen sie eine Leiter zur Barkasse hinunter. Das Boot war erst auf dem letzten Meter deutlich zu sehen. Jung trat geschickt auf das freie Dollbord, als es gerade von der bewegten See bis vor seine Füße gehoben wurde. Kräftige Hände packten ihn und schoben ihn unter die Persenning zu den anderen Marinern. Als alle an Bord waren, standen sie in dem kleinen Boot wie Spargel in der Dose. Auf den Sitzbänken und dem Maschinenkasten in der Mitte stapelten sich Schwimmwesten. Jung zuckte zusammen und seine rechte Wade schmerzte plötzlich.
    Dann röhrte die Maschine auf und unter dem Heck gurgelte es laut. Der Bootsführer lenkte das kleine Gefährt um die

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