Kielwasser
sich unterhielten, gesellten sich nach und nach immer mehr Offiziere dazu, bis der Tisch voll besetzt war. Sie begrüßten sich und stellten sich gegenseitig vor.
Als Jung sein Frühstück beendet hatte, machte er sich auf die Suche nach dem IO. Er fragte einen Leutnant nach ihm, der hinter ihm die Messe verlassen hatte.
»Den Gang nach vorn, gleich rechts hinter dem Quergang zu den Duschen. Da bewohnt er seine Luxussuite«, beschied er Jung freundlich lachend. Jung fand die Kammertür offen. In der geräumigen und dennoch überfüllt wirkenden Kammer saß der IO an einem Tisch vor seinem Laptop. Jung klopfte gegen das Türblatt.
»Ah, da sind Sie ja. Schließen Sie bitte die Tür hinter sich. Guten Morgen. Was macht das Bein?«
Jung erwiderte den Gruß, schloss die Tür und setzte sich, auf den einladenden Wink hin, zu ihm an den Tisch.
»Meinem Bein geht es besser. Ich habe gut geschlafen.«
»Ich habe für Sie einen Termin beim San-Maaten gemacht.«
»Danke, Herr Kap’tän.«
»Gern. Wir gehen gleich zur Lage«, fuhr der IO fort. »Der C 15 wird Sie dem versammelten Stab vorstellen. Ich soll Sie fragen, wie er Ihre zivile Tätigkeit beschreiben soll. Sie sind Reservist. Das weiß hier jeder. Man will aber auch wissen, was der Mann so tut. Und Kriminalbeamter können wir schlecht sagen, nicht wahr?« Der IO sah ihn eindringlich an.
»Das wäre in der Tat nicht gut. Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht.« Jung schwieg für einen Moment.
»Und?«
»Ich bin Referent im Kieler Innenministerium und zuständig für Rationalisierung und Verschlankung von Arbeitsabläufen in der Verwaltung. Ich kenne mich im Innenministerium etwas aus.«
»Klingt gut. Ich sag’s dem C.« Er musterte Jung kritisch. »Übrigens, der Tagesdienstanzug für uns ist Kaki-lang. Ziehen Sie sich vor der Lage um.« Der IO stand auf, ergriff die Papiere von seinem Tisch und wandte sich zur Tür. »Noch etwas.« Er drehte sich zu Jung um. »Die Lage wird auf Englisch gehalten. Wir haben im Stab Ausländer. Die verstehen kein Deutsch. Nach dem Briefing treffen wir uns wieder bei mir. Wir haben noch einiges zu bereden.«
*
Jung zog sich rasch um. Er hatte in der Kleiderkammer nur kakifarbene Kleidung empfangen und machte sich keine Gedanken über lang oder kurz. Dann stieg er das enge Treppenhaus hoch ins nächsthöhere Deck. Eine Türwache öffnete ihm das Schiebeschott zum OTC-Briefing-Raum, den Jung aus der vergangenen Nacht kannte. Heute ließ er sich nicht davon abhalten, den Soldaten nach der Bedeutung von OTC zu fragen. In diesem Augenblick trat der IO zu ihnen und antwortete stellvertretend: »Operational and Tactical Command, Herr Jung. Halten Sie sich nicht mit dem Zeug auf. Es dauert nicht lange, und Sie haben das intus wie Ihren Ministerialjargon, glauben Sie mir.« Er griente ihn an.
Der Raum war voll. Jung fand einen Stehplatz. Der IO flüsterte dem C gerade etwas ins Ohr, als der Admiral auch schon in der Tür erschien.
Gestern Nacht war er zu müde gewesen. Heute erinnerte sein Anblick Jung an den Flottenchef. Rein äußerlich hatten sie bis auf den Bierbauch nichts gemein. Aber beide umgab eine Aura von nervöser Konzentration, Erschöpfung und Verdruss, die lawinenartig anfallende Arbeit und hohe Verantwortlichkeiten erzeugen. Diese Eigenschaften zeigen sich in der Vernachlässigung von Äußerlichkeiten und zwingen ihre Umgebung zu konzentrierter Ernsthaftigkeit.
»Ladies and Gentlemen, the Commander Task Force«, verkündete der C laut. Die Gespräche verstummten und die, die einen Sitz hatten, standen auf.
»Admiral, staff complete and to your order«, meldete ihm der C.
»Good morning, Ladies and Gentlemen«, begrüßte der CTF seinen Stab.
»Good morning, Sir«, kam es aus rund zwei Dutzend Kehlen zurück.
»Please, take your seat«, befahl der Admiral.
»First of all I have the pleasure to introduce a new member of staff, Oberleutnant zur See Tomas Jung«, fuhr der C fort. »He will do a special report for the flag officer concerning our operations and logistics. I call all of you for a close cooperation and a full support to help his work to a success. This would be a great benefit for ourselves as well. As a civilian he is an expert at the government in Kiel to push the administration straight to the points. Is that a correct description of what you are doing there, Mr. Jung?«
Jung erschrak und bekam gerade noch heraus: »That’s right, Sir.«
»Okay. Welcome to the staff, Mr. Jung.
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