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Kielwasser

Kielwasser

Titel: Kielwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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Du bist Mariner und dir fällt sicherlich auf, was an mir vorbeigeht. Hast du eine Idee, wie wir am besten vorgehen sollten?«
    »Wir treten in der gewohnten Rolle auf als Berichterstatter des Flottenchefs. Inzwischen weiß das ganze Schiff davon, darauf kannst du dich verlassen. Alles andere würde nur Verdacht erregen.«
    »Ich gehe also zu ihm und befrage ihn zur Logistik der Marketenderwaren, richtig?«
    »Nein, so geht das nicht. Ich spreche zuerst mit seinem direkten Vorgesetzten. Der befiehlt dem KaFü, uns für Fragen zur Verfügung zu stehen. So bekommt das den richtigen Dreh.«
    »Gut, wann soll’s losgehen?«
    »Sofort. Wir machen Druck. Wenn er Dreck am Stecken hat und ein armer Sünder ist, wirkt Druck meistens befreiend.«
    »Wenn man das bei der Marine lernt, meinen Respekt.«
    »Nicht zu früh Hurra schreien, Herr Oberleutnant. Man lernt in der Marine auch, mit Druck umzugehen, wenn man nicht gerade ein Weichei ist. Es kann sein, dass wir an einen richtigen Knochen geraten. In diesem Fall sind wir ziemlich am Arsch, Herr Oberleutnant.«
    »Danke für den nützlichen Hinweis, Oberstaber. Aber zur Sache, Schumi: Wie geht es jetzt konkret weiter?«
    »Ich rufe den Leiter Hauptabschnitt IV an und richte ihm in deinem Namen aus, dass wir heute Nachmittag, nach Kantinenschluss, den Kantinenführer sprechen müssen. Der Bericht für die Marineführung kann nicht ewig warten, du verstehst?«
    »Ja, gut. Wo soll das stattfinden?«
    »Am besten in der Kantine, da begegnen wir ihm in seiner Umgebung. Er fühlt sich da sicher oder auch nicht. Wir werden auf jeden Fall eine Menge Informationen mitnehmen können, die wir bei einer Unterredung hier oder bei dir oder bei seinem Vorgesetzten nicht haben werden.«
    »Gut. Der Vorgesetzte darf nicht dabei sein«, stellte Jung fest.
    »Das ist sonnenklar. Dafür werde ich sorgen. Wenn er mit zweifelhaften Informationen herausrücken soll, dann nur, wenn er nicht Gefahr laufen muss, dafür geprügelt zu werden. Das werde ich ihm schon klarmachen, verlass dich drauf.«
    »Der Befehlshaber ist aber auch kein Beichtvater, sondern eine reale Bedrohung. Jedenfalls, wenn er tatsächlich etwas zu beichten hätte, oder?«
    »Der Befehlshaber ist weit weg und wir sind dazwischen. Okay?«
    »Ich verstehe. Also los, Schumi.«
    »Ich lass dich ausrufen, wenn ich den KaFü vor der Flinte habe.«
    »Alles klar. Ich bin auf der Brücke und schau mir Tümmler an.«
    Sie hatten ihre Biere ausgetrunken. Schumann warf die leeren Flaschen in den Abfalleimer und ermahnte Jung: »Geh vorher noch aufs Klo. Gleich ist Rein Schiff und die Klos sind geschlossen.«
    »Danke, mach ich.«
    Jung hätte fast vergessen, sich aus der Kammer zu melden. Er drehte sich in der Tür noch einmal um. Es schien ihm, als hätte Schumi den Kopf geschüttelt.
     
    *
     
    Jung verbrachte die nächste Zeit auf der Brücke. Er hörte die Durchsage zur Kantinenöffnung aus der Bordsprechanlage und wartete. Er überlegte, wie er den neuen KaFü zum Reden bringen könne. Das musste geschickt eingefädelt werden. Er durfte zwar die Verhörregeln, die er gelernt hatte, anwenden, aber der wahre Grund des Verhörs musste verborgen bleiben. Das behagte ihm eigentlich nicht. In diesem Fall hielten sich seine Skrupel aber in Grenzen.
    Nach einer halben Stunde sah er das erste Mal auf die Uhr. Dauernd kamen Durchsagen aus der Bordsprechanlage. Er hörte mit gespitzten Ohren zu, nur um zu erfahren, dass der Antriebsmeister zum STO 33 , der Obergefreite soundso zum SELO 34 , der HEO 35 zum Kommandanten befohlen wurden und die Toilettenanlagen in Abteilung zehn wegen eines technischen Defektes gesperrt worden waren. Endlich, nachdem er fast aufgegeben hatte und kaum noch zuhörte, kam die befreiende Durchsage: »Oberleutnant Jung in die Kantine.«
    Schumann und der KaFü saßen auf zwei dürftigen Schemeln. Jung hatte den Mann vorher noch nie auf dem Schiff gesehen. Es lag eine dumpfe Spannung in der Luft. Die beiden bemühten sich lässig zu erscheinen, was sie in Wahrheit ganz und gar nicht waren. Schumann sah Jung mit gespielter Langeweile an, ein Gesichtsausdruck, hinter dem sich Wut verbarg. Jung wurde auf der Stelle vorsichtig und in Alarmbereitschaft versetzt. Der KaFü lümmelte sich unbeholfen auf seinem Hocker, mit dem Rücken gegen den Verkaufstresen gelehnt, dessen Durchreiche zum Gang davor von einer Aluminiumjalousie verschlossen war. Er machte keine Anstalten, sich zu erheben. Schumann ermahnte ihn auch nicht, den

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