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Kielwasser

Kielwasser

Titel: Kielwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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Oberleutnant militärisch korrekt zu begrüßen.
    Der Mann hatte die schmächtige Statur und Ausstrahlung eines Küchenjungen, der den Befehlen, Beschimpfungen und Fußtritten einer diktatorischen Küchencrew ausgesetzt ist. Man übersah, dass er Uniform trug. An ihm hätte jeder Anzug wie ein Büßerhemd gewirkt. In seinem Gesicht spiegelten sich Angst und Trotz, Widerborstigkeit und Unterwürfigkeit zugleich. Jung musterte ihn und wünschte sich weit weg. Der Anblick schmerzte ihn regelrecht, machte ihn nervös und unwillig.
    »Das ist Oberleutnant Jung«, stellte Schumann ihn vor. »Er verfasst den Logistikreport für den Befehlshaber. Ich habe den Obergefreiten mit der Situation vertraut gemacht, Herr Oberleutnant. Er will jetzt Ihre Fragen beantworten.«
    »Danke, Oberstaber. Seit wann sind Sie Kantinenführer, Obergefreiter?«, begann Jung.
    Der KaFü bewegte sich und kam schließlich, die Hände zwischen seinen Knien gefaltet, vornübergebeugt zur Ruhe. Er richtete sich wieder auf, starrte an die Decke und überlegte. »Seit Hauptbootsmann Grenz weg ist.«
    »Der alte KaFü also. Das war wann?«
    »Vor sechs Wochen vielleicht.«
    »Und vorher, was haben Sie da gemacht?«
    »Da war ich Hiwi.«
    »Hiwi wovon?«
    »Hauptbootsmann Grenz.«
    »Sie kannten also das Geschäft schon?«
    »Hm.« Er nickte. Seine Augen huschten zwischen Jung, Schumann und der Tür zum Warenmagazin hin und her.
    »Ist es Ihnen nicht schwergefallen, seinen Job zu übernehmen, Obergefreiter?«
    »Nein.« Er klang gleichzeitig gelangweilt und als sei er auf der Hut, so, als hätte er sich fest vorgenommen, ganz cool zu bleiben und sich nicht in eine Falle locken zu lassen, selbst um den Preis schmerzhaftester Schikanen seitens seiner Vorgesetzten.
    »Ich hörte aber, dass es Probleme mit der Nachversorgung gibt, seit Sie KaFü sind.«
    »Nicht meine Schuld.«
    »Wer ist denn schuld?«
    »Der SVO 36 .«
    Die Augen des Mannes huschten emsig hin und her. Jung hatte das Gefühl, als wolle er gleich aufspringen und etwas holen, gerade stellen oder wegpacken.
    »Warum hat der Nachschub unter dem alten KaFü reibungslos geklappt und bei Ihnen nicht?«
    »Weiß nicht. Ich bin nur Obergefreiter.«
    Jung sah den KaFü sinnend an und schwieg einen Moment. »Ich hörte auch, dass es teurer geworden ist, seit Sie die Kantinengeschäfte führen.«
    »Ist alles teurer geworden. Nicht meine Schuld.«
    Schumann schaltete sich ein. »Wir sind die Bücher durchgegangen, Herr Oberleutnant. Die Bestelllisten, die Preislisten und die Abrechnungen scheinen zu stimmen. Ich konnte keine Fehler oder Ungereimtheiten entdecken.«
    Jung wandte sich wieder dem KaFü zu. »Ihre Kameraden sehen das anders. Sie schimpfen auf Sie.«
    »Ihr Problem.«
    »Wann werden Sie Ihre Aufgabe hier los? Es kommt doch sicherlich bald Ersatz für den Hauptbootsmann?«
    »Weiß nicht.«
    »Würden Sie den Job gern weitermachen?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Besser als Klo schrubben.«
    Er blickte demonstrativ auf seine Armbanduhr, die viel zu groß für ihn war und sein Handgelenk zerbrechlich und zierlich aussehen ließ. Jung sah zu Schumann hinüber. In seinem Gesicht las er Resignation und Ärger.
    »Zeigen Sie mir jetzt bitte das Warenlager.«
    Der KaFü sprang auf, als hätte er den Startschuss zu einem Hundermeterrennen gehört. Er öffnete die Tür zum angrenzenden Warenlager und ließ sie eintreten. Der Raum hatte die Ausmaße einer sehr großen Kühlkammer, deren Wände vom Boden bis zur Decke mit Industrieregalen zugestellt waren. Auf den Borden standen leere Pappkartons, die ehemals zu Gummibären, Coca-Cola-, Fanta- und Sprite-Dosen, Schokoriegeln und Schokoladen verschiedenster Hersteller, Zigaretten, Kaugummi, Kartoffelchips, Salzstangen, Deo-Sprays, Zahnpasta und Rasierklingen gehört hatten. Es gab alles, einschließlich DVDs, Filmkassetten, auch Ballcaps mit Silhouette und eingesticktem Namen des Schiffes, Zippos, dazu Armbanduhren der Marken Swatch, Fossil und Festina, also alles, was der moderne Jüngling und die zeitgemäße Frau zwischen 20 und 30 zu einem gelungenen Leben bei der Marine braucht. Jung sah in den Regalen jedoch keine alkoholischen Getränke.
    »Verkaufen Sie kein Rülpswasser?«, erkundigte er sich beiläufig.
    »Bier ist in der Kühllast.«
    »Und Hartgas?«
    »Unter Zollverschluss.«
    Der KaFü zeigte sich nicht verwundert über Jungs Jargon. Er stand da und wirkte, als würde er von einem Fuß auf den anderen treten, obwohl er sich nicht bewegte. Jung

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