Kill Decision
sich an den Afroamerikaner am anderen Ende des Tischs. «Vier, berichten Sie, was Sie dem Tansania-Video entnommen haben.»
Der Mann setzte eine Brille auf und studierte sein Laptopdisplay. «Ganz schön toll, endlich eins von den Dingern im Anflug zu sehen, Odin. Gut, dass Sie richtiggelegen haben, was das Ziel anging.» Er sah McKinney an. «Nehmen Sie’s nicht persönlich, Sechs.»
«Schon gut.»
Er gab eine Tastenkombination ein, und das Bild auf seinem Laptop erschien auf einem größeren Flachbildschirm an der Wand, wo es jeder sehen konnte. Es waren die schwarz-weißen FLIR-Aufnahmen von der Drohne, die McKinney in Afrika angegriffen hatte.
«Soweit wir es beurteilen können, Odin, ist das kein existentes Modell.» Er zeigte mit einem Laserpointer auf verschiedene Details. «Entenruder vorn. Kuppel mittig. Leichte Pfeilflügel. Das hier ist ein Frankenstein-Monster – zusammengestückelt aus allen möglichen Drohnendesigns.»
«Wie sind die Chancen, Wrackteile zu bergen?»
«Im Amani-Schutzgebiet? So gut wie null. Dort sind schon ganze Armeen verschwunden.»
«Und die Radarspur? Wo kam das Ding her?»
«Erstmals erfasst vor der afrikanischen Ostküste, in der Nähe von Sansibar.»
«HUMINT?»
«Die CIA hat ein paar lokale Mitarbeiter beauftragt, sich umzuhören, aber das braucht Zeit. Kann Wochen dauern, bis wir was hören.»
«Schiffe in der betreffenden Gegend?»
«Da waren Dutzende Schiffe und kleinere Boote. Es ist in der Nähe einer größeren afrikanischen Hafenstadt. Aber Satelliten waren zu dem Zeitpunkt nicht über dem Gebiet.»
«Der Feind kennt wahrscheinlich die Überflugzeiten», meinte der Koreaner.
«Okay, das heißt, obwohl wir zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort waren, haben wir immer noch keine Ahnung, wo diese Dinger herkommen.»
Der Afroamerikaner hob resigniert die Hände. «Hier in den Staaten wird es noch schlimmer sein. Die Drohnen mischen sich unter den Inlandflugverkehr – kleine Privatflugzeuge. Es gibt Tausende nichtregistrierte private Landepisten – Kleinstflugplätze auf Ranchs und auf Unternehmens- und Privatgelände, die von niemandem überwacht werden. Radar allein wird diese Biester nicht erkennen, und da sie ferngesteuert sind, können wir auch nicht nach spezifischen Funksignaturen horchen.»
Der Koreaner nickte. «Bisher wurde keins von DEA-Drohnen oder Küstenradar bemerkt, also werden sie möglicherweise in den Staaten selbst gebaut und gestartet. Aber bei nur zwei Dutzend Angriffen über einen Zeitraum von drei Monaten haben wir nicht viele Daten, mit denen wir arbeiten können. Das Terrain ist einfach zu groß.»
Der blonde Wissenschaftler sagte mit einem leicht nordischen Akzent: «Ohne ein intaktes Exemplar –»
Der Koreaner neben ihm schüttelte vehement den Kopf. «Im Moment, in dem wir es uns schnappen wollen, wird es uns um die Ohren fliegen, was es so gut wie unmöglich macht festzustellen, wer es gebaut hat, wie es operiert und wie man sich dagegen verteidigen kann.»
Odin blickte auf seinen Block und strich einen Punkt einer Liste durch. «Das ist in Arbeit, Zwei. Als Nächstes kommt Zielvorhersage. Was haben wir?»
Der japanische Wissenschaftler schüttelte den Kopf. «Nichts, Odin. Wie haben die bisherigen Angriffsopfer durch zigtausend Zusammenhangsanalysefilter gejagt, auf der Suche nach irgendeinem Muster oder einer Verbindung, aber da ist nichts. Ein Menschenrechtsaktivist, ein Finanzmanager, Ölleute … Sie kannten sich nicht, hatten nichts miteinander zu tun. Sie haben nicht für dasselbe Unternehmen gearbeitet, nicht mal in derselben Branche. Sie hatten keine gemeinsamen finanziellen Beteiligungen, Feinde, religiösen oder politischen Überzeugungen, sozialen Interessen. Haben nicht miteinander kommuniziert. Nicht alle waren Amerikaner, und einige waren formal sogar politische Gegner – etwa der Menschenrechtsaktivist in Chicago und der Lobbyist für private Gefängnisse in Houston. Oder die Finanzjournalisten, die bei dem Beschuss des New Yorker Cafés umkamen, oder der Ex-SED-Bonze aus der DDR, der sich in Queens verkrochen hatte.»
Odin dachte darüber nach. «Woran haben die Journalisten gerade gearbeitet, als sie getötet wurden?»
«Korruption in großen Investmenthäusern. Der Aktivist machte gerade eine Dokumentation über Sweatshops in Vorderasien.» Er zuckte die Achseln. «Falls Sie eine Liste der Leute meinen, denen sie unangenehm geworden sind – die ist lang. Geht in die Hunderte. Die nützt uns mit
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