Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition)
ihren Fall wie ein großes Kissen, rettete ihr Gesicht und ihre Brust, als sie auf dem Gehweg aufprallte.
Die Frau kletterte über ihren Körper, glitschte an Janets farbbesprühter Haut entlang, umklammerte sie, griff nach dem Mantel.
Janet versuchte, mit ihren Ellbogen die Hände wegzustoßen.
»In Ordnung! «, rief Glory und kam näher.
Gerade als Glory anhielt und die Sandalen und Glöckchen verstummten, drehte ein unerwarteter Ruck der anderen Janet herum. Sie lag nun auf dem Rücken, mit dem Mädchen unter und Glory über sich.
»Gib’s der Schlampe!«
Grinsend ging Glory in die Hocke, streckte ihre Arme Janet entgegen und sprühte. Beide Dosen spien rote Farbe.
Janet spürte die Farbe auf ihren Armen.
Auf ihren Armen, die um den Hermelinmantel geschlungen waren.
Und sie wusste, das war das Ende des Mantels.
»Hast du sie erwischt?« fragte das Mädchen unter Janet.
»Kann man wohl sagen.«
»Hat der Mantel gut was abgekriegt?«
»Ja.«
»Sprüh’ ihr ins Gesicht.«
Janet ließ den Pelz los. Sie kniff die Augen fest zusammen, schloss den Mund und hob die Hände, um ihr Gesicht zu schützen. Einen Augenblick später zischte sie die Farbe an.
Während der Regen auf sie niederging, spürte sie, wie ihr der Mantel entrissen wurde. Sie fühlte, wie Hände die Naht ihres Kleides aufrissen. Sie zupften und fetzten, verheerten ihr Kleid und ihre Wäsche.
»Besprüh’ sie!«
Die Farbe besudelte ihre Brüste, arbeitete sich zum Bauch vor, brannte zwischen ihren Beinen.
»Gut«, sagte Glory.
Das Sprühen hörte auf.
Mit einem Stoß von unten wurde Janet von der anderen Frau weggedrückt. Sie taumelte über den Bordstein und landete mit dem Gesicht in Laub und Dreck am Straßenrand. Sie lag bewegungslos da. Sie wagte nicht zu atmen.
Sie hörte, wie Stoff rasch zerrissen wurde.
Sie wusste, dass sie ihren Mantel in Stücke schnitten.
Bald fielen die Stücke sanft auf ihren nackten Rücken und ihre Beine.
»Du denkst, das war schlimm?«, fragte die Namenlose.
Janet antwortete nicht.
»Das war nicht schlimm. Das war gar nichts. Stell dir mal vor, wie die Hermeline sich gefühlt haben.«
»Auch Hermeline haben Gefühle«, fügte Glory hinzu.
»Du hattest kein Recht, sie für deine Eitelkeit abzuschlachten«, sagte die andere.
Sie stellte einen Fuß auf Janets Rücken, beugte sich vor, griff Janets farbiges Haar und hob ihr Gesicht vom Bürgersteig. »Das waren arme, unschuldige Geschöpfe. Sie wollten nur leben, wie wir alle. Sie wollten nicht als Mantel für eine reiche Schlampe wie dich enden.«
»Du hattest kein Recht dazu«, sagte Glory.
Die andere stieß Janets Kopf mit einem harten Ruck nach unten. Ihr Gesicht prallte auf den Gehweg. Ihre Nase brach. Drei Zähne gingen zu Bruch.
»Auch Tiere haben Gefühle.«
»Glaubst du, es hat ihnen gefallen, gehäutet zu werden?«, fragte Glory.
»Wie würde es dir wohl gefallen, Miststück?«
Janet fing an zu kämpfen, doch die Frau stieß ihr Gesicht wieder gegen den Beton.
Sie wurde ohnmächtig, als die beiden sie in die Sackgasse zogen.
Sie erwachte schreiend, als sie mit den Rasierklingen anfingen.
Originaltitel- und Copyrightangaben
Triage. ›Triage‹, © 2001 by Richard Laymon.
Der Greifer. ›The Grab‹, © 1982 by Richard Laymon.
Herman. ›Herman‹, © 1996 by Richard Laymon.
Eine gute Zigarre kann man rauchen. ›A Good Cigar is a Smoke‹, © 1976 by Richard Laymon.
Ich bin kein Krimineller. ›I‘m Not a Criminal‹, © 1993 by Richard Laymon.
Oscars Vorsprechen. ›Oscars Audition‹, © 1975 by Richard Laymon.
Die gute Tat. ›The Good Deed‹, © 1993 by Richard Laymon.
Wunschknochen. ›Wishbone‹, © 1989 by Richard Laymon.
Das Aufräumkommando. ›Mop up‹, © 1989 by Richard Laymon.
Graces Rettung. ›Saving Grace‹, © 1991 by Richard Laymon.
Die Turmspringerin. ›The Diving Girl‹, © 2005 by Richard Laymon. Übersetzung von Frances Hoffmann.
Der Pelzmantel. ›The Fur Coat‹, © 1994 by Richard Laymon. Übersetzung von Andreas Diesel.
RICHARD LAYMON
Richard Laymon wurde am 14. Januar 1947 in Chicago geboren. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich zunächst als Lehrer, Bibliothekar und Gutachter für ein Anwaltsbüro.
Laymon schrieb etwa 50 Romane und sein Ruf als Horror- und Thrillerautor wuchs beständig, bis er am Valentinstag, dem 14. Februar 2001, völlig unerwartet an einem Herzanfall starb.
Richard Laymon bei FESTA: Furien – Parasit – Vampirjäger – In den finsteren Wäldern
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