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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Wangenmuskeln zuckten. Liberman fühlte sich erbärmlich. Eigentlich hätte er in diesem Moment einer wichtigen Abstimmung beiwohnen müssen. Stattdessen hockte er mit Cohen in dieser angeblich sicheren Wohnung, einem Loch am Stadtrand von Tel Aviv, das mit nicht mehr als einem abhörsicheren Telefon, zwei Holzstühlen und einem zerkratzten Tisch ausgestattet war. Und die Sache mit Fedorow geriet zunehmend aus den Fugen. Liberman hatte sich noch nie wirklich mit der Frage beschäftigt, was passieren würde, falls seine Beteiligung in der Rosenfeldt-Affäre auffliegen sollte. Vor ihm ragte eine schwarze Wand auf, die ihn mit nichts als Entsetzen erfüllte. Und Cohen machte alles noch schlimmer, statt die Angelegenheit zu richten, wie Liberman es sich insgeheim erhofft hatte. Schließlich, und das wusste Cohen ganz genau, hatten Liberman und seine Parteifreunde nach der Wahl Scharons zum Ministerpräsidenten einen wesentlichen Beitrag geleistet, um Cohen auf den Posten zu hieven, auf dem er heute saß.
    „Ich lasse Kusowjenko überwachen“, sagte Cohen. „Ich setze ein Team auf ihn an. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass der Kerl nicht offen spielt, und glaub’ mir“, er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, „mein Bauchgefühl hat meistens recht.“

30
     
    S
    ie verließen Innsbruck über die Autobahn in Richtung Bozen, bogen kurz darauf ab und fuhren über kleine Bergstraßen zurück gen Norden. In Kufstein machten sie einen kurzen Zwischenhalt. Nikolaj kaufte ein Prepaid-Handy und ein Ladekabel für das Auto.
    Kurze Zeit später überquerten sie die deutsche Grenze. Bei Rosenheim kehrten sie zurück auf die Autobahn. Gegen sieben Uhr erreichten sie Salzburg. Nikolaj steuerte eine Autobahnraststätte an, um zu tanken. Als Carmen ihn fragte, wo sie eigentlich hinfuhren, konnte er ihr nicht antworten. Seine Begegnung mit Francesco hatte eine fiebrige Unruhe in ihm wachgerufen. Er wollte in Bewegung bleiben, aber hatte kein wirkliches Ziel.
    Als sie die Fahrt fortsetzten, war der Verkehr dichter geworden. Immer wieder stockte der Strom der Autos. Kaskadenartig leuchteten die Bremslichter auf, Nikolaj sprang zwischen den Spuren. Während er mit einer Hand das Lenkrad hielt, stöpselte er das Ladekabel ein und schaltete das Telefon an. Rasch tippte die Zahlenfolge ein, die Francesco ihm gegeben hatte.
    „Viel Glück“, murmelte Carmen.
    Er presste den Hörer ans Ohr und ließ es klingeln, während er auf die roten Lichter starrte, die ineinander verliefen. Der Ruf brach ab. Eine Computerstimme erklärte, dass der Teilnehmer nicht verfügbar sei. Nikolaj machte einen zweiten Versuch. Wieder ließ er es klingeln. Fünfmal, sechsmal ... dann der Computer. Er nahm das Telefon vom Ohr. „Es nimmt niemand ab.“
    „Glaubst du, dass Francesco dir eine falsche Nummer gegeben hat?“
    Ein ähnlicher Gedanke hatte ihn durchzuckt. Ganz kurz nur, dann hatte er ihn beiseite gewischt. Er glaubte es eigentlich nicht. Francesco hatte sich fast in die Hosen gemacht vor Angst.
    „Wenn du die Namen hast, was dann?“
    „Wegen dem Deal mit deinen Israelis?“ Nikolaj konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „Ich habe es mir durch den Kopf gehen lassen.“
    „Und?“
    Er behielt sie im Blick, während er den Wagen auf die Überholspur steuerte und an einer Reihe von LKWs vorbeizog. Ihre Nasenflügel bewegten sich leicht. Sie wirkte erwartungsvoll. Wieder dachte er, dass sich so gar keine Härte in ihr fand. Carmen konnte konsequent sein, unnachgiebig und impulsiv. Was ihr jedoch fehlte, war diese kühle Glätte, die Menschen ihres Berufsstands oft anhaftete.
    „Was hast du für den Mossad gemacht?“, fragte er.
    „Warum willst du das wissen?“
    „Weil es mich interessiert.“
    Sie legte den Kopf schräg und musterte ihn aus schmalen Augen.
    „Du interessierst mich.“ Er merkte, wie er sich verhedderte. Das hatte er gar nicht sagen wollen, aber jetzt, wo es im Raum stand, verspürte er auch nicht den Wunsch, es zurückzunehmen.
    Sie schwieg eine Zeitlang. „Ich habe nie etwas Gewalttätiges getan. Seit dem Libanon habe ich nie mehr einen Schuss abgefeuert.“
    „Immerhin wusstest du, wie du dir eine nicht registrierte Waffe besorgen kannst.“
    „Ich kann auch kochen und tue es nie.“
    Er lachte leise.
    Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Meistens ging es darum, Kontakt zu einer Zielperson aufzunehmen, ohne dass sie Verdacht schöpft. Weil sie Zugang zu bestimmten Informationen hatte. Oder weil der Dienst

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