Kill Order
jetzt tun?“
„Wir“, er betonte dieses Wort, „werden uns vorbereiten. Wir müssen einen Treffpunkt bestimmen. Und dann müssen wir sicherstellen, dass wir die Regeln für das Treffen aufstellen und nicht die anderen.“ Er lächelte schmal. „Alles hängt von unserem Plan ab. Wenn wir einen guten Plan haben, dann überleben wir das vielleicht nicht nur, sondern kriegen auch noch, was wir wollen.“
Eine Zeitlang hing Schweigen zwischen ihnen. Ein Schild tauchte auf und kündigte das Ende der Autobahn an. „Wo fahren wir eigentlich hin?“, fragte Carmen.
Er überflog die Richtungsbezeichnungen. „Prag.“
„Prag.“ Ihr Kopf flog herum. „Warum? Willst du dem Kerl etwa einen Besuch abstatten? Du hast gesagt, dass er in einer verdammten Festung ...“
„Will ich nicht“, unterbrach er sie. „Prag liegt nur zufällig auf unserer Route. Wir streifen es nur.“
„Und dann?“
„Bauen wir etwas Druck auf.“
31
D
ie Air France Maschine aus Paris landete um neun Uhr auf dem Berliner Flughafen Tegel. Rafiq brauchte ein paar Minuten, um zwischen den vielen Menschen im Ankunftsbereich seinen Kontakt von der Berliner Station auszumachen. Eine unscheinbare Frau mittleren Alters hielt ein Schild mit der Aufschrift ‚Dupont Facilities’ hoch. Er drängte sich zwischen den anderen Passagieren hindurch und trat auf sie zu. „Hallo“, sagte er. „Ich bin Rafiq.“
Sie sah ihm prüfend ins Gesicht. „Ja, das stimmt. Kommen Sie, ich bringe Sie zu Ihrer Unterkunft.“
Sie verließen das Terminal-Gebäude und liefen zu den Parkplätzen auf der anderen Seite.
„Wie heißen Sie?“, fragte Rafiq.
„Ich bin Sonja.“ Die Frau entriegelte einen grauen Opel Astra. „Steigen Sie ein.“ Sie ließ den Motor an und drehte die Lautsprecher des Radios leise. „Wie war Ihr Flug?“
„Danke.“ Rafiq musterte sie von der Seite. „Sind die anderen schon angekommen?“
„Sie sind der Erste.“
Er versuchte nicht länger, eine Unterhaltung mit ihr in Gang zu bringen. Er legte den Sicherheitsgurt an, lehnte sich zurück und sah aus dem Fenster. Er war müde und sehnte sich nach einer Dusche und nach einem frischen Kaffee, obwohl der Tag gerade erst begonnen hatte. Die Anreise über Paris hatte sich wie immer als umständlich und nervenaufreibend erwiesen.
Während sie an Industriegebäuden und alten Backsteinhäusern vorbeifuhren, lauschte er auf sein inneres Unbehagen, das seit Tagen an ihm fraß und wie ein Störfeuer jeden anderen Gedanken überlagerte. Er hatte gehofft, dass die Wiederaufnahme der operativen Aktivitäten ihm Auftrieb gab. Seine letzte Unterhaltung mit Katzenbaum kam ihm in den Sinn, die Diskussion über einen möglichen Verräter innerhalb des Dienstes. Dieses Mal würden sie den Kreis klein halten, hatte Katzenbaum versprochen. Trotzdem konnte Rafiq sich des Gefühls nicht erwehren, dass alles von einem subtilen Missklang durchwoben war.
Sonja setzte den Blinker und bog in eine Ausfahrt. Er musterte die Straßenschilder. In den vergangenen Jahren war er häufig in Deutschland gewesen, sprach sogar ein recht passables Deutsch. Berlin hatte er allerdings nur ein einziges Mal besucht, und das war 1997 gewesen, vor fast zehn Jahren. „Wo fahren wir hin?“
„Schöneberg. Eine sichere Wohnung.“
Sie drangen tiefer in ein Wohngebiet ein, das aus drei- und vierstöckigen Backsteinhäusern bestand. Neben einem kleinen Lebensmittelladen stoppte Sonja und reichte ihm einen Schlüsselbund. „Zweite Etage links. In der Parallelstraße steht ein dunkelgrüner VW Golf mit Berliner Kennzeichen. Den können Sie benutzen. Oben in der Wohnung finden Sie die Papiere und die restliche Ausrüstung. Es gibt ein Fach im Wohnzimmerboden, rechts neben der Tür.“
„Vielen Dank.“
„Sie können mich in der Botschaft erreichen.“
Er stieß die Tür auf. „Kann ich mich frei bewegen?“
Ein Lächeln fing sich in Sonjas Mundwinkel. „Dies ist ein freies Land.“
Die Wohnung im ersten Stock war groß und geräumig und besaß hohe Fenster, die auf die Hofseite hinausgingen. Obwohl es gut versteckt war, fand Rafiq beinahe auf Anhieb das Fach im Fußboden. Unter einem losen Stück Parkett verbarg sich ein großer Hohlraum, in dem jemand einen Stoß Papiere, mehrere Mobiltelefone und zwei Pistolen mit abgeschraubten Schalldämpfern deponiert hatte. Er blätterte durch die Dokumente und fand die Klarsichthülle, die für ihn bestimmt war. Ein deutscher Personalausweis, ein paar Plastikkarten,
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