Kill Order
wurde durch atmosphärische Störungen unterbrochen. „Und der Mossad steht kurz davor, ihn hochzunehmen.“
Kusowjenko antwortete nicht. Er las die Ankündigung eines Rammstein-Konzerts, während er die Information verdaute und gleichzeitig darüber nachdachte, was das für ihn bedeutete.
„Hallo?“, fragte der Israeli. „Sind Sie noch da?“
Kusowjenko verstand nun den panischen Unterton in der Stimme des Mannes. Liberman stand kurz davor, die Nerven zu verlieren. Das war nicht gut. Die ganze Geschichte hatte sich nicht gut entwickelt und Kusowjenko war froh gewesen, als einfach alles im Sande versickert war. Rosenfeldts Ermordung hatte Räder in Gang gesetzt, von deren Existenz er zuvor nicht einmal gewusst hatte. Nein, das war nichts, in das er tiefer hineingezogen werden wollte als unbedingt nötig.
„Ich bin noch da. Ist die Information sicher?“
„Verbrieft. Und wir haben nicht viel Zeit.“
„Was wollen Sie jetzt von mir?“ Dabei wusste er ganz genau, was der Israeli wollte.
„Sie müssen Ihre Leute auf ihn ansetzen. Die sollen ihn umlegen, bevor der Mossad zum Zug kommt.“
„Muss ich das?“
„Ihre Männer haben ihn schon einmal verloren.“ Libermans Stimme bekam einen anklagenden Tonfall. „Jetzt haben Sie Gelegenheit, das Versäumnis ungeschehen zu machen.“
„Fabio ist Ihr Problem.“ Die Unverschämtheit des Israelis ärgerte ihn. „Was passiert ist, war gestern. Jetzt ist heute. Die Dinge haben sich geändert. Vielleicht habe ich kein Interesse mehr?“
„Das sollten Sie aber.“ Libermans Stimme wurde laut. „Wissen Sie, wie viel Aufruhr das Attentat bei den Geheimdiensten ausgelöst hat? Natürlich wissen Sie das. Die waren alle hinter unserem Mann her. Aber das ist nicht vorbei. Im Moment ist es nur unser Dienst, aber wenn sich das herumspricht, werden alle anderen wie elektrisiert sein. Kriegen die Fabio, dann kriegen die auch Sie. Dafür brauchen die nur ein paar Tage. Und wenn erst bekannt wird, dass der Rosenfeldt-Killer für Viktor Kusowjenko gearbeitet hat, dann werden die sich auf Sie einschießen. Dann können Sie Ihre Geschäfte im Nahen Osten vergessen und sich schnell ein gutes Versteck suchen.“ Liberman machte eine Pause. „Und eine neue Identität, denn dann sind Sie die Nummer Eins auf den Fahndungslisten.“
„Drohen Sie mir?“
„Nein. Ich stelle nur ein mögliches Szenario auf.“
Was Liberman sagte, war nicht ganz aus der Luft gegriffen. Kusowjenko ging zwar nicht davon aus, dass diese Dienste ihn wirklich jagen würden. Nicht in seinem eigenen Land jedenfalls. Aber was seine Geschäfte im Nahen Osten und Nordafrika betraf, hatte Liberman recht. Die würde er eine Zeitlang aussetzen müssen. Was wiederum ärgerlich wäre. Sehr ärgerlich.
„ Choroscho “, sagte er. „Einverstanden. Aber ich werde Auslagen haben.“
„Die wir Ihnen selbstverständlich erstatten.“
„Und ich benötige Informationen von Ihnen.“
„Natürlich.“
Nikolaj Fedorow war also wieder da. Der Bursche hatte es tatsächlich geschafft. Andererseits hatte Kusowjenko tief drinnen nie wirklich glauben können, dass Fedorow tot war. Bedauernd zuckte er die Schultern und stieg zurück ins Auto. Er hatte Fedorow immer gemocht. Aber Nikolaj trug selbst die Schuld daran, dass die Dinge eine so bedauerliche Wendung genommen hatten.
Wäre alles nach Plan gegangen, hätte niemand Fedorow behelligt. Später, im Hotel Drei Linden, hätte man Hinweise finden sollen, die eine Verbindung zu palästinensischen Extremisten nahe legten. Zu dem Zeitpunkt, da die gesamte Polizei von Berlin, der deutsche Bundesgrenzschutz und etliche CIA-Agenten hinter Fedorow her waren, hätte er eigentlich als Nico Delani eine Vernissage eröffnen und einen Tag später zurück nach Brüssel fliegen sollen.
Was war schief gelaufen? Kusowjenko wusste es nicht. Die Ereignisse hatten ihn selbst überrascht. Fedorow musste einen schwerwiegenden Fehler gemacht haben. Anders ließ sich nicht erklären, dass eine Stunde nach dem Attentat bereits die Fahndung nach ihm lief und Liberman die Nerven verlor. Wäre es nach Kusowjenko gegangen, hätten sie es ausgesessen und darauf vertraut, dass Fedorow schon einen Weg finden würde. Hatte er am Ende ja auch. Sie hätten eben nur ein bisschen Geduld aufbringen müssen. Aber seine israelischen Auftraggeber hielten Fedorow für ein unkalkulierbares Risiko. Sie waren überzeugt gewesen, dass man ihn früher oder später hochnehmen würde und hatten darauf
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