Kill Order
soll ich machen? Ihn erschießen?“
„Was?“ Rafiqs Pulsschlag beschleunigte sich. „Was ist mir dir? Hat er dich entdeckt?“
„Nein. Ich glaube, er weiß nicht, dass ich da bin. Er geht jetzt zum Haus.“ Tals Stimme sank noch weiter herab. „Ich weiß nicht, was mit Sami ist. Kann sein, dass er ihn umgelegt hat.“
„Ist Carmen bei ihm?“
Im Bad rauschte die Toilettenspülung. Einen Moment später kam Katzenbaum zurück ins Wohnzimmer.
„Keine Ahnung. Ich habe sie nicht gesehen. Ich weiß nicht, wo der Kerl plötzlich herkam. Ist einfach aus dem Nichts aufgetaucht.“ Die Verbindung knackte. Rauschen überlagerte den letzten Teil des Satzes.
„Tal? Bist du noch da?“
„Was soll ich jetzt machen?“
„Warte.“ Rafiq tauschte einen Blick mit Lev. „Fedorow ist in Hawqa. Tal sagt, dass er Sami außer Gefecht gesetzt hat und sich dem Haus nähert. Er will wissen, ob er was unternehmen soll.“
Katzenbaum streckte die Hand nach dem Telefon aus. „Tal? Bleib, wo du bist und rühr’ dich nicht. Gib Bescheid, wenn er wieder verschwindet oder wenn sich sonst irgendwas tut.“ Er nahm das Handy herunter. Dann sah er Rafiq an. „Wie groß ist deine Freundschaft mit diesem Mukhbahrat-Mann?“
„Du meinst, die Syrer sollen sich um ihn kümmern?“
„Siehst du eine Möglichkeit, rechtzeitig nach Hawqa zu kommen?“
Rafiq schüttelte den Kopf. „Ich rufe ihn an. Das wird uns ein Vermögen kosten.“
*
Der Israeli war vorläufig außer Gefecht gesetzt. Nikolaj hatte kurz darüber nachgedacht, ihn zu töten, hatte dann aber anders entschieden und ihn nur bewusstlos geschlagen.
Gewaltsam öffnete er einen der Holzläden, zertrümmerte die Scheibe und griff herum, um den Fensterriegel zu lösen. Er stieß den Flügel auf und stieg ins Innere des Hauses. Im Schlafzimmer empfing ihn kühle Dämmerung. Hastig suchte er frische Kleidung zusammen und stopfte alles in eine Reisetasche. Dann ging er ins Bad, zerrte den Unterschrank beiseite und entfernte die lockere Fliese. Er zog die Pappkiste heraus und entspannte sich etwas, als er feststellte, dass der Inhalt unversehrt war.
Die beiden verbliebenen Pässe und das Bargeld packte er in die Tasche zwischen die Kleidungsstücke, ebenso die Ersatzmagazine für die Beretta. Er legte die Pistole auf dem Waschtisch ab und nahm die Kiste aus dem Spiegelschrank, in der er Verbandsmaterialien und Medikamente aufbewahrte.
Er zögerte. Alles in ihm schrie, dass er so schnell wie möglich wieder verschwinden musste. Auch wenn der Israeli allein gewesen war, konnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die anderen hier auftauchten. Sekundenlang starrte er sein Spiegelbild an. Unter den Augen lagen tiefe Schatten, seine Pupillen waren blutunterlaufen und glänzten fiebrig. Sein Gesicht wirkte fahl unter der Sonnenbräune. Er musste sich dringend um seine Verletzung zu kümmern. Und hier gab es heißes Wasser.
Tief holte er Atem. Dann ließ er sich auf den Toilettensitz sinken, streifte das Hemd ab und begann den Verband zu entfernen. Die letzten Lagen musste er einweichen, um sie ablösen zu können. Mit zitternden Fingern ließ er die Bandagen auf die Fliesen fallen.
Die Wunde sah trocken aus, die Haut um die Ränder jedoch aufgeworfen und entzündet. Er entkleidete sich und drehte den Wasserhahn auf. Mit beiden Händen stützte er sich an der Wand ab. Minutenlang ließ er das heiße Wasser über seinen Körper laufen. Der Abfluss färbte sich dunkel von Dreck und Blut.
Er bückte sich nach der Kunststoffflasche, die er auf den Boden der Dusche gestellt hatte, drehte das Wasser ab und schraubte den Verschluss auf. In der Flasche befand sich Wasserstoffperoxid, ein Reinigungsmittel, das sich auch zur Desinfektion eignete.
Er schüttete einen Schwall der farblosen Flüssigkeit in die offene Wunde. Der Schmerz war so überwältigend, dass er beinahe den Halt verlor. Er drückte den Kopf gegen die Wand, atmete scharf ein, stieß keuchend die Luft wieder aus. Seine Finger bebten so sehr, dass er zwei Versuche brauchte, den Wasserhahn zu öffnen. Er spülte die Schulter ab und wiederholte den Vorgang. Diesmal war er vorbereitet, dennoch sackte er in die Knie, als das Oxidationsmittel zu blutiger Gischt aufschäumte. Ihm war übel, vor seinen Augen drehte sich alles. Minutenlang kämpfte er darum, die Kontrolle über seinen Körper wiederzuerlangen.
Mit zitternden Muskeln stieg er aus der Dusche, trocknete sich ab und verband die Schulter neu. Er schüttete
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