Kill Order
Messer sinken. „Und Rafiq?“
„Was glaubst du?“
Er sah sie nur an.
„Wir spielen im gleichen Team. Sie sagten, sie müssten einen Killer fangen. Den Mann, der Rosenfeldt in Berlin erschossen hat. Irgendwie sind sie auf dich gestoßen. Ich habe es erst für einen schlechten Witz gehalten, als sie sagten, du wärst dieser Kerl.“ Ihre Stimme veränderte sich. „Bist du’s gewesen?“
„Macht es einen Unterschied?“
„Vielleicht haben sie recht.“ Sie starrte ihn an. „Du bist nicht mehr der Mann, den ich mal kannte. Ich glaube, Nikolaj Fedorow ist tot.“
Er ließ sie los und richtete sich auf. „Was wollt ihr von mir? Wenn ihr mich töten wollt, hättet ihr das leichter haben können.“
„Sie brauchen dich lebend. Sie wollen wissen, was damals passiert ist.“
„Warum dann der Überfall in deiner Wohnung? Ich wäre beinahe draufgegangen!“
„Weiß ich nicht. Keine Ahnung. Alles, was sie von mir wollten, war eine Identifizierung. Sie mussten sicher gehen, dass sie nicht den Falschen schnappen.“ Ihre Lider flackerten. „Bitte. Das ist die Wahrheit. Rafiq hat zusammen mit dem Team in einer Nachbarwohnung gewartet. Sie haben den Lärm gehört und wollten eingreifen. Ich schwöre, ich habe diese Typen noch nie gesehen.“
Er stand auf. Mit einem kleinen Ruck zog er sie hoch auf die Füße. Sie starrte auf die Rolle Klebeband in seiner Hand. „Du hast gelogen.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe nur gesagt, ich würde dich nicht töten. Von Freilassen war keine Rede.“
*
„Ich muss dich um einen Gefallen bitten, mein Freund.“ Rafiq stand auf dem Balkon und beobachtete die Straße, während er telefonierte.
Shoufanis Stimme am anderen Ende klang abgehackt. Der Syrer lachte. „Ich freue mich immer, dir behilflich zu sein. Sag mir, wie ich dir dienen kann.“
„Du weißt, ich würde dich nicht belästigen, wenn es nicht wichtig wäre.“
„Ja, sicher. Sprich nur weiter.“
„Danach werde ich tief in deiner Schuld stehen.“ Rafiq schirmte mit der freien Hand den Hörer ab, als der Wind auffrischte. „Ich bin hinter einem Mann her, er hat mir eine Frau gestohlen.“
Shoufani gab ein teilnahmsvolles Grunzen von sich.
„Und er schuldet mir viel Geld.“ Von dem ein beträchtlicher Teil in Shoufanis Taschen fließen würde, wenn er half, diesen Mann dingfest zu machen. Rafiq musste das nicht aussprechen, es verstand sich von selbst. Wenn es ums Geschäft ging, besaß Mohamed Shoufani einen feinen Sinn für das Ungesagte.
„Was soll ich für dich tun?“
„Ihr habt doch eure Leute im Libanon. Hilf mir ihn zu finden, bevor er das Land verlässt.“
*
Es war Mittag, als Nikolaj den Bergrücken erreichte. Ein Stück weiter oben verlief der Ziegenpfad, der an seinem Haus endete. Wind streichelte die Grashalme und kühlte den Schweiß auf seinem Gesicht. Er blieb stehen und wartete, bis sein Atem sich beruhigt hatte. Seine Schulter schmerzte.
Er fragte sich, ob die Idee wirklich so gut war. Er war sich sicher, dass sie sein Haus überwachten. Alles andere machte keinen Sinn. Die Frage war nur, wo sie sich positioniert hatten, und wie lückenlos die Überwachung funktionierte. Von der Straße führte die einzige Zufahrt hinauf zum Grundstück. Das gesamte Plateau war so hoch gelegen, dass man es von den umliegenden Hügeln nicht einsehen konnte. Und dann gab es den Weg durch die Kalksteinhöhlen. Er bezweifelte, dass die Mossad-Leute davon wussten. Das Überwachungsteam würde sich auf die Hauptzufahrt konzentrieren.
Die Höhlen waren der Schlüssel. Der Ausstieg auf der anderen Seite mündete zwischen Gestrüpp und Obstbäumen und gab ihm eine Chance, ungesehen das Haus zu erreichen. Ihm blieb keine andere Wahl. Er benötigte Kleidung, Medikamente und einen sauberen Pass. Eine Waffe und Munition. Seine Reserveidentität lag im Monroe-Hotel in Beirut, aber dorthin konnte er nicht zurück. Alles was er brauchte, befand sich in dem Haus auf der anderen Seite des Bergrückens. Er musste nur einen Weg finden, unbemerkt hineinzugelangen.
Der Einstieg in die Höhlen lag unmittelbar vor ihm. Ein unregelmäßig geformter Bogen, ein überhängender Sturz, dahinter gähnende Schwärze. Er stieg über Brombeerranken und trat auf gewachsenen Stein. Im Inneren des Berges umfing ihn kühl die Dämmerung. Er musste sich bücken, um nicht mit dem Kopf an der Decke anzustoßen. Bald tastete er sich durch tiefe Dunkelheit.
Nach etwa hundert Metern zweigte ein Seitentunnel
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