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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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ab. Die Röhre war eng und so niedrig, dass er sich nur noch kriechend fortbewegen konnte. Auf dem letzten Stück fiel der Untergrund steil ab. Er presste sich flach auf den Boden und schob sich vorwärts, bis er mit den Händen die Kante am Ende des Kamins ertastete. Die Finsternis löste sich in diffuse Schatten auf. Vor der Klippe drehte er sich, eine Übung, bei der er sich die Haut über den Rippen aufschürfte. Mit den Beinen voran schob er sich über den felsigen Abgrund. Dann ließ er sich fallen.
    Er landete gut drei Meter tiefer. Mit einknickenden Knien fing er den Stoß ab, dennoch jagte der Aufprall eine Schockwelle durch seine Schulter. Schwer atmend verharrte er ein paar Sekunden. Er hatte die andere Seite beinahe erreicht.
    Der Boden stieg hier leicht an. Irgendwo gluckste Wasser. Vor ihm schimmerte Tageslicht. Der Höhlenausgang lag im Schatten der Apfelbäume. Gebückt trat er hinaus ins Freie.
    Auf der anderen Seite des Obsthains konnte er den Zaun sehen und dahinter die Hauswand mit geschlossenen Fensterläden. Die Szene wirkte friedlich. Er tastete nach der Glock in seinem Hosenbund. Seine Finger schlossen sich um den Griff der Pistole, das kühle Metall fühlte sich beruhigend an. Zwei Schuss. Er hoffte, dass er die Waffe nicht benutzen musste. Auf dem Lauf saß noch immer der Schalldämpfer. Er wollte sich in Bewegung setzen, doch im gleichen Moment schnitt ein Geräusch in seine Wahrnehmung, das ihm die Nackenhärchen aufrichtete.
    Es war nicht sehr laut, eigentlich nur ein Rascheln, das Aneinanderreiben von Zweigen und Blättern. Und ein feines Knirschen, wie Sand unter einer Stiefelsohle. Er wich in den Schatten der Bergwand zurück und lauschte. Wind flüsterte im Laub. Weit entfernt sang ein Vogel. Dann hörte er abermals das Knirschen. Wie wenn jemand sein Gewicht verlagerte. Jemand, der im Gebüsch auf dem Bergkamm entlang schlich.
    Er versuchte sich vorzustellen, wo genau der Mann sich positioniert hatte und vor allem, welchen Bereich er von dort oben einsehen konnte. Lautlos bewegte er sich zur Seite. Nach etwa fünfzig Metern senkte sich der Grat. Hier war alles mit Ginster bewachsen. Im Schutz der Büsche näherte er sich der Stelle, an der er den Eindringling vermutete. Als er nur noch ein kurzes Stück entfernt war, ließ er sich flach auf den Boden sinken.
    Zentimeterweise schob er sich vorwärts. Wenigstens hatte er das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Er war nicht in der physischen Verfassung für einen Kampf Mann gegen Mann.
    Ein Ast brach, so dicht neben ihm, dass er zusammenschrak. Zuerst glaubte er, dass er selbst das Knacken verursacht hatte. Doch dann hörte er noch etwas anderes. Ein leises Schnaufen. Er drehte den Kopf und erkannte, dass nur ein paar Zweige ihn von dem anderen Mann trennten. Reglos wartete er, spürte, wie Adrenalin seine Adern flutete. Der andere hatte ihn nicht bemerkt. Hoffte er.
    Da war eine Bewegung in den Sträuchern. Der Mann veränderte seine Position. Nikolaj sah die Konturen seines Rückens, seinen Hinterkopf. War der Kerl allein? Oder gehörte er zu einem größeren Überwachungsteam? Wahrscheinlich letzteres. Eine Observierung wurde eigentlich von mindestens zwei Leuten durchgeführt. Das hatte allein schon den praktischen Grund, dass man sich in der Beobachtung des Objekts abwechseln konnte.
    Es tat sich nichts. Der Mann hockte unbeweglich auf seinem Posten. Ab und zu verlagerte er sein Gewicht. Nikolajs Muskeln begannen sich zu verkrampfen. Er konnte nicht länger warten. Mit der rechten, unverletzten Hand zog er die Waffe aus dem Hosenbund und entsicherte sie. In einer glatten Bewegung wälzte er sich herum, kam auf die Beine und legte von hinten den Arm um die Kehle des Mannes. Er presste die Waffe gegen seine Schläfe. „Bleib ruhig, wenn du leben willst.“
    Der Mann erstarrte.
    Nikolaj war jetzt froh über den Schalldämpfer auf seiner Pistole, der seine psychologische Wirkung nicht verfehlte. Der Mann war ein Profi, er wusste, was das bedeutete. Jemand, der so ausgerüstet war, hatte keine Hemmungen, abzudrücken. „Wie heißt du?“
    „Sami“, murmelte der Mann.
    „Gut, Sami. Dann erkläre ich dir jetzt die Regeln.“
     
    *
     
    Das Handy klingelte. Rafiq warf einen Blick zur Badezimmertür, die Katzenbaum hinter sich geschlossen hatte, griff nach dem Telefon und drückte die grüne Taste. „Ja?“
    „Er ist hier.“
    Tal sprach gepresst und leise, und so schnell, dass Rafiq ihn kaum verstehen konnte. „Er hat Sami. Was

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