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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Tisch und ein paar Stühlen. Die Möbel waren mit Stahlwinkeln am Boden verschraubt. Kurze Zeit später tauchte völlig durchnässt Delacroix auf.
    „Scheißwetter“, murrte er zur Begrüßung. „Aber trotzdem Willkommen auf der Marie Savoyen, meinem wunderbaren Schiff. Sie haben mir etwas mitgebracht, nehme ich an?“
    Nikolaj zog einen Umschlag aus der Innentasche seiner Jacke. Absichtlich streifte er den Stoff dabei so weit zurück, dass Delacroix die Beretta in seinem Gürtel bemerken musste. „Die erste Hälfte des Honorars.“
    Der Franzose nahm den Umschlag, warf einen kurzen Blick hinein und ließ ihn er in seiner Tasche verschwinden. „ Merci bien . Die Crew der Marie Savoyen wünscht eine angenehme Überfahrt.“ Er machte eine kleine Verbeugung, die überraschend elegant wirkte. „Ich bin Ihr Kapitän auf dieser Reise. Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause.“ In der Tür blieb er noch einmal stehen. „Wir sind spät dran. Und vielleicht sammeln wir noch ein bisschen mehr Verspätung auf, wenn der Sturm nicht besser wird.“ Ein Stirnrunzeln, das sich sofort wieder glättete. „Andererseits hat das natürlich auch Vorteile, eh ? Das Wetter ist unsere Tarnkappe.“
    „Ich dachte, Sie schmieren die Küstenwache?“.
    „ Oui . Das tue ich.“ Delacroix machte eine vage Handbewegung. „Aber man weiß ja nie, wem man sonst noch da draußen begegnet.“
    Nikolaj starrte ihn an. Er hatte das Gefühl, etwas zwischen den Zeilen gehört zu haben. Einen Unterton im jovialen Tonfall des Franzosen, der nicht zu seinen Worten passte. Verbissen mühte er sich, dieses Gefühl festzuhalten, herauszufinden, was es war. Aber der Moment ging vorbei.
    Paranoia.
    Er dachte an das M-16 im Beiboot. Die Schmuggler waren nicht zu unterschätzen. Falls sie sich entschlossen, sein Geld zu nehmen und ihn kurzerhand über Bord zu werfen, konnte er sie kaum daran hindern. Deshalb musste er ihnen signalisieren, dass er sich nicht kampflos ergeben würde. Deshalb hatte er Delacroix die Pistole sehen lassen. Sie mussten wissen, dass sie ein Risiko für Leib und Leben eingingen, wenn sie versuchten, ihn zu betrügen. Eins, das sich nicht lohnte. Er bezahlte fürstlich für die Passage. Und es bedeutete kaum Mühe für die Crew, zwei zusätzliche Passagiere mitzunehmen. Das war leicht verdientes Geld. Es gab keinen echten Grund, sich Sorgen zu machen. Trotzdem musste er die Augen offen halten.
    „Machen Sie es sich gemütlich. Solange der Wind nicht abflaut, würde ich es begrüßen, wenn Sie sich an Deck nicht blicken lassen.“ Delacroix grinste. „Sie stehen dann bloß im Weg und lenken meine Jungs ab. Nichts für ungut.“
    Klappernd fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Carmen setzte sich auf einen der Stühle und zerrte am durchweichten Stoff ihres Hedschab.
    „Ich weiß, du willst das nicht diskutieren“, sagte sie. „Ich wollte nur anmerken, dass dieses Ding hier mit Salzwasser getränkt ist und ungefähr zehn Kilo wiegt. Und dass ich mir wahrscheinlich den Tod hole, wenn ich es anbehalte.“
    Nikolaj betrachtete ihre Silhouette unter dem unförmigen schwarzen Stoff. Sie hatte recht. Was konnte schon passieren? Ob mit oder ohne Schleier, Delacroix und seine Männer würden sich so oder so ihre Gedanken machen. Was änderte es, wenn sie das Gesicht der Frau sehen konnten? Wenn sie in Zypern an Land gingen, würde Nikolaj dem Franzosen das restliche Geld aushändigen und ihn nie wieder sehen. Er würde so schnell wie möglich mit einer Fähre nach Griechenland übersetzen und dann spielte es keine Rolle mehr.
    „Bitte“, sagte sie.
    „Na schön.“ Er konnte selbst kaum glauben, dass er das sagte. „Zieh das verdammte Ding aus. Aber du kennst die Regeln.“
    „Danke.“ Ihre Stimme klang so erleichtert, dass er sich sofort schuldig fühlte. Schweigend beobachtete er, wie sie die durchnässten Lagen schwarzen Stoffes über ihren Kopf zog. Eine seltsame Erleichterung erfasste ihn, als er plötzlich ihr Gesicht wieder sehen konnte. Die Spuren der letzten Tage waren noch da, die Schrammen und Blutergüsse. Vor allem aber die Mimik, die ihren Worten erst Bedeutung verlieh. Sie schob den Stoffhaufen mit einem Fuß beiseite und lächelte.
    Ein Ruck ging durchs Schiff. Grollend sprangen die Maschinen an.

24
     
    R
    afiq starrte die Digitaluhr im Cockpit des Wagens an, während sie der zypriotischen Küste in Richtung Limassol folgten. Katzenbaum saß am Steuer und telefonierte ununterbrochen.
    Null Uhr zwanzig.

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