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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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zusammen und hob langsam die Hände. Das war kein Zufall. Delacroix musste die Information weitergegeben haben. Deshalb hatte der Franzose auch eilig das Weite gesucht, nachdem er sie abgesetzt hatte. Nikolaj bedauerte in diesem Moment vor allem, dass er Delacroix nicht mehr zur Verantwortung ziehen konnte.
    Die Männer näherten sich. Er hörte sie mehr, als dass er sie sah. Kiesel und Sand lösten sich unter schweren Stiefeln. Jemand fluchte.
    „Los, runter“, wiederholte der Wortführer. Er machte eine auffordernde Bewegung mit der Waffe.
    „Okay, schon gut.“ Nikolaj ließ sich auf ein Knie hinab, spürte, wie sich kleine Steinchen durch den Stoff seiner Hose bohrten. Noch immer blendete ihn das Licht. Und dann krachten plötzlich Schüsse.
     
    *
     
    Wie erstarrt sah Carmen ihn stürzen. Sein Körper rollte zur Seite, war plötzlich verschwunden. Der Strahl der Taschenlampe erlosch. Stimmen brüllten durcheinander. Die Gruppe maskierter Männer stob auseinander. Einer fiel und blieb zuckend liegen. Die anderen hechteten seitlich in Deckung. Noch mehr Schüsse fielen, jetzt von allen Seiten.
    Sie erwachte erst aus ihrer Schockstarre, als eine Serie von Projektilen den Boden unmittelbar vor ihren Füßen aufriss. In aufflammender Panik fuhr sie herum und rannte den Weg zurück, den sie gekommen war. Steine und Geröll schnitten ihr in die nackten Fußsohlen, aber sie nahm den Schmerz kaum wahr. Ein Geschoss schlug dicht neben ihr in den Baum. Holzsplitter trafen sie an der Wange. Ihre Kehle verengte sich, ihre Lungen brannten. Das eigene Keuchen klang überlaut in ihren Ohren, mischte sich mit den Explosionen der Schüsse und gebrüllten Befehlen in ihrem Rücken.
    Ihr Fuß stieß gegen etwas Hartes und blieb hängen. Der eigene Schwung trug sie nach vorn, sie stürzte, fing sich mit den Händen ab. Eine Feuergarbe ging über sie hinweg.
    Die schossen gezielt auf sie, erkannte sie plötzlich. Ihr wurde heiß vor Entsetzen. Das waren nicht einfach verirrte Querschläger. Mein Gott, wer waren die? Gerade noch hatte sie sie für die eigenen Leute gehalten. Ihr rechtes Bein knickte unter ihr weg, als sie versuchte, sich aufzurichten. Ihre Handflächen brannten wie Feuer. Auf Händen und Knien schleppte sie sich in das Dickicht aus Apfelbäumen, das sich beidseitig des Bachlaufs ausbreitete. Ihre Ohren klingelten von den Explosionen.
    Sie kroch tiefer in den Obsthain. Um sie herum verschmolzen Äste und Blattwerk mit violetten Schatten. Sie hätte sich gern aufgerichtet, wagte es aber nicht. Verstört betastete sie ihr verletztes Knie. Die Haut war aufgeschürft, aber wenigstens fühlte es sich nicht gebrochen an. Irgendwo zerbarst ein Ast. Jemand verfolgte sie. Mit einem Herzschlag wie Schmiedehämmer in ihrer Kehle kroch sie tiefer ins Unterholz, weiter fort vom Bachlauf, schob sie sich durch knöchelhohes Gras und Lorbeergestrüpp.
    Abrupt rissen die Schüsse ab. Sie erstarrte. Irgendwo in ihrem Rücken raschelten Zweige.
     
    *
     
    Rafiq sprang auf, als die ersten Schüsse fielen. Sie kamen von der Bucht. „Scheiße, was ist da los?“
    Zusammen mit Katzenbaum war er bei den Fahrzeugen zurückgeblieben, so wie Eli Barel, der Teamleiter der Gruppe, es angeordnet hatte. Rafiq gefiel das nicht, aber was sollte er machen? Sie hatten es in Beirut versaut, wie Katzenbaum es zynisch formuliert hatte. Jetzt übernahmen andere das Kommando. Der Katsa ließ die Zigarette fallen und trat sie mit dem Absatz aus. Sie sahen sich an. Lev schüttelte leicht den Kopf. Nicht deine Baustelle, sagte sein Blick. Die wissen, was sie tun. Noch mehr Schüsse krachten, lange Salven, ein heftiges Feuergefecht.
    Die Unruhe, die seit Larnaca in seiner Brust nistete, flammte auf und verwandelte sich in echte Panik. Er konnte keine Sekunde länger hier oben warten.
    „Wo willst du hin?“, brüllte Katzenbaum ihm nach. „Warte, verdammt!“
    Er sah nicht zurück. Mit langen Schritten überquerte er den Sandplatz, auf dem sie die Autos abgestellt hatten. Nach ein paar Metern begann er zu laufen. Er lauschte auf die Schüsse, während er rutschend und um sein Gleichgewicht kämpfend den steinigen Pfad hinunter stürmte. Der Weg schlängelte sich durch ein kleines Waldstück und endete abrupt an einem terrassenförmig abfallenden Hang zum Meer.
    Die Schüsse verstummten. Rafiq stoppte mitten im Lauf. Jäh wurde ihm bewusst, dass er keinen Plan hatte. Er trug nicht einmal eine Pistole. Was wollte er überhaupt tun? Unbewaffnet in eine

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