Kill Whitey
ja.«
Yul hob die Hand an den Mund. »Ich glaube, ich muss noch mal kotzen.«
Ich lenkte den Wagen hinter einen alten Heizkessel, den eine Firma zum Verrosten zurückgelassen hatte, dann stellte ich den Motor ab und streckte die Finger. Sie fühlten sich taub an. Yul riss die Tür auf und ließ sich hinaus auf die Erde fallen. Ein trockenes Würgen schüttelte seinen Körper durch.
»Gehen wir in eines der Gebäude«, schlug ich vor. »Suchen wir uns ein Versteck, bevor uns jemand sieht.«
Sondra und ich stiegen aus. Ich nahm die mittlerweile leere Glock mit, steckte sie wieder unter den Hosenbund. Das erschien mir besser, als die belastende Waffe zurückzulassen. Kurz wünschte ich, daran gedacht zu haben, dasselbe mit der leeren 38er beim Gemischtwarenladen zu tun. Ich hätte sie mit meinem Mobiltelefon in die Mülltonne werfen sollen. Aber natürlich würden die Bullen, sobald sie meinen Jeep fanden, die Mülltonne mit größter Wahrscheinlichkeit ohnehin durchsuchen.
Yul würgte immer noch. Als wir ihm aufhalfen, starrte er auf meine Füße.
»Wo sind deine Schuhe?«
»Mach dir mal keine Sorgen um unsere Schuhe, Kumpel.«
»Warte mal eine Sekunde.« Yul löste sich von mir, ging zum Heck des Wagens und kramte im Kofferraum. Er holte eine Sporttasche daraus hervor, öffnete den Reißverschluss und entnahm ihr ein schäbiges Paar Laufschuhe. »Du hast Größe 43, oder?«
Ich nickte.
»Dann sollten sie dir passen. Ich versuche, mich für Kim in Form zu bringen, deshalb laufe ich jeden Morgen nach der Arbeit.« Er sah Sondra an. »Tut mir leid, aber ich habe keine, die dir passen würden.«
Sondra zuckte mit den Schultern. »Schon gut.«
Dankbar steckte ich die schmerzenden Füße in die Schuhe, dann ließen wir den Wagen zurück und eilten zu einem nahen Lagerhaus mit zerbrochenen, zugenagelten Fenstern und ausgebleichter grüner Verkleidung. Vogeldreck und Müll übersäten das Gelände rings um das Gebäude. Auf dem Dach gurrten Tauben. In der Ferne erklang ein Automotor, der sich so kränklich anhörte wie Yul. Noch leiser vernahmen wir das Geheul der Sirenen von Einsatzfahrzeugen.
»Das Whitey.« Sondra beschleunigte die Schritte. »Wir gehen schneller.«
Mir war etwas an Sondras Englisch aufgefallen. Manchmal sprach sie recht gut, dann wiederum hörte sie sich an, als hätte sie gerade die ersten Wörter gelernt. Anfangs fand ich das drollig, dann wurde es etwas nervig. Mittlerweile war ich dahintergekommen: Allem Anschein nach wurde ihr Englisch umso gebrochener, je mehr sie unter Stress stand.
»Mir ist schwindlig.« Yul stöhnte. »Wartet kurz.«
» Njet «, widersprach Sondra in scharfem Tonfall. »Ich sage, wir machen schneller. Beeilen.«
Ich ergriff Yuls Arm und stützte ihn. »Hören wir besser auf die Lady. Komm schon.«
Er sah mich an und ließ ein mattes Lächeln aufblitzen. »Es kommt doch alles wieder in Ordnung, oder, Larry?«
»Klar«, log ich. »Uns passiert nichts.«
»Ich mache mir Sorgen um Kim. Sie weiß nicht, wo ich bin.«
Trotz allem, was geschehen war, dachte Yul zuerst an Kim. Ich dachte mir, wie schön es sein musste, so jemanden in seinem Leben zu haben.
Jemanden, an dem einem mehr als an allem anderen lag.
Jemanden, für den man Berge versetzen würde.
Jemanden, für den man töten würde. Eine solche Liebe wollte auch ich.
Dann sah ich Sondra an, und mir wurde klar, dass ich sie bereits hatte.
»Gehen wir rein«, sagte ich.
Sondra und Yul pressten sich an die Seite des Lagerhauses, während ich durch die zerbrochene Scheibe fasste und gegen die Sperrholzplatte drückte, die das Fenster bedeckte. Sie erwies sich als morsch und lose, verwittert vom ständigen Einwirken der Elemente. Die Fenster befanden sich dicht über dem Boden.
Vom Lexus war nach wie vor nichts zu sehen, aber er hörte sich näher als zuvor an. Während ich die Holzplatte bearbeitete, stotterte der Motor und erstarb. Ein leiser Knall ertönte – eine Autotür, die zugeschlagen wurde. Dann folgte gedämpftes Gebrüll. Whitey sprach wieder Russisch.
»Was sagt er?«, fragte ich Sondra.
»Viele Arten, wie er uns wird töten. Keine davon ist schnell.«
»Drauf geschissen.«
Ich nahm ein paar Schritte Anlauf, dann rannte ich auf die Wand zu, sprang in die Luft und trat gegen die Sperrholzplatte. Sie splitterte. Obwohl das Fenster ungewöhnlich niedrig eingebaut war, landete ich auf dem Hintern. Rasch rappelte ich mich wieder auf und trat wiederholt gegen die Holzplatte, bis sie nachgab
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