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Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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weiter vorwärts.
    Whitey schoss auf Sondra, verfehlte sie aber. Wenngleich es in meinen Ohren noch summte, hörte ich diesmal, wie die Kugel auf Beton prallte. Sondra raste quer durch den Raum und duckte sich hinter einen Stahlträger. Whitey zögerte den Bruchteil einer Sekunde und richtete die Aufmerksamkeit auf mich. Ich konnte ihn zwar nach wie vor nicht sehen, spürte aber, wie er innehielt. Wahrscheinlich dachte er auch, ich hätte den Verstand verloren. Sondra nützte die Ablenkung und setzte sich wieder in Bewegung. Gleichzeitig schleuderte ich den Karton auf Whitey und kreischte vor Wut. Er schoss erst auf den Karton, dann ein drittes Mal auf mich. Was mich rettete, war Yul. Ich rutschte in seinem Blut aus, kippte rücklings und landete auf dem Hintern. Das Metallband glitt mir aus den Fingern. Meine Zähne krachten aufeinander, und ich biss mir innen auf die Wange. Wärme flutete meinen Mund. Die Erschütterung lief durch mein Rückgrat. Eine Mischung aus Schmerzen und Kordit trieb mir Tränen in die Augen.
    »Lauf, Sondra!«, schrie ich. »Renn weiter!«
    Meine Stimme hallte mit den Schüssen um die Wette.
    Whitey hustete. »Sehr nobel von Ihnen, Mr Gibson. Oder soll ich Sie Larry nennen?«
    Ich spuckte einen Mundvoll Blut aus und funkelte ihn finster an. Plötzlich fühlte ich mich sehr klein, machtlos und verängstigt.
    »Nenn mich Mr Gibson«, krächzte ich. »Wichser.«
    Whitey ließ die Pistole auf mich gerichtet, während er mit der freien Hand in seine Tasche griff und sein Mobiltelefon hervorzog. Ich starrte buchstäblich in den Lauf der Waffe. Ein großes, schwarzes Loch – vermutlich das Letzte, was ich je sehen würde. Aber ich wollte eher verflucht sein, als diesen Dreckskerl wissen zu lassen, was für einen Heidenangst ich hatte.
    »Falls du vorhast, deine Mafiakumpel anzurufen«, sagte ich und versuchte, meiner Stimme einen ruhigen Klang zu verleihen, »kannst du dir die Mühe sparen. Der Empfang hier im Gebäude ist scheiße. Du wirst keine Verbindung zustande kriegen.«
    Der Lauf wankte keinen Deut. Die Pistole sah schwer aus, dennoch hielt er sie völlig ruhig. Whitey blickte auf das Mobiltelefon. In der Sekunde legte ich den Fuß über das Stück der Metallumreifung und versteckte es vor ihm. Mit finsterer Miene schaute Whitey wieder zu mir und steckte das Handy ein.
    »Hab ich dir doch gesagt, Arschloch«, raunte ich.
    »Falls Sie versuchen, Sondra Zeit zu verschaffen, um wegzurennen, sind Sie noch törichter, als ich dachte, Mr Gibson. Sie kann nirgendwohin. Wahrscheinlich trifft die Polizei in diesem Augenblick auf dem Komplex ein.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Das ist ein großes Gelände. Jede Menge Lagerhäuser und sonstige Gebäude. Könnte eine Weile dauern, bis man uns findet.«
    »Das bezweifle ich. Unsere Fahrzeuge parken draußen. Ich glaube kaum, dass die Polizei Mühe haben wird, uns aufzuspüren.«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Bist du bereit, das Risiko einzugehen?«
    »Das bin ich in der Tat.«
    »Tja, dann bist du so dämlich, wie du dich anhörst.«
    Es war nicht die beißende Erwiderung, die ich mir erhofft hatte, aber ich hatte Mühe, mich zu konzentrieren. Angst bewirkt so etwas schon mal.
    Whitey musterte mich. Ich starrte zurück und versuchte, keine Miene zu verziehen. Yul durchbrach die Stille, als sich seine Gedärme entleerten. Ich wand mich herum, schaute zu ihm hinüber und stellte erschrocken fest, dass sich seine Finger bewegten. Langsam krümmten und streckten sie sich.
    »O Allmächtiger«, stieß ich hervor. »Er lebt noch. Er lebt noch, du Mistkerl.«
    »Nein. Was wir da sehen, sind bloß Nerven – die letzten elektrischen Impulse eines bereits toten Gehirns.«
    »Er bewegt sich, verdammt noch mal!«
    »Ignorieren Sie das. Die Gase. Das Entleeren der Gedärme. Die Fingerbewegungen. Das alles tritt nach dem Tod ein. Glauben Sie mir, ich habe das schon viele Male gesehen. Ich bin darin so etwas wie ein Experte. Aber wenn Sie sich dadurch besser fühlen, gebe ich Ihnen ein Beispiel.«
    Ungläubig glotzte ich ihn an. Mich besser fühlen? Er hatte soeben Yul kaltblütig abgeknallt und dann versucht, Sondra und mich umzubringen.
    »Ich bin sicher, Sie haben Verständnis dafür, wenn ich mich kurz fasse. Ich besuchte einst eine Geburtstagsfeier in Petersburg. Der Ortschaft im Bezirk Lancaster natürlich, nicht der Stadt in meinem Heimatland. Es war eine Zusammenkunft von Leuten meiner Organisation. Auch unsere Familien waren anwesend. Einige

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