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Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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abscheulicher wirkte – es bestand nur aus Knorpeln, Zähnen und Sehnen, nass und rot. Der Junge begann zu weinen.
    Der Taurus raste davon, nach wie vor auf der Gegenfahrbahn. Der Wagen scherte ein wenig aus, als hätte der Fahrer Probleme. Ich bemitleidete die Leute. Eine perfekte amerikanische Familie, unterwegs auf einer Fahrt ins Blaue oder vielleicht in Urlaub – nach Ocean City, Baltimore, Washington, D. C., Hershey Park oder ein anderes von hundert Zielen in der Nähe. Sommerferien. Erinnerungen, die ein Leben lang währen würden. Nun jedoch hatten sie einen Umweg beschrieben und etwas anderes gesehen, was sie nie vergessen würden. Diese Erinnerung würde niemals verblassen, besonders bei den Kindern nicht. Sie würden sie für den Rest ihres Lebens vor Augen haben, wann immer sie die Lider schlossen.
    Der Wahnsinn und die Groteske, die sich ständig in Whiteys Gefolge ausbreitete, hatten erneut jemanden angesteckt.
    Ich schwor mir, dass diese Leute die Letzten wären.
    Etwa zweihundert Meter weiter kehrte das Auto auf unsere Fahrbahn zurück. Ich lenkte ebenfalls wieder auf die Mitte. Die Reifen rollten knirschend über eine Flasche, danach verlief die Fahrt ruhiger. Whitey verharrte wieder regungslos. Er hing bloß rum. Ich unterdrückte ein Kichern, das mir Angst einjagte. Ich fürchtete, wenn ich jetzt zu lachen anfing, würde ich nie wieder aufhören können.
    Wir passierten ein Schild am rechten Straßenrand – Lake Pinchot State Park, 1 Meile . Ich stieß ein Seufzen der Erleichterung aus. Es war fast vorbei. Ende der Fahnenstange.
    Am Horizont tauchte ein weiteres Fahrzeug auf, das auf mich zuraste. Mein Herz hämmerte wie wild, und der Atem stockte mir in der Kehle. Zuerst dachte ich, es wäre die Polizei, aber ich konnte weder blinkende Lichter sehen, noch Sirenen hören. Als der Wagen näher kam, stellte ich fest, dass es sich um einen Chevy Nova handelte, rundum restauriert, mit Chromfelgen, Speziallackierung und allem drum und dran. Unter anderen Umständen hätte ich die Fahrt verlangsamt und das Auto bewundert. Der Motor brummte viel lauter als der des Gabelstaplers. Aus den Lautsprechern dröhnte In My Time of Dying von Megadeth. Die Ironie des Songtitels entging mir keineswegs. Ich fragte mich, ob sich auch Whitey darüber amüsierte. Wahrscheinlich nicht. Er kam mir nicht wie ein Fan von Dave Mustaine vor. Der Fahrer des Chevy Nova raste an uns vorbei, ohne langsamer zu werden. Womöglich hatte er uns gar nicht bemerkt. Hätte ich ein solches Auto besessen, ich hätte auch nicht besonders auf die Umgebung geachtet. Ich wäre zu beschäftigt damit gewesen, die Landstraße zu verschlingen.
    Ich nahm die Ausfahrt zum Lake Pinchot. Asphalt ging in Schotter über. Der Gabelstapler holperte über den Steinpfad. Der Propangastank hinter mir klapperte, trotzdem verlangsamte ich die Fahrt nicht. Vielmehr versuchte ich, den Stapler durch reine Willenskraft schneller voranzutreiben. Whitey wurde wieder rege. Er umklammerte die blutverschmierten Gabeln und schob sich nach hinten, schleifte sein verheertes Fleisch über den Stahl. Zum Glück behinderte jedes Rucken sein Vorankommen. Ich begann, auf Schlaglöcher zu zielen, achtete dabei jedoch darauf, sie langsamer zu treffen, damit Whitey durch die Wucht nicht abgeschüttelt wurde. Schließlich wollte ich ihn erschüttern – nicht befreien.
    Sowohl der See als auch der umliegende Wald standen der Öffentlichkeit frei zur Verfügung. Es gab weder Wachen noch Tore. Wir passierten einige Schilder. Auf einem stand Willkommen am Lake Pinchot , auf einem anderen eine Liste von Regeln und Vorschriften – wann der Park schloss, Warnungen über Lagerfeuer und alkoholische Getränke, derlei Dinge. Ich sah keinen Hinweis darauf, dass Mord verboten war.
    Whitey hatte den Versuch, sich zu befreien, aufgegeben. Entweder hatte er begriffen, dass es sinnlos war, und fügte sich in sein Schicksal, oder er sparte seine Kraft und bereitete sich auf einen letzten Anlauf zum richtigen Zeitpunkt vor. Ich wusste es nicht. Jedenfalls erschlaffte er wieder. Sein Körper verharrte reglos – leblos –, abgesehen von seinen Augen. Sie bewegten sich nach wie vor; aus ihnen sprachen Bedrohung, Tod und Folter.
    Ich folgte einem bewaldeten Weg in den Park. Eichen, Kiefern, Ahornbäume und Ulmen ragten zu beiden Seiten über uns auf. Obwohl die Sonne immer noch zwischen den zunehmend dunklen Wolken hervorleuchtete, herrschte unter dem Blätterwerk kein Licht. Die tiefen

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