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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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wäre, Desoto für aufrichtig zu halten, ist dermaßen irrwitzig, das Trellick und ich in schallendes Gelächter ausbrechen. »Zwei Stunden später hab ich sie in den Hintereingang gefickt.« Desoto leert sein Champagnerglas und knallt es auf den Tisch. Er sieht ausgesprochen selbstzufrieden aus.
    »Hast du ein Kondom benutzt?«, frage ich.
    »Oh ja, klar«, sagt Desoto ohne den leisesten Anflug von Aufrichtigkeit. Er lehnt sich in seinen Sessel zurück, um den Saal zu inspizieren.
    Desoto wurde erst letztes Jahr geschieden. Es war ein absoluter Knaller. Er schob seine Familie nach Italien in die Ferien ab und erzählte seiner Frau, er müsse noch ein paar Tage in London bleiben. Arbeit. Er würde nachkommen. Die Frau, das Kindermädchen und die Kinder verpissten sich, und Desoto begab sich schnurstracks in einen 48-stündigen Crack-Blackout.
    Die Nachrichten seiner Frau – das unzumutbare Hotel, das verloren gegangene Gepäck, die Hitze, die Krankheit der Kinder – erreichten ihn nicht, weil er irgendwo auf dem Weg ins schwarze Loch sein Handy verschlampt hatte. Den Anrufbeantworter hörte er nicht ab. Er war dermaßen voll mit Crack, die Musik dermaßen laut, dass er das Aufschließen der Haustür gar nicht wahrnahm. Auch nicht die Schritte auf der Treppe.
    Desotos Frau öffnete die Schlafzimmertür, und die Kinder – fünf und sieben Jahre alt – drängelten hinterher, lachend und voller Vorfreude, ihren Daddy zu überraschen. Daddy gewann durch ihre vernebelten Augen erst allmählich an Schärfe: chemisch vernebelt vom gummiartigen Gestank des zu Bikarbonat verbrennenden Sodas. Psychisch vernebelt durch ihre Tränen der Angst und Verwirrung: Daddy war nackt und hatte eine gewaltige, hervorstehende Viagra-Erektion. Daddy saß gegen das Kopfende des Bettes gelehnt, beinahe in Kruzifixstellung. In der einen Hand hielt er eine Cola-Dosen-Crackpfeife, in der anderen einen scheißebeschmierten Dildo. Auf Daddys Gesicht lag ein verträumtes Grinsen, während er zwei junge lettische Mädchen, die er ausgesprochen günstig bei seiner Lieblingsagentur geordert hatte, dabei beobachtete, wie sie sich zu seinen Füßen sehr enthusiastisch gegenseitig die Mösen leckten. Sie streckten erst die Köpfe hervor, ihre Münder mit Wichse poliert, als Mrs. Desotos gellender Schrei aufstieg.
    Die Scheidung wurde zügig vollzogen und ruinierte Desoto finanziell nahezu vollständig. Neben vielen anderen Dingen erstritt seine Exfrau vor Gericht die monatliche Zahlung einer enormen Summe zur Abdeckung der Kosten für die posttraumatische Betreuung der Kinder.
    Wie sitzen herum, scannen den Saal, tratschen und lästern. Was ziemlich einfach ist, da jeder der Anwesenden problemlos einer von zwei Kategorien zuzuordnen ist: Gewinner oder Verlierer. Leute auf dem aufsteigenden und Leute auf dem absteigenden Ast. Die Gewinner sind »verfickte Wichser« und die Verlierer sind, nun, »beschissene Loser«.
    An einem Tisch ganz in der Nähe unterhält sich Schneider mit Nick Raphael, einem A&R-Typ, der unlängst mit Christian Tattersfield bei der BMG installiert wurde. Raphael beobachtet seinerseits den Saal über Schneiders Schulter hinweg. Erst beiläufig, dann immer nachdrücklicher fahndet er nach einer gesellschaftlichen Verbesserung.
    Mit einem Loser wie Schneider bei einem High-Profile-Gespräch ertappt zu werden, kann er gar nicht gebrauchen. Desoto nickt in Schneiders Richtung und sagt: »Dead man talking.«
    Trellick, bemüht noch einen draufzusetzen, wedelt mit der Hand in der Luft herum und ruft: »Ober? Eine Flasche Schadenfreude für meine Freunde hier.«
    Ein paar Meter weiter wird Ellie Crush gerade von einer Fernsehtussi interviewt. »Wie aufregend«, schwallt die Interviewerin atemlos in die Kamera, »Ellie Crush, gerade mal einundzwanzig, nimmt heute Abend die Auszeichnung als ›Best british breakthrough artist‹ mit nach Hause. Ellie, ganz kurz, was bedeutet dir dieser Preis?«
    »Oh, mein Gott«, sagt Ellie und hievt die silberne Statue ins Bild. »Ich bin völlig sprachlos, yo! Ganz ehrlich, ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll, dir zu verdeutlichen, wie viel mir das alles bedeutet.« Sie lässt ihren Blick über das wabernde Gedränge schweifen. »Wenn du nichts dagegen hast, werde ich erst mal ein sicheres Plätzchen dafür finden!«
    »Danke, Ellie.«
    »Tschüss.«
    »Nicht zu verachten«, murmelt Trellick bedächtig. »Ganz und gar nicht zu verachten.«
    »Mmmmm«, sage ich, als Crush durch die Menge auf uns

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