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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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geliebt hat: mit Radio-1-DJs aus Nachtclubs zu stolpern und mit Popstars nach Südfrankreich zu fliegen. Jetzt, mit beinahe 46, ist jeder wache Moment ein Albtraum für ihn. In täglicher, ja stündlicher Routine bekommt er von irgendwelchen Radio- oder Fernsehverantwortlichen mitgeteilt, dass er sich doch bitte verpissen oder abkratzen möge. Daraufhin muss er ins Büro zurückfahren, wo Derek ihn, noch um einiges nachdrücklicher, auffordert, sich zu verpissen oder abzukratzen.
    Wie viel besser wäre sein Job wohl damals in den guten, alten Fünfzigern gewesen, der Goldenen Ära des Schmiergelds und der einprozentigen Künstlerbeteiligungen. Schmiergeld war eine geniale Angelegenheit, oder nicht? War es etwa nicht so, dass alle Beteiligten davon profitierten? Es war nicht nötig, jemanden zum Essen auszuführen und seinen Schwanz zu lutschen. Es war nicht nötig, über Chris Evans’ Witze zu lachen. Du hast die Ärsche einfach bezahlt. Hier hast du dein Geld, jetzt spiel die Platte und fick dich. Fick dich.
    Dunn, nicht helle genug, diese Tradition Wiederaufleben zu lassen, hat eine Dekade Speichelleckerei und Arschkriecherei in eine Art verunglückten Möchtegern-Entertainer mit einer melancholischen Ader verwandelt. Er schüttet uns allen Champagner in die Gläser und singt: »Jetzt geht’s lo-os, jetzt geht’s lo-os.« Sollte er nicht zu Hause bei seiner Frau und den Kindern sein? Dann fällt es dir wieder ein: Er hat sich ein Upgrade gegönnt, seine Frau und die Kinder vor zwei Jahren verlassen, um es mit einer zwanzigjährigen Tänzerin zu treiben, die er bei der Aufnahme irgendeiner grenzdebilen Samstagmorgen-Kindershow kennengelernt hat. Sie wiederum hat ihn sechs Monate später für einen Fotoassistenten sitzen gelassen. Sein Upgrade hat sich ein Upgrade gegönnt.
    Dunn hebt gerade sein Glas, um einen Toast auszusprechen – etwas, was sich nur die ernsthaft Selbstmordgefährdeten unter uns erlauben. »Auf die Jungs!«, brüllt er.
    Waters stößt zu uns. Wie der Vollidiot seine Plastiksektflöte gegen Dunns klackern lässt, ist mitleiderregend. Leamington von der Virgin löst sich aus der Menge und schlängelt sich zu mir herüber.
    »Oi oi«, sagt er.
    »Alles klar, Alter? Gleich zwei Awards für diese Kühe?«, sage ich und nicke durch den Raum Richtung Mel B. »Du lachst dir doch einen Ast, oder? Die müssen ja denken, es wäre Scheiß-Weihnachten.«
    »Nö, du, ich glaub, Geri hat sich sogar verdrückt, um zu heulen.«
    »Ach, fick sie. Meinen Glückwunsch hast du.«
    »Hat nichts mit mir zu tun, Alter«, sagt er achselzuckend, »aber Prost.« Wir schlagen unsere Longdrinks aneinander. »Was anderes«, sagt Leamington, »ist es richtig, was mir über deinen alten Freund und Kupferstecher Rage zu Ohren gekommen ist?«
    »Was ist dir denn so zu Ohren gekommen?«
    »Dass er einen auf Colonel Kurtz macht. Er soll den Fluss hoch sein, ins Herz der Dunkelheit. Total von der Rolle und voll auf Koks, seit Monaten im Studio ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt.«
    »Was weiß ich. Schneiders Problem.«
    »Wann muss die Platte fertig sein?«
    »Seit drei Monaten.«
    »Du könntest für Schneider den Hiobsboten spielen.«
    »Mmmm«, sage ich. Während wir so trinken, tratschen und lästern, sehe ich rüber zu dem seit Kurzem wieder nüchternen und drogenfreien Robbie Williams, der ein paar Meter weiter an einem Tisch sitzt. Er fummelt am Etikett einer Mineralwasserflasche rum, raucht beidhändig und nickt zustimmend, während irgendjemand, den ich nicht kenne, irgendein Manager oder Anwalt, ihm etwas erklärt. Williams dreht sich periodisch von ihm weg, um mit starrem Blick – einem Blick, den ich ganz genau kenne – auf das glitzernde Hinterteil der neben ihm stehenden Schlampe zu glotzen. Armes Schwein, das ist vermutlich alles, was ihm noch geblieben ist. Das Vögeln. Stell dir das mal vor. Du bist noch nicht mal dreißig und darfst gar nichts mehr. Kein Näschen, keine Pillen, keine kühlen Biere, keinen wärmenden Jack oder Rémy. Du sitzt nur noch herum, komplett nüchtern in deiner Fick-Villa, von Kopf bis Fuß herausgeputzt, ausstaffiert mit all der Pracht, für die du den ganzen Vormittag im Schlepptau deines Stylisten auf der New Bond Street verbracht hast. Du hast gerade zum zigsten Mal aufgegeben, ein Buch zu lesen, weil es einfach zu anstrengend ist. Du schaltest wieder Sky Sports an oder nötigst irgendeinen Höfling, mit dir Fruchtsaft zu trinken oder Karten zu spielen, und denkst: Noch

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