Kill your friends
britische Bereitschaftspolizei erfüllt.
Ich blicke zu Waters auf. »Was?«
»Was?«
»Was gefällt dir an dem Bild?«
»Es ist … du weißt schon. Es hat eine Botschaft.«
»Was denn für eine verfickte Botschaft?«
Er sülzt mir das Ohr mit irgendwelchem Anti-Establishment-Scheiß voll, während ich dasitze und immer wütender werde. Um mich zu beruhigen, versuche ich mich an sämtliche Worte, die ich für Kokain kenne, zu erinnern: Chang, Nasengold, weißes Gold, weiße Lady, Koks, Coca, Coke, Schnee, Charlie, Puder, Moca, Perico, Türkenzucker, Nervenzucker, Cocorado, Zaubermehl, Fickpulver, Zombiepulver, peruanisches Marschpulver, Nuttendiesel, Sternenstaub, Junior (Crack nennt man Senior), Bolivianer, Pablo Escobar. Aber es funktioniert nicht.
»Ach, scheiß drauf. Du weißt doch, was ich meine«, sagt Waters eingeschnappt. »Wie auch immer …« Er versucht das Thema zu wechseln.
»Entschuldige mich«, sage ich und verlasse den Raum.
Schwer zu sagen, was der Auslöser war: seine Anschauung bezüglich des Prodigy-Covers oder die Tatsache, dass dieser jämmerliche Sperma-Sklave Derek diesen Typen als A&R-Chef mir vorgezogen hat. Oder dass Waters nicht einmal wusste, dass Paul Weller in allererster Linie als Songwriter bekannt ist. Versteht mich bitte nicht falsch, ich gebe keinen stinkenden Scheißhaufen auf The Prodigy, auf Paul Weller oder seine Musik – auch wenn es zweifellos beeindruckend war, dass es Go! Discs gelungen ist, diese versteinerte Mod-Fratze wiederzubeleben und eine Million verkaufte Alben aus ihr herauszupressen. Es ist bloß … wie demütigend diese Situation war. Es hat mich kalt erwischt. Keiner von uns weiß wirklich genau, was er tut. So viel ist sicher. Aber Waters … Waters hat wirklich von nichts eine Ahnung. Und jetzt ist er mein Boss. Für eine Sekunde verspüre ich beinahe so etwas wie Trauer. Ein Gefühl des Verlustes, das sich auf Schneider bezieht.
Ich gehe in die Küche. In der Ecke neben dem Kühlschrank steht immer noch der metallicblaue Baseballschläger.
Sicherheit für Heim und Haus.
Ich komme zurück ins Wohnzimmer. Er sitzt mit dem Rücken zu mir auf dem Boden und legt, über den niedrigen Couchtisch gebeugt, schon wieder neue Lines. Ich blicke auf meine Uhr. Es ist beinahe sechs Uhr morgens. Eine Dance-Compilation dudelt leise vor sich hin. Waters brabbelt immer noch Kauderwelsch. Mit wem redet er? Mit mir? Dem schlafenden Hund? Der Wand? Wer weiß.
Ich trete hinter ihn. Ich hebe den Schläger und schwinge ihn so weit über meinen Kopf, dass ich zu spüren glaube, wie er die Hacke meines rechten Schuhs berührt. Er vibriert vor Kraft, als ich ihn herabsausen lasse. Ich kann hören, wie er die Luft verdrängt. Waters sagt das Wort »Crossover«. Das Geräusch des Aufschlags.
***
Eigentlich hatte ich eine Art nachgebendes Krachen erwartet, wenn seine Schädeldecke bricht und er vornüberstürzt. Gute Nacht, John Boy. Aber nein. Da ist ein lautes und deutliches »Klock« – als würde man auf ein sehr hartes Stück Holz schlagen –, und Waters heult auf der Stelle vor Schmerz auf, greift nach seinem Kopf, versucht torkelnd auf die Beine zu kommen und wirft lärmend Gläser und Aschenbecher auf den polierten Holzboden. Der Bastard von einem Hund erwacht plötzlich zum Leben und beginnt zu kläffen und zu knurren. Zitternd vor Fassungslosigkeit brauche ich ein oder zwei Sekunden, um den Schläger wieder zu heben. In der Zwischenzeit ist er schon wieder halb aufgestanden und kniet vor mir. Ich schlage erneut zu. Dieses Mal rutscht der Schläger von seiner bereits blutverschmierten Stirn ab und befördert ihn taumelnd in die Mitte des Raums. Er blickt auf, mir genau in die Augen. Dann betrachtet er seine zitternden, blutüberströmten Hände. Der Ausdruck auf seinem Gesicht: Er wirkt verwirrt, entsetzt. So als würde man, im festen Glauben, man hätte einen guten Monat gehabt, seinen Kontoauszug ziehen und die Minusbeträge bis zu der eigentlich undenkbaren Zahl ganz unten verfolgen, die mit einem kleinen Minus versehen ist. Der Hund kläfft sich den Arsch ab und dreht völlig am Rad.
Für einen Moment glaube ich, Waters will mich angreifen. Er ist ein kräftiger Kerl. Dann erwischt ihn die Schockwelle, die Wucht des Schlags. Seine Augen beginnen zu vibrieren, seine Beine zappeln spastisch und knicken ein. Er fällt auf die Knie und gibt einen schauderhaften »Ohhh …arrr«-Laut von sich. Das Blut strömt jetzt sein Gesicht herunter. Im sanften Licht
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