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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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checken«, sage ich. Draußen ist es um die dreißig Grad, aber wir haben sämtliche Fenster dichtgemacht und die Klimaanlage voll aufgedreht. Ich greife hinter den Vorhang und öffne ein Fenster. Zehn Etagen tiefer hört man den Lärm der Messebesucher, deren Plappern nur von einigen Typen übertönt wird, die geräuschvoll in den Pool springen.
    Ich schreite durch den Raum, lasse die Arme baumeln und lockere meine Beine, während ich mein Kinn fest in meine Brust drücke. Ich bin mehr als nur voll drauf – ich bin pure Elektrizität.
    »Ich glaube, wenn ich ein paar Pillen hätte, könnte ich ausgehen«, sagt jemand.
    »Das ist zumindest nicht völlig hirnverbrannt«, antwortet jemand anders.
    »Fatboy Slim, heute Abend«, sagt wieder jemand anders.
    »Roni Size.«
    »Wo?«
    »Im Cameo Theater?«
    »Scheiß drauf.«
    »Wir müssen heute ausgehen.«
    »Size im Cameo?«
    »Vielleicht sollten wir ein paar Nutten mitnehmen.«
    »Kein Fatboy.«
    »Er ist im Delano.«
    »Oder einfach Stripperinnen.«
    »Meinst du, wo er wohnt, oder wo er auflegt?«
    »Hä?«
    Irgendwo über Irland ging es mit der Kokserei los. Als wir landeten, kontaktierte uns dieser Dealer, nachdem wir zehn Stunden lang durchgehend die Virgin Upper Class Bar geplündert hatten. Wir nahmen uns eine Stretchlimo und koksten auf der Fahrt in die Stadt weiter. Ich kenne beileibe nicht jeden, der dabei ist. Da ist ein Typ von irgendeinem Indie (XL? Mo Wax? Rising High?), ein Verlagsbürschchen (Warner Chappell? BMG?) und ein paar britische Pseudo-Auswanderer, Drogendealertypen und entfernte Bekannte, die sich uns auf eigene Faust angeschlossen haben. Darren hat seit fünf oder sechs Stunden kein Wort gesagt. Er sitzt nur noch da und schaukelt vor sich hin. Irgendwann habe ich einen Versuch unternommen, die Treppe runterzugehen und mich für die Messe zu akkreditieren. Ich wollte meinen Besucherpass abholen, damit ich den Showcases und Podiumsdiskussionen beiwohnen kann (Diskussionen, bei denen vom Koks- und Pillenkonsum lobotomisierte Idioten zu wichtigen Themen wie »Bedeuten die Großraumdiscos das Ende der Clubkultur?« und »Wie wird Internet-DJing die Ökonomie ehemaliger Ostblockstaaten beeinflussen?« Stellung beziehen). Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und am anderen Ende der Lobby konnte ich eine Gruppe der britischen Abordnung erkennen: Dave Beer, Kris Needs und diese Typen. Ich erkannte einen stocknüchternen, geschäftigen Parker-Hall auf dem Weg zur Rezeption. Also drückte ich gleich wieder auf den Knopf für den vierten Stock und rannte zurück in das verfickte Zimmer. »Ihr könnt da nicht runter«, gab ich bekannt. Das war, glaube ich, irgendwann gestern Nachmittag. Die Welt außerhalb erscheint uns inzwischen völlig abstrakt. Wie ein Traum, den man als Kind gehabt hat. Einige wenige verschwommene Bilder, nicht mehr nachvollziehbar. Was bleibt, ist das vage Gefühl eines unschönen Nachgeschmacks.
    »Ritchie Hawtin«, sagt jemand.
    »Dimitri from Paris.«
    »Hol mal die Gelben Seiten.«
    »Der verzapft seinen Dünnschiss im Centro Fly.«
    »Mehr Koks.«
    »Peanut Butter Wolf.«
    »Todd Terry.«
    »Carl Cox.«
    »Basement Jaxx.«
    Ich glaube, irgendjemand weint.
    »Grooverider«
    »Eine Kiste verfickten Cristal.«
    »Vielleicht Sushi.«
    »Ritchie Hawtin.«
    »Wir haben sie in beide Enden gleichzeitig gefickt.«
    »Propellerheads.«
    Jemand klopft heftig an die Tür. Bullenmäßig.
    »Oh, Scheiße.«
    »Verdammte Scheiße.«
    »Wer ist da? Wer ist das?«, fragt jemand im Flüsterton.
    »Das ist der Room-Service, du Kasper«, sagt Leamington, während er zur Tür geht. Er scheint, auch wenn es unglaublich ist, die einzige Person zu sein, die sich hier noch unter Kontrolle hat.
    »Scheiß drauf. Du verarschst uns doch«, sage ich.
    Drei oder vier von uns flüchten über die Möbel. Während wir uns ins Badezimmer drängeln, schubsen wir uns gegenseitig weg. Wir verrammeln die Tür und kauern uns im fahlen Kunstlicht auf den Boden.
    »Oh Gott, oh Gott, oh Gott …«, sagt jemand.
    »Es ist in Ordnung, alles wird gut«, sagt jemand anders besänftigend.
    »Bist du zum ersten Mal in Miami?«, flüstert mir irgendein Kerl zu. Ich schüttele den Kopf. Ich drehe völlig am Rad, begreife aber gerade noch, dass dies keine ernsthafte Option sein kann, sein Leben zu fristen.
    Eine lange Zeit verstreicht. Man hört das Herz eines jeden schlagen. Der Wasserhahn tropft.
    Es klopft an der Tür, Leamingtons Stimme, die Entwarnung. Wir öffnen die Tür

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