Kill your friends
Bistrotischen, zerquasseln, kommentieren und sezieren sie jeden Scheiß, den wir in ihrer Gegenwart tun. Wenn man die Floskel »Und dann sagte er« aus ihrem Wortschatz streichen würde, wüsste keine dieser dämlichen Kühe mehr, wie sie ein Gespräch anfangen sollte.
Und am Ende des Tages – das garantiere ich – gehen die, die einen Freund haben, schließlich nach Hause, wo sich ein armes Schwein den ganzen Mist noch einmal anhören muss, inklusive aller Verfeinerungen und Ausschmückungen, die sie sich in der U-Bahn zusammenfantasiert haben. Dass sie auch noch glauben, es würde sich tatsächlich jemand für ihren jämmerlichen Tagesablauf interessieren, ist die reinste, beschissene Arroganz.
Es ist zum Verzweifeln. Wenn sie meint, niemand würde uns bemerken, kommt sie in mein Büro und gibt mir ein Küsschen auf die Wange. Positiv ist allenfalls, dass ich sie ein-, zweimal drüben in der Wohnung rangenommen habe. Immer nachts, wenn wir beide völlig drauf waren. Wie die meisten geisteskranken Frauen fickt sie wie eine Göttin.
Es macht das Gerücht die Runde, dass Derek die Firma verlassen wird, um ins Managementfach zu wechseln. So, wie es bisher aussah, wäre Trellick intern der einzige ernst zu nehmende Kandidat für seine Nachfolge. Was mir ausgesprochen entgegenkäme. Aber so, wie die Dinge sich entwickeln, bekommt jetzt stattdessen Parker-Hall den Job angeboten. Ein Albtraum jenseits aller Vorstellungskraft. Leitender Geschäftsführer mit dreißig? Könnte das wirklich passieren?
Wie in Dreiteufelsnamen soll ich Woodham einen Verlagsdeal besorgen? Weiß er wirklich etwas über Waters? Was hat er vor?
Von all diesem Scheiß ist das Songbirds-Problem das dringlichste. Der Dex & Del Mar-Remix liegt uns inzwischen vor und es wird Zeit, ihn »an die Clubs rauszugeben«. Aber taugt er überhaupt was? Ich habe nicht den leisesten Schimmer. Ich sollte es wohl wissen, nehme ich an. Man bezahlt mich immerhin dafür, diese Dinge zu wissen. Aber ich bin müde. Es ist dermaßen ermüdend, immerzu alles wissen zu müssen. Ständig wird von einem erwartet, dass man auf sein »Bauchgefühl« hört. »Hör einfach auf dein ›Bauchgefühl‹«, sagen sie zu dir. Aber ich weiß es nicht. Alles, was ich von meinem Bauch höre, ist ein unbestimmtes Rumpeln, das mir sagt, ich sollte mehr Geld verdienen, mehr und hübschere Tussen vögeln, in besseren Restaurants essen und mehr Respekt von Dumpfbacken wie Dunn entgegengebracht bekommen.
Dunn. Der Spasti sprühte geradezu vor guter Laune, als er mir mitteilte, dass die Songbirds es nicht auf die Playlist geschafft haben. Wie jeder andere in der Firma ist er in Parker-Hall verknallt und glaubt, die Lazies würden die nächsten Led Zeppelin werden.
Er wird bezahlen. Sie werden alle bezahlen.
***
Wie gewünscht, ruft mich Ross sofort an, als er die Midweeks reinbekommen hat. »Sitzt du?«, fragt er. Scheiße, das sieht übel aus. »Drei«, sagt er geradeheraus. Ich denke nicht, dass ich ihn richtig verstanden habe. »Dreißig?«, sage ich hoffnungsvoll. »Drei«, wiederholt er, »sie sind auf Platz drei.« Benommen lege ich auf. Die Midweek-Charts-Prognose für die Lazies-Single lautet: »Nummer 3«. Ein gigantischer Erfolg für Parker-Hall und ein Desaster für mich. Okay, jede Top-Ten-Platzierung wäre ein Desaster für mich gewesen, aber das … Es ist grauenerregend, ein leibhaftiger Albtraum, aus dem ich schnellstmöglich erwachen möge. Mir bleiben nur zwei ernstzunehmende Optionen: 1. Mich aus dem Büro schleichen, den Rest der Woche mit einer mysteriösen Krankheit im Bett verbringen und warten, bis sich alles etwas beruhigt hat, oder 2. Mich auf der Stelle rüber in Parker-Halls Büro begeben und ihm gratulieren. Die Großmütigkeitskarte ausspielen.
Seine Tür steht offen. Ich atme tief durch, setze ein idiotisches Grinsen auf und stecke meinen Kopf in sein Zimmer. »Hey!«, sage ich. »Glückwunsch zum …« Derek und Dunn – widerliche, erfolgsgeile Trittbrettfahrer – sind bereits dort und mit ihm in ein Gespräch vertieft.
»Alles klar, danke, Alter«, sagt Parker-Hall und unterbricht kurz. »Könntest du uns bitte fünf Minuten geben? Vielen Dank.« Weder Derek noch Dunn sehen mich überhaupt an.
Ich wende mich ab, um zu gehen. »Entschuldige, Steven, warte einen Moment.« Ich drehe mich wieder um. Parker-Hall hält ein Blatt Papier hoch. »Hast du für die Clubpromotion der Songbirds-Single tatsächlich viereinhalb Riesen ausgegeben?«
Dunn
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