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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Village als Homebase zu dienen scheint. Beim Dinner mit den amerikanischen Kollegen schalte ich dann noch einen Gang hoch. Aufgefrischt durch mehrere Abstecher auf die Toilette, beginne ich, beidhändig Rotwein und Scotch zu kippen. Wann immer ich mich an die Bar begebe (häufig), um eine Zigarette zu rauchen, schiebe ich einen kurzen Tequila dazwischen. Ich esse nichts, obwohl sich um mich herum das Essen stapelt: scharf angebratene Foie Gras, Steak frites, ein Salat mit Spargel und Fenchel. Ein paar Plätze weiter hat Parker-Hall die Meeresfrüchteplatte bestellt: Krabben, Flusskrebse, Muscheln, Austern und Garnelen auf Eis türmen sich in zwei glitzernden Etagen vor ihm. »Machst du dich über mich lustig, du Arsch?«, denke ich, und für einen Moment wünsche ich mir, es wäre jemand hier, der die Rage-Anekdote zu schätzen wüsste – Trellick beispielsweise.
    Denn das Dinner ist zum Sterben langweilig. Parker-Hall sitzt zwischen Ashley Werner, Präsident unserer US-Mutterfirma, und Russ Koppel, dem Leiter der Promotionabteilung. Also demjenigen, der hier drüben deine Signings ins Radio boxt. Er ist eindeutig vom gleichen Schlag wie Dunn: Typ schmieriger Gameshow-Moderator. Neben mir sitzen ein paar amerikanische Junior-A&Rs und mir gegenüber eine Managerin in den Vierzigern, gut situiert, große Brille und seriös, sowie ein paar Tussen, die ich nicht so richtig zuordnen kann. Die Amis trinken ausnahmslos Wasser und essen Salat. Die Konversation besteht daraus, Werners und Koppels Monologen zu lauschen und darauf zu warten, dass man an der Reihe ist zu nicken. Sie sind durch die Bank Ellie-Crush-Fans und hofieren Parker-Hall, als wäre er der beschissene neue Ahmet Ertegun. Parker-Hall säuselt ihnen im Gegenzug einen davon vor, wie sehr er ihren Input zu schätzen weiß.
    Ich beuge mich über den Tisch zu dem hübschesten Mädchen vor – eine Blondine, Mitte zwanzig, Jeansjacke, kecke kleine Titten unter einem knappen Rolling-Stones-Vintage-T-Shirt – und flüstere: »Hey …«
    »Mmmm?«, sie reckt sich mir entgegen und lächelt unsicher.
    »Bock auf ’ne Erfrischung?«
    »Entschuldigung?«
    »Eine Erfrischung? Kleine Erfrischung gefällig?«
    »Ähm … was meinst du?«
    »Möchtest du dir die Nase pudern?«
    »Häh?«
    Heilige Scheiße. »Chang? Marschierpulver, Türkenzucker, Nuttendiesel?«
    Nichts.
    »Schnee?«
    »Meinst du etwa Koks?«, fragt sie, rümpft die Nase und sieht mich an, als hätte jemand gefurzt.
    »Ja, genau.«
    »Nein, danke.«
    »Ach, komm schon …«, sage ich neckisch.
    Sie schüttelt den Kopf und wendet sich wieder einem ihrer Bosse zu, der gerade über Madonna doziert.
    Scheißamis. Sie klettern vom Stepmaster, springen kurz bei Tofu-World rein, um sich ihr Frühstück zu holen, und sitzen pünktlich um acht Uhr morgens hinter ihren Schreibtischen. Es ist zum Kotzen. Fick dich doch, du lesbische Kuh, denke ich.
    Als der Nachtisch serviert wird, beginnt man, mir das Koks und den Schnaps anzusehen. Parker-Hall wirft mir einen stechenden Blick zu. Während ich über den Tisch greife, um einer Flasche Rio ja die letzten Tropfen abzuringen, klinke ich mich in das Gespräch der älteren Managertante ein. Sie spricht über irgendeine Schlampe, die sie betreut: Marianne Faithfull? Joni Mitchell? Kate Bush? Und darüber, wie schwer es doch heutzutage für diese alten Schabracken sei, die verdiente Aufmerksamkeit seitens der Presse oder des Radios zu bekommen. »Es ist etwas völlig anderes«, sagt sie, »wenn es um Clapton oder Rod Stewart geht, aber für die Frauen …« Sie schüttelt traurig ihren aufgebretzelten Schopf.
    »Tja«, sage ich nachdenklich, »für Frauen wird es nun mal härter, wenn sie älter werden.«
    Sie dreht sich zu mir, und mit meinem durch Schnaps und Koks geschärften Blick erkenne ich deutlich die Bügel ihrer Brille und die sauertöpfischen Züge ihrer Rockkritiker-Fratze.
    »Entschuldigen Sie?«, sagt sie, als hätte ich gerade gesagt: »Ich habe deiner Mutter ungeschmiert die Rosette gebügelt.«
    »Ach, komm«, sage ich an den ganzen Tisch gerichtet, »als Tussi älter zu werden, ist ohnehin hart genug. Aber für einen Popstar muss das doch der reinste Albtraum sein.«
    »Wie kommen Sie darauf?«, fragt sie, offensichtlich aufrichtig neugierig. Ein Großteil der Gesellschaft verfolgt inzwischen unser Gespräch. Aus dem Augenwinkel registriere ich, dass Parker-Hall zu mir herüberschaut. Sein Besteck verharrt über seiner Tarte. (Meine komplette Mahlzeit ist

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