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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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ich vornüber falle und einen lange, lange Zeit nicht enden wollenden Strahl brennender Brühe über den Boden und in die Toilette speie. Dann kollabiere ich schließlich auf dem angenehm kühlen Kachelboden. Ich starre in die saure, orange-braune Pfütze und erkenne einige Dinge wieder: ein Stück Kartoffel, Erbsen, ein Brocken von etwas, das Hähnchen sein könnte, an das ich mich aber nicht erinnere, es gegessen zu haben. Dann liege ich lange weinend auf dem Boden.
    Sehr viel später – draußen ist es bereits dunkel – sitze ich an dem kleinen Schreibtisch am Fenster meines Hotelzimmers und betreibe Multitasking. Ich trinke gleichzeitig Scotch aus der Flasche, lege eine weitere Line und gehe das Firmenverzeichnis der Music Week durch. Verlage. Ich suche nach Verlagen.
    ***
     
    Geld erzeugt mehr Geld. Wir alle wissen, dass Parker-Hall ein nutzloser Trottel von einem Möchtegern-Veranda-Affen ist. Aber da er gerade die coolste Band des Planeten unter Vertrag genommen hat und außerdem einen großen kommerziellen Hit mit einer beknackten Soul-Pop-Diva gelandet hat, ist es ihm gelungen, jedermann vorzugaukeln, er wäre hip. Also wollen ihn die Leute kennenlernen. Die Menschen hören zu, was er zu sagen hat. Auf unserem Weg vom Aufzug zum Bürgersteig sprechen sie ihn an. »Wie schätzt du die und die ein?«, fragen sie. Oder: »Ich hab gehört, du interessierst dich für …«, »Wie läuft’s mit dem Album?«, »Hi, ich habe dir ein Demo geschickt von …« Während er doziert, stehe ich nickend daneben.
    Was ist aus mir geworden? Ich bin Parker-Halls Laufbursche.
    Wir sind gerade durch die Drehtür, als wir in Derek reinlaufen. Ich sehe fertig aus, aber Derek sieht … absolut geisteskrank aus. Hitler-im-Bunker-geisteskrank. Er war eindeutig nicht im Bett.
    »Anthony! Steven!«, kläfft er. »Kommt mit.«
    Es geht im Aufzug zurück nach oben. Dann folgen wir ihm in seine Suite. Klein-Stan, einer unserer Junior Scouts, ist schon da. Er sitzt an einem Couchtisch in der Lounge. Vor ihm türmt sich ein gigantischer Haufen klumpigen Kokains auf, das er gerade zu feinem Puder zerhackt. Als wir eintreten, blickt er auf. In seinem Blick erkenne ich die nackte Angst. Er kann kaum sprechen, aber seine Augen betteln uns an, ihm zu helfen und ihn hier rauszuholen. »Stan!«, kläfft Derek. »Eine Line für Steven und Anthony.« Stan, angekettet in Dereks irrer Koksfabrik, beginnt auf der Stelle, zwei fette Linien für uns vorzubereiten. »Also«, sagt Derek, setzt sich und bedeutet uns, es ihm gleichzutun, als wäre alles völlig normal, »wie sieht unsere Strategie für diese Woche aus?« Zum ersten Mal seit er bei unserer Firma angefangen hat, scheint Parker-Hall in die Abgründe von Dereks Charakter zu blicken und das wahre Ausmaß seines Wahnsinns zu begreifen. Ich glaube, bis zu diesem Augenblick war er der Überzeugung, die Geschichten über Derek wären nichts als verrückte Fiktion. Aber hier sitzt er, der leibhaftige Tod, das Oberstübchen vom Koks demoliert, und fragt uns allen Ernstes, wie unsere Strategie aussieht.
    Parker-Hall murmelt eine Antwort, irgendeinen gestammelten Blödsinn über »A&R-Kultur«, während Derek nickt und eine 50-Pfund-Note zusammenrollt. Er reicht sie zuerst Stan, der sich über das Puder beugt und dann abrupt innehält. Er sieht zu Derek auf. Angst und Scham kollidieren auf seinem Gesicht, und er sagt: »Es tut mir leid, Derek. Ich kann nicht mehr.«
    Pause.
    Großmütig entlässt ihn Derek mit einem beiläufigen Wink seiner Hand. Während er den Schein an Parker-Hall weiterreicht, steht Stan auf und fragt Derek ängstlich: »Hast du einen Fön?« Stans Haar ist völlig trocken.
    Derek, nun offensichtlich selbst einigermaßen verwirrt, sagt: »Im Bad.«
    Parker-Hall und ich teilen schnell eine der elefantenbeindicken Lines zwischen uns auf, erzählen Derek, wir kämen zu spät zu einem Gig, und hauen so schnell wie möglich aus dieser Hölle ab.
    Als wir gehen, hören wir das rauschende Gebläse des Föns durch die Badezimmertür.
    »Was hatte denn diese verfickte Scheiße zu bedeuten?«, sagt Parker-Hall, nachdem sich die Lifttüren geschlossen haben.
    »Um es mit den Doors auszudrücken: ›Weird scenes inside the goldmine‹«, sage ich.
    Wir verlassen das Hotel und gondeln durch die eiskalte Glasgower Nacht, steigen in und aus Taxis (die argwöhnischen schottischen Bastarde erwarten doch allen Ernstes, dass man zahlt, bevor man auf dem Bürgersteig steht) und sehen uns eine

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