killer country: thriller (German Edition)
kennengelernt, deren Mitglieder wegen verschiedener Bombenanschläge und Hinrichtungen im Gefängnis saßen. Sheemina February war niemand, den er im Nacken haben wollte. So wie das Ganze lief, durfte er auf keinen Fall Spuren hinterlassen. Musste Obed etwas Freiraum geben. Er hörte ihn sagen: »Sie ist bei Ihnen? Lindiwe? Hört sie zu?« Der Gefangene hatte dem Fenster den Rücken zugewandt und beobachtete den Commander. Er wirkte finster. »Gut, gut. Ich rufe sie später an. Zuerst vereinbaren wir ein Treffen mit den Smits. Für morgen Nachmittag. Bei ihnen zu Hause. Oder wo auch immer es ihnen passt. Ja, warum nicht gleich auf dem Anwesen? Da kann ich mich entspannen, ein paar Bier trinken.« Er lachte. Blickte zum Commander hinüber und lachte. Dem Commander gefiel diese Haltung ganz und gar nicht.
Obed Chocho legte auf. »Kennen Sie sie?«
»Wir sind uns begegnet.«
»Die Lady ist ganz prima. Wenn sie schon früher meine Anwältin gewesen wäre, hätte es vielleicht gar keinen Prozess gegeben.« Obed ließ sich auf die Couch sinken. »Wie lange hab ich?«
»Von vierzehn bis siebzehn Uhr.«
»Können Sie es achtzehn Uhr machen?«
Der Commander zögerte. »Da ist die Frage des Alkohols. Gefangene dürfen beim Freigang keinen Alkohol trinken.«
Obed Chocho sah ihn unverwandt an. »Und wie wär’s, wenn Sheemina February das Ding mit Ihnen vergessen würde?«
Der Mann zuckte mit den Achseln.
»Immer schön locker, Brother«, sagte Chocho und streckte sich. »Ich werde nicht betrunken sein. Keiner wird merken, ob ich nun drei oder vier Stunden weg bin. Nur Sie.« Er lächelte, stand auf, trat zum Commander und legte eine Hand auf dessen Schulter. Beide Männer waren etwa gleich groß und hatten eine ähnliche Statur. Der einzige Unterschied war Chochos kahler Kopf, der die zwei Fettpolster an seinem Nacken deutlich zur Geltung brachte. Als ob sein Kopf auf ihnen ruhen würde. Er drückte dem Commander die Schulter. »Alles wird ganz prima. Sie werden sehen.«
Der Commander schüttelte die Hand ab und ging zur Tür. »Ich bin mir sicher, dass Sie ein paar Anrufe machen wollen.«
»Stimmt genau, Brother«, erwiderte Obed Chocho. »Das Leben geht schließlich weiter, auch wenn man im Gefängnis sitzt.«
9
Sie hatte die Waffe der Wärterin. Die fette lesbische Schlampe hatte ihr die Pistole gegeben, als sie die geschärfte Speiche sah. Sie hätte sie am liebsten in sie hineingerammt. In diesen dicken Bauch, um zu testen, ob er wie ein Ballon platzen würde. Aber die Lesbenschlampe hatte klein beigegeben. Hatte sie in die Nacht davonlaufen lassen.
Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. Überall herrschte tiefe Dunkelheit. Nirgends auch nur die Andeutung eines Lichts. Sie rannte, stürzte, stand wieder auf, rannte weiter. Sie stolperte über Gestrüpp, das ihre Hände blutig schrammte und an ihrer Gefängniskleidung riss. Niemand schien ihr zu folgen, jedenfalls hörte sie nichts. Vermutlich würden sie die Suche erst bei Tagesanbruch beginnen. Als die Sonne aufging, entdeckte sie ein verfallenes Haus. Eine Art von Bleibe.
Stundenlang saß sie auf der Schwelle der Tür und beobachtete die Umgebung. Sie hatte Durst. Sie hatte auch Hunger, aber der Durst brannte besonders unangenehm in ihrer Kehle. Plötzlich hörte sie einen Transporter. Eine ganze Weile war er nicht zu sehen, dann blitzte sein Metall in der Sonne auf. Das Auto kam direkt auf sie zu, als ob der Fahrer wüsste, wo sie sich versteckte.
Es war sinnlos wegzulaufen. Alles, was sich in dieser Ebene bewegte, war über Kilometer hinweg zu sehen. Also verbarg sie sich tiefer in dem verfallenen Haus und wartete.
Der Transporter hielt an, der Motor wurde ausgeschaltet. Sie stellte sich vor, wie die Insassen die Umgebung sondierten – die fette Lesbenschlampe und der andere Wärter. Die Türen des Transporters wurden geöffnet und dann laut zugeschlagen. Der Mann rief ihren Namen durch ein Megafon. »Vittoria! Vittoria!«
Leck mich, murmelte sie.
Sie hörte ihre Stimmen. Leise.
Die Lesbenschlampe war als Nächste an der Reihe. » Meisie! Komm raus, Vittoria! Hör auf mit diesem Quatsch.«
Meisie ? Warum gefiel ihnen dieses Wort nur so gut? Es hatte etwas so Herablassendes.
»Jetzt komm schon!«
Komm schon, Meisie . Sie rührte sich nicht.
Vermutlich standen sie direkt vor dem Haus. Danach klang es zumindest. Sie hörte den Wärter sagen: »Hier ist sie nicht.« Die Lesbenschlampe erwiderte: »Wo soll sie sonst sein?«
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