Killer im Kopf
Nachschlüssel für diese Tür, denn er hatte Zeit genug gehabt, ihn anfertigen zu lassen. Er hatte eigentlich völlig normal das Haus betreten wollen, was ihm nicht gelungen war, denn einiges war doch anders gelaufen.
Sehr vorsichtig schob er den flachen Schlüssel in das Schloß und drehte ihn.
Es klappte.
Alles klappte, was er ausbaldowert hatte. So war es schon immer gewesen, und das Nicken zeigte ihm an, wie sehr er zufrieden war.
»Sheila«, flüsterte er, »du kannst dich verstecken, wo du willst. Es wird dir nichts bringen. Ich bin zu gut. Ich finde dich überall, und ich werde dich sogar riechen können.«
Er verstummte und schob die Tür auf. Jetzt war er endgültig da!
***
Sheila wußte nichts, gar nichts. War John tot? War er getötet worden, oder war es ihm im letzten Augenblick noch gelungen zu fliehen? Alles drehte sich in ihrem Kopf. Diese verfluchte Ungewißheit zermürbte sie immer mehr.
Sie fragte sich, wann der Punkt bei ihr erreicht war, wo es nicht mehr weiterging. Lange dauerte es nicht mehr, denn sie stand dicht davor, und sie mußte auch selbst etwas tun, weil John nicht mehr in der Lage war.
Ihr Blick fiel auf das Telefon. Ein tragbares, das hochkant in dem Aufladegerät steckte. War es die Rettung? Die Notrufnummer der Polizei. Kein Problem, sie zu wählen, doch lohnte es sich? Reichte die Zeit aus? Auch wenn sie den Notruf wählte, würde es dauern, bis die Beamten am Haus waren, und ob sie Sheila retten konnten, war fraglich.
Suko anrufen?
Das wäre eine Möglichkeit gewesen. Nur dauerte es bei ihm ebenfalls lange, bis er hier eintraf, das alles kam ihr überhaupt nicht zupaß, und sie überlegte, wie sie aus dieser Lage herauskam. Aus eigenen Kräften!
Sie hatte sich schon einmal diesem Ray Riotta gestellt und sich von ihm nicht ins Bockshorn jagen lassen. Da war sie die Gewinnerin gewesen.
Warum sollte sie es heute nicht sein?
Sheila Conolly hatte bereits bewiesen, daß sie kämpfen konnte. Sie war im Laufe der Jahre stark geworden, und es war ihr gelungen, ihre Angst abzuschütteln. Hier ging es nicht um andere Menschen, hier hing es um sie und ihre Familie.
Sie mußte wieder einmal über ihren eigenen Schatten springen.
Noch immer stand sie im Flur, die Haustür im Blickfeld. Sie glaubte auch, Tritte zu hören, die sich der Tür näherten und dann verstummten.
Er hat einen Schlüssel! Schoß es ihr durch den Kopf. Verdammt noch mal, er hat einen Schlüssel!
Sheilas Kehle verengte sich. Das Herz schlug noch schneller. Sie schwitzte, und sie bewegte sich von der Tür weg, um dem Killer bei seinem möglichen Eintreten nicht direkt gegenüberzustehen.
Sie würde schießen.
Wenn er kam, würde sie ihn mit einer Kugel empfangen!
Sheila Conolly hatte Angst. Jeder Mensch hat Angst, das ist ganz natürlich. Aber im Gegensatz zu vielen anderen hatte sie es geschafft, mit dieser Angst umzugehen. Sie akzeptierte sie und ließ sie als Begleiterin neben sich herlaufen.
Ja, es war gut, wenn man sich darauf eingestellt hatte. Sheila schlich in den anderen Teil des Hauses. Dort lagen mehrere Zimmer, unter anderem das Arbeitszimmer ihres Mannes. Aber so weit wollte sie nicht gehen, sie mußte die Haustür weiterhin im Auge behalten, denn den Weg würde er nehmen.
Das Licht war nicht sehr hell. Kein gutes Büchsenlicht, wie man so schön sagt, aber es mußte ausreichen, und Sheila sah, wie die Tür aufgedrückt wurde.
Er kam.
Er hatte also doch einen Schlüssel!
Ruhig, ruhig! Das hämmerte sie sich ein. Die Waffe hielt sie mit beiden Händen fest. Nur keinen Fehlschuß, denn dann war sie verloren. Sie mußte treffen, tödlich treffen, und sie konnte sich auch vorstellen, daß Riotta mit einer Gegenwehr rechnete.
Die Tür bekam einen Stoß.
Sie schwang nach innen.
Kam er?
Ja, er huschte hinein, er war schnell, zu schnell eigentlich, um ihn genau zu erwischen. Sheila feuerte trotzdem!
Überlaut hörte sie den Schuß in ihren Ohren gellen. Sie sah, wie sich der Mann duckte, wie er sich ganz klein machte, wie er plötzlich zuckte – und starr liegenblieb. Mit einer letzten Bewegung schaffte er es noch, die Tür wieder ins Schloß zu stoßen. Für Sheila hörte es sich an, als wäre ein Sargdeckel zugeklappt…
Klar, Glenda und ich hätten gern miteinander gesprochen, dazu kam es jedoch nicht mehr.
Beide hatten wir uns wieder zurückgezogen und standen an der Rückseite des Bungalows. Dort gab es auch mehrere Fenster. Johnnys Zimmer befand sich dort, und ich war jetzt
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