Killeralgen
von den Schultern riss. Die Pistole fiel klirrend auf den Boden, und Emil sackte neben seinem Faktotum zu einem jämmerlichen Haufen zusammen. Austin half Skye beim Aufstehen. Sie betastete mit einer Hand ihren malträtierten Hals und hatte Mühe zu atmen.
Austin versicherte sich erst, dass es ihr besser ging, dann beugte er sich über den teiggesichtigen Mann.
»Sieht so aus, als wäre Sebastian der Wein zu Kopfe gestiegen.«
»Emil sagte doch, der Wein sei vergiftet. Wie …«
»Ich habe ihn am Kinn herablaufen lassen. Wein, der so alt ist, schmeckt meistens nur noch nach Essig.«
Austin packte Emil an den Füßen und zerrte ihn in die Wandnische. Dann legte er ein Ende der Handfessel um Emils Handgelenk, und das andere befestigte er an einem Eisenring, der in die Wand eingemauert war. Während er die Narrenkappe abnahm und über Fauchards Augen zog, sagte er: »Um der Liebe Gottes willen, Montresor.«
Austin nahm die Fackel aus ihrer Halterung und ging voraus durch den Tunnel. Trotz seiner gespielten Trunkenheit hatte er versucht, sich jeden Meter des Weges einzuprägen, den sie zurückgelegt hatten. Es dauerte nicht lange, und sie befanden sich wieder in den Verliesen und standen vor Cavendishs Körper. Die Ratten hatten bei ihrem Näherkommen die Flucht ergriffen. Das Gesicht des Engländers war zu einer Maske des Grauens erstarrt.
Austin legte einen Finger an Cavendishs Hals, doch er spürte keinen Puls. »Er ist tot.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Skye. »Ich sehe nirgendwo Blut.«
Austin strich mit dem Daumen über die Schneide der Klinge, die die Federn auf Cavendishs Brust berührte. »Zur Abwechslung hat Fauchard einmal die Wahrheit gesagt. Die Klinge ist aus Holz. Nur hat Emil versäumt, Cavendish einzuweihen. Ich glaube, unser Freund hat sich zu Tode geängstigt. Kommen Sie, es gibt nichts mehr, was wir für ihn tun können.«
Sie wanderten weiter zu einer steilen, engen gewundenen Treppe. Die Atmosphäre im Tunnel wurde weniger modrig, je höher sie stiegen, und bald wehte frische Luft in ihre Gesichter.
Sie gelangten zu einer Tür, die auf den Schlosshof führte, und folgten dem Gelächter zur Vorderseite des Schlosses, wo die Gäste unter dem offenen Fallgitter hindurchgeleitet wurden.
Langsam gehend und schwankend, als seien sie betrunken, holten Austin und Skye die anderen ein. Sie mischten sich unter die Gäste, schlenderten durch das Tor und wanderten dann über die gewölbte Steinbrücke. Wagen standen aufgereiht auf der runden Zufahrt, um die Gäste mitzunehmen, die einander überschwänglich eine gute Nacht wünschten. Bald waren alle Gäste abgefahren, nur Austin und Skye waren noch übrig. Ein weiterer Wagen fuhr vor. Es war Darnays Rolls-Royce. Der Fahrer musste angenommen haben, dass der Wagen einem der Gäste gehörte. Austin trat zur hinteren Tür und öffnete sie für Skye.
Er hörte jemanden etwas auf Französisch rufen und wandte sich um. Marcel rannte über die Brücke. Ein Diener, der in der Nähe gestanden hatte, hörte Marcels Befehl und schob sich zwischen Austin und den Wagen. Der Wächter griff in seine Smokingjacke, während Austin ihn mit einer kurzen Rechten in die Magengrube ausschaltete und dann Skye anbrüllte, sich auf den Rücksitz zu setzen. Er eilte zur anderen Seite des Wagens, riss die Tür auf, zerrte den Fahrer heraus, legte ihn mit einem gezielten Ellbogenstoß zum Kinn schlafen und glitt hinter das Lenkrad.
Er legte den Gang ein und trat aufs Gaspedal. Der Rolls startete durch, wobei seine Reifen einen Kieshagel hoch-schleuderten, und schlitterte um den Springbrunnen herum.
Austin gewahrte zu seiner Linken eine Bewegung. Jemand rannte auf den Wagen zu. Er riss das Lenkrad herum. Ein weiterer Wächter erschien im Licht der Scheinwerfer. Er hatte beide Hände um eine Pistole gelegt.
Austin ging hinter dem Armaturenbrett in Deckung und nagelte das Gaspedal aufs Bodenblech. Der Mann krachte auf die Motorhaube und dann gegen die Windschutzscheibe, ehe er zur Seite herunterrollte. Doch die Windschutzscheibe hatte sich durch den Kontakt mit dem Körper des Mannes in ein Spinnennetz aus winzigen Sprüngen und Rissen verwandelt.
Dann zerplatzte das Fenster auf der Beifahrerseite. Austin sah Mündungsfeuer vor sich und hörte ein Geräusch, als wäre ein Vorschlaghammer gegen den Kühlergrill geschmettert worden.
Er riss abermals das Lenkrad herum, spürte den Aufprall eines weiteren menschlichen Körpers und lenkte wieder gegen.
Ein Scheinwerfer
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