Killeralgen
Austins Miene. »Mein einziger Wunsch ist, Sie und Ihre Leute zur Hölle zu schicken, wo er schon auf Sie wartet.«
»Also haben Sie ihn tatsächlich getötet!« Madame Fauchard klatschte applaudierend in die Hände. »Gut gemacht, Monsieur Austin. Das hatte ich auch von Ihnen erwartet. Sie müssen gewusst haben, dass ich meinen Vorschlag nicht ernst gemeint habe. Eines habe ich im Laufe des Jahrhunderts gelernt, nämlich dass Menschen mit Gewissen stets eine Gefahr darstellen. Nun gut, Sie und Ihre Freunde wollten an meinem Kostümfest teilnehmen, dann sollen sie das auch. Dafür, dass Sie meinen Sohn aus dem Weg geschafft haben, werde ich Sie nicht sofort töten. Ich gestatte Ihnen, dem Beginn einer neuen Zeitrechnung auf dieser Erde beizuwohnen.« Sie griff in den Ausschnitt ihres Kleides und holte eine kleine bernsteinfarbene Glasampulle hervor, die sie hoch über ihren Kopf hielt. »Sehen Sie, das ist das Elixier des Lebens.«
Austin dachte an etwas anderes: MacLean. In seinen Augen blitzte ein Funke des Verstehens auf, als er sich die letzten Worte des Wissenschaftlers ins Gedächtnis rief. »Ihr wahnsinniger Plan wird niemals funktionieren«, sagte Austin ruhig.
Racine funkelte Austin wütend an, und ihre Lippen verzerrten sich geringschätzig. »Wer will mich aufhalten? Sie? Sie wagen es, sich mit Ihrem kleinen Geist gegen das Wissen von Jahrhunderten aufzulehnen?«
Sie öffnete die Ampulle, setzte sie an die Lippen und trank ihren Inhalt. Ihr Gesicht schien aufzuleuchten und eine helle Aura zu bilden. Austin betrachtete sie für einen kurzen Moment voller Faszination und war sich bewusst, dass er wahrscheinlich Zeuge eines Wunders war, doch er holte sich selbst schnell in die Wirklichkeit zurück. Racine bemerkte, wie er die Stoppuhrtaste seines Chronometers betätigte.
»Sie können Ihre Uhr auch gleich wegwerfen«, sagte sie spöttisch. »In meiner Welt hat Zeit keine Bedeutung mehr.«
»Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich Ihre Empfehlung nicht befolge. In meiner Welt ist Zeit immer noch von großer Bedeutung.«
Sie betrachtete Austin herablassend, dann winkte sie Marcel, der sofort herüberkam. Zusammen mit den anderen Gefangenen gingen sie zu der Tür, die in die Katakomben hinunterführte.
Während die massive Holztür aufschwang und Austin und die anderen mit gezogenen Waffen in die Tiefe getrieben wurden, schoss ihm die Warnung des französischen Piloten durch den Kopf.
Die Fauchards haben eine Vergangenheit.
Dann schaute er auf die Uhr und schickte ein stummes Gebet zu den Göttern, die über die Narren und die Abenteurer wachen, die häufig beides zugleich sind. Mit nur einem winzigen Quäntchen Glück gäbe es für diesen grässlichen Auswuchs einer Familie tatsächlich keine Zukunft mehr.
42
Racine nahm eine Fackel aus einer Wandhalterung und trat durch die Türöffnung. Die Freiheit ihrer neu gewonnenen Jugend auskostend, stieg sie graziös die Treppe zu den Katakomben hinunter. Ihre schulmädchenhafte Begeisterung stand in einem scharfen Kontrast zu der morbiden Umgebung mit ihren feuchtkalten, von Flechten und Moosen bedeckten Korridorwänden.
Hinter Racine kam Skye, gefolgt von Austin und einem Wächter, der ihn ständig im Auge behielt, dann Zavala und ein weiterer Wächter. Die Nachhut bildete Marcel, stets wachsam wie ein Viehtreiber, der nach verirrten Rindern Ausschau hält.
Die Prozession wanderte durch den Knochenkeller und die Verliese und stieg Treppen hinab, die noch tiefer in die Katakomben führten. Die Luft wurde modriger und ließ sich kaum noch atmen.
Ein enger, etwa dreißig Meter langer Korridor mit gewölbter Decke führte nach der letzten Treppenflucht zu einer Tür, die aus einer Steinplatte bestand. Zwei Wächter rollten die Tür zur Seite. Sie öffnete sich nahezu lautlos, als wären die Rollen sorgfältig geölt. Während die Gefangenen durch einen weiteren Korridor wanderten, dachte Austin über ihre Möglichkeiten nach und kam zu dem Ergebnis, dass sie keine hatten.
Zumindest nicht im Augenblick. Die Trouts waren instruiert worden, sich bereitzuhalten, bis er sich bei ihnen meldete.
Er hätte sich dafür, dass er von zu hohen Erwartungen ausgegangen war, in den Hintern treten können. Er hatte sich gründlich verrechnet. Racine war skrupellos, was sich darin zeigte, dass sie ihren Bruder hatte töten lassen. Aber er hätte sich niemals träumen lassen, dass ihr das Schicksal ihres Sohnes derart gleichgültig sein würde. Er blickte nach vorne zu
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