Killeralgen
und zog die Schultern hoch.
»Ist Ihnen kalt?«, fragte Austin. »Ich kann die Fenster schließen.«
»Mir geht es gut«, sagte sie. »Ich war nach der idyllischen Landschaft und den Weinbergen nicht auf diesen abrupten Wechsel vorbereitet. Dieser Wald ist … wie ein böses Omen.«
Austin warf einen Seitenblick auf das dichte Unterholz. Er sah jenseits der Baumreihen nur dunkle Schatten. Gelegentlich wichen die Bäume zurück und gaben den Blick auf einen Sumpf frei. Er schaltete die Scheinwerfer ein, doch sie verstärkten den düsteren Eindruck noch.
Dann veränderte sich die Szenerie. Die Straße wurde breiter und rechts und links von hohen Eichen begrenzt. Ihre Äste verzahnten sich hoch über ihren Köpfen und schufen einen langen Baumtunnel, der etwa eine Meile lang war, bis er abrupt endete. Die Straße begann anzusteigen.
»
Mon Dieu!
«, rief Skye aus, als sie den wuchtigen Granithaufen erblickte, der den niedrigen Hügel vor ihnen beherrschte.
Austin registrierte die konischen Türme und die hohen, mit Zinnen besetzten Mauern.
»Es scheint, als wären wir durch eine Zeitverschiebung im Transsylvanien des vierzehnten Jahrhunderts gelandet.«
Skye meinte mit andächtiger Stimme: »Es ist auf eine unheimliche Art und Weise großartig.«
Austin war von der Architektur des Schlosses weniger beeindruckt. »Das Gleiche hat man auch über das Schloss von Dracula gesagt.«
Er lenkte den Rolls auf eine mit weißem Kies bestreute Auffahrt, die einen Zierbrunnen umrundete; in dessen Mitte schlug eine Gruppe von Männern in Rüstungen verbissen aufeinander ein. Die Bronzegesichter der kämpfenden Krieger waren schmerzverzerrt.
»Wie nett«, sagte Austin.
»
Igitt!
Es ist absolut grotesk.«
Austin parkte den Rolls in der Nähe einer Brücke, die über einen breiten Graben führte. Ein sumpfiger Geruch stieg von der grünlich braunen Oberfläche des stehenden Wassers hoch. Sie überquerten die Brücke und danach die Zugbrücke und gelangten durch ein Tor auf einen weitläufigen gepflasterten Hof, der das Schloss umgab und das Gebäude von der Mauer trennte. Niemand erschien, um sie zu begrüßen, daher gingen sie über den Hof und stiegen zu einer Terrasse hinauf, die sich über die gesamte Front des Gebäudes erstreckte.
Austin legte eine Hand auf den massiven Türklopfer, der die mit Eisenbändern beschlagene Tür zierte. »Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?«
»Es ist das gleiche Adler-Emblem wie auf dem Helm und dem Flugzeug.«
Austin nickte zustimmend, hob den Türklopfer und ließ ihn zweimal fallen.
»Ich prophezeie, dass ein zahnloser Buckliger namens Igor die Tür öffnen wird«, sagte er.
»Wenn das geschieht, dann renne ich sofort zum Wagen zurück.«
»Wenn es geschieht, dann rate ich Ihnen, mir nicht im Weg zu stehen«, sagte Austin.
Der Mann, der beim Klang der Türglocke erschien, war weder zahnlos, noch besaß er einen Buckel. Er war hoch gewachsen und trug ein weißes Tennisdress. Er konnte um die vierzig oder fünfzig Jahre alt sein, obgleich sein Alter schwer zu schätzen war, da sein Gesicht faltenlos und er selbst so gut in Form war wie ein Profisportler.
»Sie müssen Mr. Austin sein«, sagte der Mann mit einem erfreuten Lächeln und streckte ihnen zur Begrüßung eine Hand entgegen.
»Das ist richtig. Und das ist meine Assistentin, Mademoiselle Bouchet.«
»Ich bin Emil Fauchard. Es freut mich, Sie kennen zu lernen.
Es war sehr nett, dass Sie den weiten Weg von Paris zurückgelegt haben. Meine Mutter wartet schon auf Ihr Erscheinen. Bitte kommen Sie hier entlang.«
Er führte seine Gäste in ein geräumiges Foyer und ging mit zügigem Tempo durch einen langen Korridor voraus. Auf den hohen Kuppeldecken waren mythologische Szenen zu sehen, an denen Nymphen, Satyrn und Zentauren in einer überirdisch anmutenden Waldlandschaft beteiligt waren. Während sie ihrem Führer folgten, beugte Skye sich zu Austins Ohr hinüber.
»So viel zu Ihrer Igor-Theorie.«
»Es war doch nur so eine Ahnung«, erklärte Austin mit ernster Miene.
Skye verdrehte die Augen. Es war die einzige angemessene Reaktion auf Austins Scherz.
Der Korridor schien kein Ende nehmen zu wollen. Auf der dunklen Holztäfelung hingen riesige Wandteppiche. Sie zeigten mittelalterliche Jagdszenen. Lebensgroße Figuren von Adligen und Landedelleuten verwandelten mit ihren Pfeilen arme Rehe und Wildschweine in wandelnde Nadelkissen.
Fauchard blieb vor einer Tür stehen, öffnete sie und lud sie dann mit einer
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