Killers: Roman (German Edition)
Furcht zweitrangig wurden. Sie war nicht der wahre Grund für seinen Hass, diejenige, die ihn vor Wut und Rage erbeben ließ.
Diese Emotion war für diejenige reserviert, die ihn hier im Krankenhaus hatte enden lassen. Für diejenige, die es geschafft hatte, seinen Körper zu ruinieren, indem sie ihn an seinen eigenen Wagen gekettet hatte. Für diejenige, die seiner über dreißig Jahre andauernden Karriere als Serienmörder ein Ende gesetzt und ihn direkt den Behörden ausgeliefert hatte.
Lucy.
Er musste nur an Lucy denken, und etwas Größeres als Angst breitete sich in Donaldson aus. Etwas, das Schmerz bei weitem übertraf. Er lechzte förmlich nach Rache. Der Gedanke, Lucy ganz für sich zu haben, ihr Sachen anzutun, die seine vergangen Verbrechen wie die eines Weicheis aussehen ließen, war derart verführerisch, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief.
Er erinnerte sich nur noch undeutlich an den letzten Augenblick mit ihr. Sie waren ineinander verschlungen, nachdem das Auto gegen einen Baum geprallt war. Das Blut klebte so dick an ihnen, dass sich der Staub, durch den sie vorher geschleift worden waren, in Schlamm verwandelte. Beine, Arme, kaputte Körper– ein Haufen von Fleisch und Kochen. Donaldson öffnete ein Auge und starrte sie an, sah, wie sich ihre Brust hob und senkte.
Er biss die Zähne, die ihm geblieben waren, zusammen und spürte, dass selbst diese lose waren.
Bitte, bitte, bitte. Ich will, dass sie noch lebt.
Er blickte auf die ihm gebliebene einsatzfähige Hand, sah den Knopf für die Morphiumpumpe und drückte.
Es linderte den Schmerz.
Es linderte die Furcht.
Es linderte keineswegs das Verlangen.
Donaldson schloss die Augen, schlief aber nicht. Stattdessen begann er, einen Plan zu schmieden.
Einen Plan, wie er hier verschwinden und Lucy finden könnte.
Zuerst musste er den beschissenen Bullen vor der Tür loswerden.
» Ich weiß, dass Sie nicht schlafen. Sie atmen nicht tief genug.«
Donaldson öffnete die Augen und starrte auf den Arzt, der neben seinem Bett stand. Der Mann war groß, hatte breite Schultern, und sein Gesicht war mit Lachfalten übersät. Er sah aus wie eine verdammte Ken-Puppe. Auf dem Namensschild an seinem Kittel stand: Lanz.
» Wo bin ich?«, wollte Donaldson wissen. Sein Rachen tat ihm weh. Noch immer wund vom vielen Schreien, als er hinter seinem eigenen Wagen hergeschleift wurde. Er konnte sich wegen der fehlenden Zähne kaum verständlich machen.
» Blessed Crucifixion Hospital. Man hat Sie in einer Schlucht gefunden und per Hubschrauber eingeflogen. Ich werde heute noch mit den ersten Hauttransplantationen bei Ihnen beginnen. Scheint allerdings nicht sehr sinnvoll zu sein, wenn man in Betracht zieht, dass Sie so oder so bald hingerichtet werden.«
» Ihr Benehmen lässt sehr zu wünschen übrig, Doc.«
Lanz holte eine Stablampe aus seiner Kitteltasche und riss Donaldsons rechtes Auge mit einer behandschuhten Hand unsanft auf. Der grelle Schein kam Donaldson wie ein Messer vor, mit dem man ihm direkt in den Augapfel stach. Nach wenigen Sekunden schaltete Lanz die Stablampe wieder aus und kritzelte etwas auf ein Notizbrett.
» War da ein Mädchen, das mit mir eingeliefert wurde?«, wollte Donaldson wissen. Er bemühte sich, so gut er konnte, um einen neutralen Tonfall.
» Ich darf mich mit Ihnen über nichts weiter unterhalten als über Ihre Verletzungen.«
» Sie machen mir nicht den Eindruck, als ob Sie sich einen Kehricht um die Befehle irgendeines Bullen scheren, Doc.«
Lanz schien zu überlegen. » Yeah, man hat sie eingeliefert.«
» Hat sie noch gelebt?«
» Könnte man so nennen.«
» Gibt es eine Chance, sie zu besuchen?«
Lanz lächelte Donaldson höhnisch an. » Freundchen, das Einzige, was Sie besuchen werden, sind Gericht und Kittchen– gefolgt vom Stuhl.«
Donaldson kniff die Augen zusammen. » Einen Arzt habe ich auch schon mal gehabt.«
» Wie bitte?«
» Ich habe ihn an einen Tisch gebunden…« Donaldsons Stimme war jetzt ein kaum hörbares Flüstern. » Dann nahm ich mir sein eigenes Skalpell, um ihn in Stücke zu schneiden. Hier und da etwas Haut. Dann ein Finger, ein Ohr. Seine Lippen. Sein Penis– in fünf Stücke. Ich musste Blutgerinnungsmittel benutzen, damit er mir nicht vor Ort verblutete. Und dann habe ich ihn damit gefüttert. Ein Happen nach dem anderen. Wenn er gekotzt hat, habe ich ihm das Erbrochene erneut in die Kehle gestopft. Als er endlich den Löffel abgegeben hat, hatte er beinahe ein Viertel
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