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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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loslassen.
    Drei Monate, mehr war ihnen nicht vergönnt.
    Am Ende des zweiten redeten sie schon davon, zusammen nach Key West zu ziehen. Hunter fühlte sich in Sarasota durchaus wohl, doch Katy verband damit zu viele Jahre voll schlechter Erfahrungen und noch schlimmere Katerstimmungen. Abgesehen davon hatte sie schon immer davon geträumt, Silberschmuck herzustellen, und meinte, Key West sei besser dafür geeignet, außerdem gebe es da einen Mann aus ihrer Vergangenheit, den sie nicht gerne in der Nähe hätte – zufällig derselbe Mann, der Hunter erst kürzlich für die eine oder andere Arbeit angeheuert hatte.
    John hatte kein Problem damit, wegzuziehen. Wo sie glücklich wäre, da wäre er es auch. An einem Wochenende fuhren sie runter nach Key West und schauten sich preiswerte Häuser an, und schon am Samstagabend sah er keinen Grund mehr, je wieder zurückzugehen. Doch sie sagte, sie müsse noch etwas erledigen. Sie wollte ihm nicht sagen, worum es ging, deutete jedoch an, dass ihr jemand noch Geld schulde. John konnte sich keinen Reim darauf machen – und sei es auch nur die Frage, wieso sie es nicht schon früher eingefordert hatte –, jedenfalls fuhren sie wieder zurück.
    Zwei Tage später erklärte sie ihm abends, sie müsse noch einmal weg, um diese Angelegenheit zu regeln. Sie wollten sich danach zum Abendessen treffen.
    Er setzte sie am weniger vornehmen Ende des Blue Key vor einer Bar ab. Sie wirkte nervös und aufgedreht, wie John sie noch nie gesehen hatte. Als er sie am Straßenrand rausließ, küssten sie sich, und er fragte sie, ob die Sache wirklich nötig sei. Sie sagte ja, und im Weggehen sah sie sich noch einmal zu ihm um, zwinkerte ihm zu und sagte: »Jetzt geht es nur noch um uns.«
    Er sah sie nie wieder.
     
    Als er den oberen Raum erreichte, sah er sie dort stehen. Marie und Tony Thompson. Erschrocken drehten sie sich um.
    »Das war unsere Schuld«, sagte Tony sofort. John erkannte ihn kaum wieder. Sie waren sich erst ein Mal begegnet, und der Mann hatte sich sehr verändert. Vor zwanzig Jahren war er ein Löwe gewesen, jetzt wirkte er alt und ängstlich.
    »Es sollte nur eine Warnung sein«, sagte Marie. »Ich war dafür, ihr Geld zu geben, damit sie weggehen kann, und David stimmte zu. Er sei nur gekommen, weil er sie besser kenne, sagte er, weil er sie besser zur Vernunft bringen könne, so dass sie uns nicht weiter erpressen würde.«
    Hunter trat in die Mitte des Raums und hielt die Waffe so, dass sie nicht zu übersehen war. »Aber?«
    »Aber David … es sah so aus, als würde damit alles gut, und er beschwatzte uns, ihn irgendwo allein mit ihr reden zu lassen, aber … irgendwas muss dann mit ihm passiert sein. Er zerbrach eine Flasche und stieß sie ihr ins Gesicht.«
    Hunter bezweifelte nicht, dass der Horror, der Marie bei der Erinnerung ins Gesicht geschrieben stand, echt war, dass sie gelitten hatte, zumindest ein bisschen. Nicht genug.
    »Dieses Foto ist
hinterher
entstanden?«
    »Phil und Peter wussten zu dem Zeitpunkt noch nicht, was passiert war. Wir … wir haben ihnen erst hinterher von der Sache erzählt.«
    »Sie sind alle zusammen
essen
gegangen?«
    »Wir … wir hatten reserviert.«
    »John«, sagte Tony, »ich weiß, das Ganze war entsetzlich, und was wir getan haben, war falsch. Aber das ist alles so lange her. Und wir sind vermögend, das wissen Sie. Peter auch. Wir haben drüber gesprochen. Wir möchten die Dinge wieder einrenken.«
    Die erste Kugel sprengte Tonys Schädeldecke weg. John sah, wie Marie die winzige Pistole aus ihrer Handtasche zog, doch er sah es einfach ein bisschen zu spät.
    Er feuerte trotzdem weiter.

43
    E rst nach sieben kamen wir im abendlichen Zwielicht in Longacres an. Als ich in unser Viertel abbog, kam mir plötzlich eine Redewendung in den Sinn:
entre chien et loup.
Ich wusste, dass es ein französischer Ausdruck für diese Tageszeit war – »zwischen Hund und Wolf« –, und stellte bei dieser Gelegenheit fest, dass mein Vater offenbar doch ab und zu Französisch gesprochen haben musste. Wahrscheinlich hatte er es nur leise vor sich hin gemurmelt, in irgendeinem längst vergessenen Dämmerlicht, so dass ich es, auf der Jagd nach irgendeinem Geheimnis der Erwachsenen, aufgeschnappt und bestimmt bei einer denkbar unpassenden Gelegenheit wie ein Papagei nachgeplappert hatte. Und bestimmt hatte ich ihn – in der Hoffnung auf eine Unflätigkeit – gefragt, was es bedeutet, und er hatte es mir erklärt. Mit Verve? Oder

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