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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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hat?«
    »Das ganze Krankenhaus wimmelt von Leuten, die hier nichts zu suchen haben«, sagte er. »Im Moment hat kein Mensch eine Ahnung, wer hierhergehört und wer nicht.«
    Er schien plötzlich zu merken, wie verzweifelt ich war, und ruderte innerlich zurück. »Aber … um was für eine Person würde es sich denn handeln?«
    »Nicht so wichtig, ich finde sie«, sagte ich und rannte wieder den Flur zurück. Diesen Mann in höchste Alarmstufe zu versetzen, würde die Situation nicht leichter machen. »Bestimmt ist sie nur zu einem kurzen Spaziergang raus. So ist sie, sie hasst es, eingepfercht zu sein. Wenn Sie Steph finden, sagen Sie ihr bitte, sie soll sich nicht vom Fleck rühren, ja? Sagen Sie ihr, ich bin gleich da.«
    »Mach ich. Ihr Zustand bessert sich, aber wir haben noch einiges zu tun. Sie braucht weitere Behandlungen, und zwar sofort.«
    »Verstehe.« Ich hatte schon nicht mehr zugehört – dieser Mann hatte keine Ahnung, in welcher Gefahr Steph wirklich steckte, die über den Inhalt einer Weinflasche weit hinausging, und so hastete ich wieder in den Wartebereich zurück.
    Doch es brachte nichts, ziel- und kopflos durch das Krankenhaus zu eilen. Rannte ich in die falsche Richtung, entfernte ich mich nur von der Stelle, wo ich gebraucht wurde. So groß mein Drang auch war, in Bewegung zu bleiben und etwas zu tun, ich musste innehalten und erst einmal nachdenken.
    Mal angenommen, dass niemand sie entführt hatte.
    Etwas anderes durfte einfach nicht sein. Wenn ich die Möglichkeit auch nur im Entferntesten in Betracht zog, kam ich zu spät und war machtlos. Der Gedanke war unerträglich.
    Dann geh also davon aus, dass sie aus eigenem Antrieb rausgegangen ist.
    Steph war vergiftet worden. Ich wusste nicht, ob man ihr das so direkt gesagt oder, wenn ja, ob sie es richtig verstanden hatte, doch vor einer halben Stunde hatte sie einen halb hysterischen – mindestens aber mühsam beherrschten – Anruf von ihrem Mann bekommen, der sie aufforderte, sich anzuziehen. Sie denkt zwar, »Also, das ist ziemlich seltsam, aber er scheint es ernst zu meinen«, und so tut sie, worum er sie bittet. Er braucht länger, als sie gedacht hat – ich war von zu Hause so schnell wie möglich hergefahren, doch der abendliche Verkehr hatte mich daran gehindert, das Gaspedal auf dem ganzen Weg zum Krankenhaus voll durchzutreten. Also wird sie nervös. Sie kann auch nicht fertig angezogen in ihrem Zimmer sitzen, denn es könnte jederzeit eine Schwester hereinkommen und ihr die Leviten lesen, sie fragen, was zum Teufel das soll, und darauf bestehen, dass sie sich wie eine brave Patientin benimmt und sich wieder ins Bett legt. Also macht sie einen Spaziergang durch die Station oder das ganze Geschoss, um auf mich zu warten und mich abzufangen, sobald ich da bin.
    Diese Version gefiel mir – unendlich viel besser als das Szenario, bei dem jemand vor mir eintraf.
    Andererseits wusste ich nicht, welche praktischen Konsequenzen ich daraus ziehen sollte. Der Arzt hatte gesagt, er hätte überall auf dem Geschoss nach ihr gesucht. Wie gründlich? Wahrscheinlich nur in den Bereichen, in die ein Patient normalerweise geht – Toiletten, Erfrischungsautomaten –, ohne in allen Ecken und Winkeln nachzusehen. Und in einem Krankenhaus gab es natürlich eine Menge Ecken und Winkel. Hatte ich die Zeit, in allen nachzusehen – ohne genau zu wissen, ob sich Steph überhaupt auf diesem Stockwerk befand?
    Der Bereich rund ums Schwesternzimmer war jetzt nicht mehr so belagert. Offenbar bekam irgendjemand die Situation in den Griff, und eine der Schwestern warf mir im Vorbeigehen einen durchdringenden Blick zu, als wollte sie sich davon überzeugen, ob ich ein Recht hatte, hier zu sein, oder nicht.
    Ich war mir nicht sicher, wie die Antwort lautete. Es kam mir so vor, als traute hier keiner dem anderen über den Weg, und eine Sekunde lang packte mich die schwindelerregende Überzeugung, dass kein Einziger sich hier rechtmäßig aufhielt, sondern alle in eine Sache verstrickt waren, die ich nicht verstand – die Schwestern, die Pfleger, die vermeintlichen Patienten und Angehörigen. Jeder von ihnen könnte Steph in einen Schrank gesperrt haben und sich jetzt darüber amüsieren, wie ich mich auf der Suche nach ihr im Kreis drehte. Jeder von ihnen könnte eine Schusswaffe in der Jacke oder Handtasche oder dem weißen Kittel verbergen und nur den geeigneten Moment abwarten, um mich unter allgemeinem Applaus umzulegen. Vielleicht war es ja

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