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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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auf. Allerdings sieht sie immer noch nicht in seine Richtung. Als sie sich erhebt, breitet sich ein schwacher Geruch aus. Er kann nicht sagen, wonach. Er spürt, dass er es auch nicht will. Der Geruch ist nicht stark, aber auch nicht gut.
    Sie braucht viel zu lange, um sich aufzurichten. Schließlich dreht sie doch den Kopf und sieht ihn an. In beiden Augen ist die Iris ganz schwarz. Ihre Gesichtshaut ist bleich und schlaff. Sie hat keine Fingernägel.
    Sie spricht: »Erinnerst du dich, wie du damals gesagt hast, du hättest etwas Seltsames geträumt, nämlich dass man all die Menschen sehen könnte, mit denen man je befreundet war, und wüsste, ob sie einen sexy fänden oder ob sie mit einem schlafen wollten, und es war wie eine Art 3 -D-Diagramm oder so, und all diese Leute stünden im Kreis um einen rum, und je näher sie bei dir stünden, umso mehr hätten sie daran gedacht oder es in ihrer Phantasie umso dreckiger mit einem getrieben?«
    Sie spricht mit dieser leisen, monotonen Stimme in langgezogenen Silben, als wäre sie entweder betrunken oder erschöpft. Ihre Lippen bewegen sich ein wenig asynchron zu ihren Worten, und so schließen sie sich erst drei Sekunden, nachdem sie verstummt ist.
    »Kann mich nicht daran erinnern«, sagt er.
    »Du erinnerst dich an nichts, woran du nicht erinnert werden willst.«
    »Vielleicht hab ich es ja gesagt.«
    »Klar, vielleicht.«
    Sie geht auf ihn zu, zieht das linke Bein nach. Sie geht rechts an ihm vorbei, über die Kante, doch sie fällt nicht. Sie ist immer noch auf derselben Ebene, als sie aus seinem Blickfeld verschwindet.
    Er sitzt auf dem Stuhl und umklammert die Lehnen mit den Händen. Eine Menge Urin, von der er nie gedacht hätte, dass er sie noch in sich hat, ist ihm in die Hose gesickert. Er weiß, dass er sie nicht wirklich eben gesehen haben kann, aber … ob sie zurückkehrt?
    Tut sie nicht.
    Doch schlafen kann er auch nicht.
     
    Wieder im Hier und Jetzt, gibt er es auf, nach einer schlagfertigen Antwort zu suchen, und stellt stattdessen die Frage, die ihm im Kopf herumgeistert.
    »Was hast du mit Hazel gemacht?«
    Hunter sieht ein wenig sauer aus. So hat er sich das Spiel nicht vorgestellt. Offenbar will er nicht darüber reden. Dann ist Hazel vermutlich tot. Warner weiß noch, wie sie vor etwas über zwanzig Jahren war, als er sie kennenlernte. Die Frau von einer der ganz großen Nummern hier vor Ort, unter die er sich allmählich mischte. Eine gutaussehende ältere Frau, die ihn, wie er mehr als einmal festzustellen glaubte, auf eine bestimmte Weise ansah; oder doch wohl eher nicht – sie und ihr Mann standen sich sehr nahe. Das galt für diese ganze Gruppe, lange bevor er dazukam, und so eine Bindung macht man nicht für ein bisschen Sex kaputt.
    »Ich erinnere mich an Wilkins«, sagt Hunter. »Er schien eigentlich ganz in Ordnung zu sein. War er wirklich dabei?«
    »Wobei?«
    »Du weißt schon.«
    Der Mann auf dem Stuhl bietet seine letzten Kräfte auf. »Ich weiß es. Aber ich glaube, du kapierst es immer noch nicht.«
    »Geht’s etwas genauer?«
    »Nein.«
    »Dachte ich mir. Dann überlass ich dich also noch eine Weile deinem Schicksal. Ich habe noch zu tun. Kleine Säuberungsaktion. Und daran bist du schuld. Wieder so ein blödes Spiel von dir, richtig?«
    Der Mann auf dem Stuhl sieht ihn an.
    »Ja«, sagt Hunter. »Sie hat geredet.«
    Als sich Hunter von der Wand abstößt, um zu gehen, packt den Mann auf dem Stuhl die Panik.
    »Ich hab Freunde, du Arschloch. Andere Freunde, nicht den Seniorenclub hier. Freunde, die für mich durchs Feuer gehen. Ich zahle ihnen, was ich ihnen schulde, und ich hab was bei ihnen gut. Sie werden dich unter die Erde bringen und dein Grab in Brand stecken.«
    »Das hatte ich schon«, sagt Hunter. »Begraben zu werden, ist keine große Sache. Schütte so viel Erde über jemanden, wie du willst, und er klettert irgendwie wieder heraus.«
    »Und wenn schon? Du wirst immer der letzte Dreck sein. Und ich bleibe immer, wer ich bin.«
    »Das stimmt, mein Freund, und es muss in diesem Moment ein großer Trost für dich sein.«
    Hunter geht zu ihm und blickt auf den Mann im Stuhl herab; Warner ist verwirrt und irritiert, als er in seinen Augen so etwas wie Mitleid erkennt.
    »Du bist von gestern. Aber selbst Leute wie du lernen zuweilen ein paar Tricks dazu.«
    Er nimmt Warner die Wasserflasche vom Schoß und dreht den Deckel auf. Er nimmt einen Schluck daraus, und der Mann auf dem Stuhl denkt, ja klar – auch das dient

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