Killerspiel
hatte verdammt noch mal viel zu tun.
Folglich war ich nicht zu Hause. Verklagt mich doch.
Ich fuhr in die Innenstadt von Sarasota, und unterwegs kam mir langsam eine Idee. Es war eine bescheidene Idee, aber das Einzige, was mir einfiel, und irgendeine Form von positivem, sofortigem Handeln erschien mir im Moment als ein guter Plan – und außerdem eine triftige Entschuldigung dafür, nicht zu Hause zu sein.
Ich parkte in der Felton Street und lief den einen Block zu den Büros von
Not Just a Beach
zu Fuß. Ich sah durch die große Glastür, dass noch jemand am Empfang saß, doch als ich versuchte, die Tür zu öffnen, war sie abgeschlossen. Das Mädchen sah von ihrem Computer auf und schüttelte den Kopf mit der gottgegebenen Autorität, die alle Rezeptionisten für sich in Anspruch nehmen.
Ham geschlossen. Isso, Gesetz.
Ich legte eine Pantomime hin, um ihr klarzumachen, ich wüsste, dass es sechs Uhr durch war und dass sie nicht geöffnet hatten, dass ich aber trotzdem mit ihr reden wollte – und nicht so schnell aufgeben würde. Sie ließ sich Zeit damit, die richtigen Schlüsse zu ziehen, oder war einfach nicht die Hellste. Am Ende drückte sie auf einen Knopf, und die Tür ging mit einem Klicken auf.
»Wir haben geschlossen«, sagte sie gespreizt, kaum dass ich den Fuß über die Schwelle setzte.
»Ich weiß, und ich halte Sie auch gar nicht lange auf. Ich bin der Ehemann von Stephanie Moore.«
Da Steph zu den leitenden Redakteuren der Zeitschrift gehört, stufte mich das Mädchen auf der Respektskala etwa zwanzig Prozent hoch. »Ach so, okay, hi.«
»Mein Handy spinnt. Ich bin mit Steph verabredet, hab aber vergessen, wo. Sie hat mir den Treffpunkt gesimst, aber ich komm nicht an meinen Terminkalender ran. Und telefonisch erreiche ich sie nicht. Sie hat nicht zufällig erwähnt, wo sie heute Abend hinwollte, oder so?«
Die Rezeptionistin sah emsig in verschiedenen Zetteln und Papieren nach, die über ihren Schreibtisch verstreut lagen oder an ihrem Monitor klebten. »Nein, tut mir leid.«
»In Ordnung. Letzter Ausweg – haben Sie eine Nummer von Sukey?« Danach hatte ich gesucht, als ich das ganze Haus auf den Kopf stellte, doch die Nummer war nicht auf Stephs Laptop.
»Solche Auskünfte darf ich nicht rausgeben.«
»Natürlich.« Ich griff zu einem Stift und einem Stück Papier von ihrem Tisch und schrieb etwas auf. »Aber das hier ist meine Nummer, okay? Würden Sie mir den Gefallen tun und Sukey die Nummer simsen oder mailen? Und sie bitten, mich anzurufen?«
Ich ging wieder nach draußen. Ich war nicht allzu optimistisch, dass sie mir den Wunsch erfüllen würde, und was machte es schon für einen Unterschied? Also,
was
nun?
Als ich zum Wagen zurückkehrte, entdeckte ich ein Barschild in der Ferne und dachte:
Das.
Das Krank’s war gerammelt voll mit Leuten, die von der Arbeit kamen, und ich machte mir nicht einmal die Mühe, drinnen in der Kühle der Klimaanlage einen Platz zu suchen, sondern nahm den erstbesten Tisch auf der Terrasse. Während ich auf das Bier wartete, wählte ich Stephs Nummer zum tausendsten Mal. Als ich wieder nur die Mailbox hörte, umklammerte ich das Handy so fest, wie sein kleines Hartschalengehäuse es ertrug. Ich verzichtete darauf, noch eine Nachricht zu hinterlassen. Doch ich stellte fest, dass die Batterie nach dem Aderlass dieses Tages nur noch halbvoll war. Wodurch mein Unbehagen gleich noch etwas größer wurde. Aber ich konnte das Handy schließlich aufladen, wenn ich nach Hause kam, oder? Schließlich war ich nicht auf der Flucht oder so. Ich wäre bald wieder zu Hause. Also.
Genauso wenig war ich über den Umstand erfreut, dass sich drei Frauen an den Tisch neben mir setzten und augenblicklich anfingen, wie wild draufloszupaffen. Wenn du nie versucht hast, dir das Rauchen abzugewöhnen, hast du keine Ahnung, wie scheiße sich das anfühlt. Man kann schon Monate davon weg sein, die Sucht hinter sich haben und nur noch mit der Macht der Gewohnheit zu kämpfen haben: Und dann sieht man eines schönen Tages jemanden genüsslich an einem Krebsstengel saugen, und plötzlich rennt man alte Leute und Kinder über den Haufen, um sich eine Packung zu besorgen, während man irgendwie weiß, dass dieser Moment kommen musste und nur darauf gewartet hat, dass man in die Falle tappt. Der Typ hinter der Theke nimmt das Geld entgegen und wendet sich dem nächsten Kunden zu, ohne zu ahnen, was für ein schicksalhafter Moment das gerade gewesen ist, in dem das
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