Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
war ihm eine allerletzte Idee gekommen.
60
19:40 UHR
BIOMETRIX ZENTRALE, VIRGINIA
»Hallo, Sie Murmeltier. Genug geschlafen.«
Ben erwachte, als er die warme Frauenstimme hörte. Mit einem mächtigen Gähnen öffnete er die Augen und sah, dass über seinem Bett ein Plastikbeutel mit einer milchigweißen Flüssigkeit hing, von dem ein dünner Schlauch zu seiner linken Armbeuge führte.
»Ich habe gar nicht bemerkt, dass Sie mich an einen Tropf gehängt haben«, sagte er zu Angie Howlett, die sich lächelnd über ihn beugte.
»Sie waren völlig weggetreten«, sagte sie. »Aber das ist ja kein Wunder, bei allem, was Sie durchgemacht haben.«
»Und was ist das bitte, was Sie da in mich hineintröpfeln lassen?«
»Künstliches Blut«, erwiderte Angie. »Zum Patent angemeldet, aber bisher ohne FDA-Zulassung. Doch keine Angst, es ist völlig sicher und beschleunigt Ihren Heilungsprozess. Wir nennen es intern Hämoglobin-Milch.«
Sie zog Ben die Infusionsnadel aus der Vene und tupfte ihm das Einstichloch mit einem alkoholgetränkten Wattebausch ab.
»Ich fühle mich tatsächlich schon viel besser«, sagte Ben. »Mein Kopfweh ist total verschwunden, und der Druck auf
meiner Brust auch. Scheint ein Wundermittel zu sein, ihre Hämoglobin-Milch. Hätten Sie vielleicht auch Hämoglobin-Eiskrem da?«
»Erfreulich, dass Sie schon wieder Witze machen können«, sagte Angie. »Aber vor dem Eis müssen Sie erst mal brav Ihre Tabletten nehmen. Wir müssen Ihren Blutdruck unbedingt niedrig halten, damit das Aortapflaster optimal anwachsen kann.«
»Vielleicht will ich ja gar nicht, dass es anwächst.«
»Das wäre aber ziemlich unklug, denn dann hätten Sie sofort wieder ein Loch in Ihrer Aorta.«
»Und so habe ich einen biologischen Sprengsatz knapp über meinem Herzen, der jeden Augenblick losgehen kann.«
»Ob es ein Sprengsatz ist und wenn ja, welcher, werden wir gleich feststellen.«
»Und wie, wenn ich fragen darf?«
Angie rollte den Infusionsständer beiseite und setzte sich auf die Kante von Bens Bett. »Ich möchte gerne ein MRT mit Ihnen machen, ein Magnet-Resonanz-Tomogramm.«
»Heißt das, dass Sie mich in so eine enge Röhre stecken wollen?«
»Für einen Wissenschaftler von der FDA sind Sie aber ziemlich technikfeindlich, Ben«, erwiderte Angie mit einem tadelnden Lächeln.
»Muss das denn wirklich sein?«, fragte Ben, dem es peinlich war, seine Klaustrophobie zuzugeben.
»Wenn wir herausfinden wollen, wieso mein Pflaster mit diesem Virus reagiert, dann schon. Ich werde mir jetzt Ihr CardioPatch genauer ansehen. Wir haben nicht viel Zeit dafür, die Polizei und das FBI können jeden Augenblick hier sein, und dann müssen wir etwas in der Hand haben, um
Ihre Vermutungen zu beweisen. Können Sie gehen, oder soll ich Sie im Rollstuhl schieben?«
»Wohin denn?«
»Zu meinem Kernspintomografen drüben im Laborflügel. Es geht schneller, wenn Sie den Rollstuhl nehmen, aber falls ich Sie damit in Ihrer Mannesehre kränke …«
Sie sah ihn spöttisch an.
»Schieben Sie das verdammte Ding schon her.«
»So ist’s recht«, sagte Angie schmunzelnd. »Ich liebe Patienten, die kooperativ sind.«
Ben, der immer noch den Krankenhausschlafanzug trug, setzte sich in den Rollstuhl und ließ sich von Angie durch feiertäglich verlassene Gänge schieben.
»Sieht ganz so aus, als würde es ihnen gefallen, wenn ich Sie bemuttere«, sagte Angie hinter ihm. »Aber ich sage Ihnen gleich, das hört sich ziemlich bald wieder auf. Morgen werden Sie schon so fit sein, dass Sie gar nicht mehr wissen werden, was ein Rollstuhl ist.«
»Mir geht es ja heute schon viel besser als gestern.«
»Sehen Sie, jetzt spüren Sie am eigenen Leib, was für eine geniale Erfindung mein CardioPatch ist und wie viel Geld es unserem Gesundheitswesen sparen kann. CardioPatch befindet sich noch keine 24 Stunden in Ihrer Brust, und Sie sind bereits in einem Auto gefahren und mit einem Flugzeug geflogen.«
»Und durch einen Lüftungsschacht gekrochen.«
Sie waren inzwischen in den anderen Flügel des Firmengebäudes gelangt, der mit dem Verwaltungsflügel einen spitzen Winkel bildete. Genau an der Verbindungsstelle zwischen beiden befand sich Angies Chefbüro. Die eine Wand des Ganges bestand aus einer durchgehenden Glasfront,
hinter der sich Ben das beeindruckende Panorama des Lake Anna eröffnete.
»Bei schönem Wetter ist der Blick einfach ein Traum«, sagte Angie.
»Mir gefällt er auch so schon sehr gut. Ebenso wie diese
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