Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
sich mit dem Rücken auf die Liege legen. Ben zuckte zusammen. Die Liege war eiskalt. Angie kontrollierte, ob er sich in der richtigen Position befand und gab ihm einen an einem dünnen Kabel hängenden Gummiball in die rechte Hand.
»Wenn das Magnetfeld seine volle Stärke erreicht, wird es da drinnen sehr laut, das wissen Sie ja«, sagte sie. »Selbst wenn Sie schreien, kann ich Sie nicht hören. Falls irgendwas ist, dann drücken Sie diesen Ball, und ich schalte die Magnete sofort ab.« Sie setzte Ben ein Paar Kopfhörer auf und lächelte ihn an. Aus den Kopfhörern kam beruhigende Musik.
»Können wir?«, fragte sie.
Ben nickte schicksalsergeben.
Angie trat hinter die Glaswand und betätigte ein paar Knöpfe auf der Konsole. Langsam bewegte sich die Liege mit Ben in die Röhre hinein. Ben schloss die Augen.
»Alles in Ordnung?«, hörte er Angies Stimme aus den Kopfhörern und antwortete mit einem matten »Ja«. Er dachte an das kleine Pflaster oberhalb seines Herzens, das ihm das Leben gerettet hatte und möglicherweise sein Schicksal werden würde. Angie hatte Recht, sie mussten herausfinden, was es damit auf sich hatte, und diese Prozedur war der einzige Weg. AMT lag in Schutt und Asche, Larrick war tot, und diese zwei Quadratzentimeter High-Tech-Gewebe an der Innenwand seiner löchrigen Aorta waren möglicherweise das einzige Beweismittel, das sie für seine Unschuld hatten. Entfernen konnten sie es nicht mehr, also
mussten sie es mit den Mitteln sichtbar machen, die die modernen bildgebenden Verfahren der Medizin ihnen boten. Selbst wenn das bedeutete, dass er dafür zwanzig Minuten lang in diese Röhre musste.
»Ich erhöhe jetzt die Stärke des Magnetfelds«, sagte Angies Stimme. In der Röhre war ein leises Klicken zu hören, das sich in immer kürzer werdenden Abständen wiederholte.
»Diese Geräusche sind ganz normal«, beruhigte ihn Angie. »Die Magnetspulen laufen sich warm.«
Ben wusste, wie ein Magnetresonanztomograf funktionierte. Starke, elektrisch erzeugte Magnetfelder regten die Atomkerne in den Körperzellen zum Schwingen an, und diese Schwingungen ließen sich mit hochempfindlichen Sensoren aufzeichnen. Ein an und für sich für den Patienten schonendes Verfahren, das ohne schädliche Röntgenstrahlung auskam - wenn da nicht diese enge Röhre gewesen wäre, um die herum die Magnetspulen angeordnet waren.
»Es wird gleich noch deutlich lauter werden«, hörte er Angies Stimme aus dem Kopfhörer. »Entspannen Sie sich und denken Sie an was Schönes. Es ist bald vorbei.«
Ben wusste, dass die sich bewegenden Magnetspulen laute Klopfgeräusche erzeugten und richtete sich schon mal geistig darauf ein. Er selbst hatte noch nie eine Untersuchung in einem MRT über sich ergehen lassen müssen, aber Tammy Fader hatte ihm davon erzählt, wie manche ihrer meist älteren Patienten bei diesem Klopfen die Nerven verloren hatten, weil sie glaubten, der Apparat würde gleich zusammenbrechen und sie unter sich begraben.
Tammy! Ben spürte einen Stich im Herzen, wenn er an sie dachte. Dabei sollte er doch an etwas Schönes denken.
Wie es Tammy wohl gerade ging? Ben hatte diese ganze Odyssee zwischen Larrick, Neal und AMT eigentlich nur auf sich genommen, um Tammy zu helfen, die sich seit dem Ausbruch des Virus irgendwo im Gewahrsam der Seuchenschutzbehörde befand. Und was hatte er erreicht? Überhaupt nichts. Er hatte so gut wie nichts über Tammy erfahren, und jetzt klebte ein mysteriöses Pflaster in seiner Aorta, von dem er nicht wusste, ob es ihn demnächst umbringen würde. Nein, Gedanken an Tammy waren keine schönen Gedanken. Da dachte er doch lieber an seinen Sohn, der ihm das Wichtigste in seinem Leben war, wichtiger als sein Beruf, auch wenn Jack das manchmal nicht zu merken schien. Wenigstens war Jack in seiner Nähe.
Das Summen der Spulen wurde lauter und übertönte nun deutlich die dahinplätschernde seichte Entspannungsmusik in den Kopfhörern. Bald würde das Klopfen anfangen, und dann galt es durchzuhalten, bis die Prozedur vorbei war. Ben öffnete die Augen. Er steckte jetzt vollständig in dieser engen Röhre, und sofort kamen ihm die Bilder jenes fürchterlichen Tages ins Gedächtnis, an dem sein älterer Bruder ihm beim Versteckspiel im Haus seiner Großeltern in den Wäschetrockner geholfen hatte und er darin stecken geblieben und nicht mehr herausgekommen war. Zwei Stunden lang hatte er in der engen Trommel ausharren müssen, bis endlich ein Mechaniker gekommen war und ihn
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