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Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper

Titel: Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rip Gerber
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gefunden hatte.
    »Nicht bewegen«, sagte Angie, »sonst kriege ich verwackelte Bilder, und wir müssen alles nochmal machen.«
    Ben erstarrte augenblicklich und lag stocksteif in der Röhre, aus der ein leises, tickendes Geräusch zu hören war. Jede Minute, die er nicht in diesem engen Gefängnis verbringen musste, war ein Geschenk des Himmels.
    »Was ist das für ein Ticken?«, fragte er.
    »Stören Sie sich nicht dran, das ist normal«, erwiderte
Angie. »Stellen Sie sich einfach vor, es wären die Zwerge des Weihnachtsmanns, die mit ihren winzigen Hämmerchen auf einen Blechstern klopfen.«
    »Der Weihnachtsmann hat Elfen, keine Zwerge.«
    »Danke für die Aufklärung. Atmen Sie langsam durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, so als ob Sie meditieren würden.«
    »Wie diese buddhistischen Mönche?«, fragte Ben. »Ich habe mal gelesen, dass bei denen die Durchblutung des Gehirns dabei um zwanzig Prozent reduziert wird.«
    Angie lachte. »Keine Sorge, deshalb wird man Sie schon nicht bei MENSA ausschließen.«
    Als Ben die Augen öffnete und nur Zentimeter von seiner Stirn entfernt die mit Plastik ausgekleidete Innenwand der Röhre sah, brach ihm am ganzen Körper der Schweiß aus. Er musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut loszuschreien und kämpfte mit aller Kraft gegen den Drang an, sich irgendwie aus der engen Röhre herauszuschieben.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Angie.
    »Geht so«, presste Ben hervor.
    »Sie sind ein Held.«
    Ben versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf seine Platzangst. Angie hatte vergessen, die beruhigende Musik wieder einzuspielen, so dass das langsam lauter werdende Klopfen der Magnetspulen durch seinen Kopf dröhnte, als würde jemand mit einem Eisenschlegel wütend gegen eine Metalltür schlagen. Von Elfen des Weihnachtsmanns konnte jetzt wirklich keine Rede mehr sein. Unmerklich verwandelte sich der Rhythmus des Klopfens in Bens Hirn in einen alten Kinderreim, den seine Mutter ihm oft vorgesungen hatte:
    »Ring around the rosies,
a pocket full of posies,
ashes, ashes, we all fall down …«
    Dieser Vers stammte aus der Zeit der großen Pestepidemien im Mittelalter, wobei mit den »rosies« die Perlen des Rosenkranzes gemeint waren und die »posies« Blumen waren, die die Erkrankten bei sich trugen, um mit ihrem Duft den ekelerregenden Gestank ihrer von Geschwüren bedeckten Körper zu überdecken. Dass er ausgerechnet jetzt an die Pest denken musste, sorgte nicht gerade dafür, dass Ben der Aufenthalt in der engen Röhre erträglicher wurde. Trotzdem gelang es ihm nicht, den Kinderreim und die damit verbundenen Gedanken abzustellen. Vielleicht lag es an dem Gerede des Samariters über die justinianische Pest - jedenfalls wollten sich die düsteren Bilder nicht vertreiben lassen.
    Was wäre, dachte Ben, wenn die großen Seuchen in der Geschichte nicht wie zufällige, aber unvermeidliche Schicksalsschläge über die Menschheit hereingebrochen wären? Wenn damals, im 6. Jahrhundert, schon irgendwelche im Geheimen wirkenden Kräfte hinter ihrem Ausbruch gestanden hätten, die aus einem pervertierten Sendungsbewusstsein heraus absichtlich Verderben über die Menschheit hatten bringen wollen? Die justinianische Pest hatte fünfundzwanzig Millionen Todesopfer gefordert, der Schwarze Tod im Mittelalter ebenfalls fünfundzwanzig und die Spanische Grippe am Ende des Ersten Weltkriegs sogar über vierzig Millionen. Kaum vorstellbar, dass diese gigantischen Opferzahlen das Werk bewusster Manipulationen sein sollten, aber ganz auszuschließen war es auch
nicht. Was wäre, wenn die Verantwortlichen für diesen millionenfachen Tod ihren Auftrag über Jahrhunderte hinweg in einer Art Geheimgesellschaft weitergegeben hatten und ihn immer dann, wenn eine in ihren Augen verderbte Menschheit ein göttliches Sühnegericht verdient hatte, erneut in die Tat umgesetzt hätten?
    Wie war doch gleich der Schwarze Tod im Mittelalter nach Europa eingeschleppt worden? Als im Jahr 1347 Tataren die genuesische Stadt Kaffa auf der Krim belagerten, schleuderten sie mit Katapulten pestinfizierte Leichen über die Mauern der Stadt. Als die Genueser schließlich auf zwölf Schiffen nach Sizilien flohen, hatten sie die Pest bereits mit an Bord. Bei Ankunft der Schiffe waren Mannschaften und Passagiere tot oder lagen im Sterben, und obwohl man die Überlebenden nicht an Land ließ, wurde der Pesterreger von Ratten, die über die Taue der Schiffe von Bord kletterten, aufs

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