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Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper

Titel: Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rip Gerber
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europäische Festland eingeschleppt.
    Zwei Monate später war halb Messina tot, und die Krankheit verbreitete sich wie ein Flächenbrand von Süden nach Norden. In Sechs Monaten hatte das Große Sterben, The Great Dying oder die Magna Mortalis, Paris und London erreicht. Die Toten stapelten sich in den Straßen, so dass der Papst, der damals in Avignon residierte, den Fluss Rhone weihen musste, um über ihn die vielen Leichen entsorgen zu können. Über ein Drittel der Bevölkerung Europas ging damals zugrunde, was große soziale Verwerfungen und grauenvolle Pogrome an Juden und anderen angeblichen »Brunnenvergiftern« zur Folge hatte, denen man in Unwissenheit über den wahren Erreger der Krankheit die Schuld für die Pest in die Schuhe schob.

    Eigentlich widersprach diese Geschichte der Vermutung, dass die Pest damals von einer Gruppe von Menschen in die Welt gesetzt worden war, aber je länger Ben mit klopfendem Herzen stocksteif in dieser Röhre lag, desto düsterer wurden seine Gedanken. Schließlich gab es wissenschaftlich nicht ganz abwegige Theorien, dass es sich beim Schwarzen Tod im 14. Jahrhundert gar nicht um die vom Bakterium Yersinia pestis ausgelöste Beulenpest, sondern um eine andere, noch ansteckendere Krankheit gehandelt haben könnte. Pocken, Cholera und Typhus wurden diskutiert, aber auch ein Hämorrhagisches Fieber, wie es beispielsweise vom Ebola-Virus ausgelöst wird. Was, wenn schon damals eine Gruppe fanatisierter, vom Glauben an eine grauenvolle Mission durchdrungener Menschen irgendwo in den Steppen Asiens eine dieser damals in Europa noch unbekannten Erkrankungen entdeckt und auf eine nichtsahnende und diesem Erreger vollkommen schutzlos ausgelieferte Bevölkerung losgelassen hätte? Eine vermeintliche Geißel Gottes, um den Menschen den rechten Glauben wieder einzuprügeln?
    Während das Poltern immer lauter wurde und sich schließlich anhörte, als würde von draußen eine Ladung Schotter über die Röhre gekippt, stiegen vor Bens geistigem Auge beängstigende Bilder auf. Ein Geheimbund von bleichen Männer, in schwarze Kapuzenumhänge gehüllt, der sein todbringendes Wissen von einer Generation an die nächste weitergab und willkürlich befand, wann die Zeit wieder einmal reif war für den nächsten Schnitt mit der großen Sense, die nächste Sintflut, das nächste große Jäten im Beet des Herrn. Denn nach jedem der großen Seuchenzüge hatten die Gesellschaften Europas eine radikale
Wende genommen. Die justinianische Pest hatte der sprichwörtlichen Dekadenz des oströmischen Reiches ein Ende gesetzt, und nach dem Schwarzen Tod im Mittelalter waren Prozessionen von Selbstgeißlern durch die Lande gezogen und hatten ihre fundamentalistischen Lehren vom Ende aller Zeiten und einem strengen, unerbittlichen Gott verkündet, der die Sünder mit harter Hand bestraft. Die Geißler hatten die Bluttaufe anstelle der Wassertaufe eingeführt, weil man sich in ihren Augen nur durch das Vergießen des eigenen Blutes von seinen Sünden reinwaschen konnte. Rasch war dieses Flagellantentum vom Papst verboten worden, aber manche seiner Anhänger waren in den Untergrund gegangen und hatten als sogenannte Kryptoflagellanten im Verborgenen weitergewirkt - stets in fanatischer Gegnerschaft zur offiziellen Kirche, die für sie eine Verkörperung des Antichristen war.
    Auch wenn der Gedanke absurd oder zumindest weit hergeholt erschien: Es war nicht ausgeschlossen, dass einer dieser streng geheimen Bünde die gnadenlose Verfolgung durch die Inquisition und die Aufklärung überlebt hatte.
    Und noch ein Gedanke kam Ben, der immer noch die fanatischen Worte des Samariters in den Ohren hatte. Der Mann war wie zerfressen gewesen von seinem Hass auf die Wissenschaft im Allgemeinen und die Medizin im Besonderen. Zur Zeit der Schwarzen Pest waren die Ärzte völlig machtlos gegen das Massensterben gewesen und hatten Zuflucht in absurden Behandlungsmethoden gesucht, die das Leid der Infizierten eher verschlimmert als gelindert hatten. Die Überlebenden hatten daher Zuflucht in der Religion gesucht, wenn auch eher bei fundamentalistischen
Bewegungen wie den Flagellanten als im Schoß der katholischen Kirche.
    Ring around the rosies … Die Perlen des Rosenkranzes als Ersatz für Pillen und sonstige Medizin. Ben, der gerade in einer der modernsten Errungenschaften der Medizin lag, die ihn wie eine Faust umschloss und ihm die Brust so eng werden ließ, konnte sich einer solchen Denkweise momentan nicht völlig

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