Killerwelle
irgendwelche Geschäfte gemacht. Vor einem halben Jahr wurde ihnen von einer Bank auf den Hebriden ein hoher Kredit bewilligt, aber das Geld ist nie in Anspruch genommen worden.«
»Das ist es!«, rief Soleil.
»Was meinen Sie?«
»Salz. Mein Vater hat ein Salzbergwerk gekauft, bevor er es von einem auswärtigen Experten hat untersuchen und bewerten lassen. Erst nach dem Geschäftsabschluss wurde jemand damit beauftragt. Er war Amerikaner, so wie Sie. Als er meinem Vater erklärte, dass das Bergwerk auf unsicherem Grund stehe, feuerte er ihn auf der Stelle und engagierte einen anderen Fachmann. Den zweiten habe ich nie kennengelernt, weil …«
»Der Grund ist nicht wichtig«, sagte Juan. »Erzählen Sie uns von dem Bergwerk.«
»Es liegt in Ostfrankreich, an der italienischen Grenze und ganz in der Nähe eines Flusses.«
»Das ist endlich mal ein Glücksfall«, sagte Eric. Das Schiff näherte sich zügig der Südküste Frankreichs.
»Der Fluss war das Problem«, fuhr Soleil fort. »Er sagte, er sei gefährlich. Ich glaube, es hatte irgendetwas mit Wasser zu tun.«
»Versickerung«, sagte Juan.
»Ja. Das ist das Wort, das er sagte. Versickerung. Jedenfalls war es das schlechteste Geschäft, das mein Vater je gemacht hat. Aber er meinte, es lehre ihn Bescheidenheit. Er sagte, er wolle es niemals verkaufen, sondern wie einen Albatross um seinen Hals behalten, damit er diese Lehre niemals vergäße. Deshalb nannte er die Firma auch Albatross, wie in dem Gedicht.«
Die Ballade vom alten Seemann von Samuel Taylor Coleridge war in etwa das einzige Gedicht, das Juan überhaupt kannte. »›Dann haben sie mir den Albatross / Wie ein Kreuz zu tragen gegeben.‹ Sicher hat er diese Zeile gemeint.«
»Mein Vater hatte niemals die Absicht, das Bergwerk zu verpachten«, fügte Soleil hinzu. »Sie wollten doch, dass ich nach irgendetwas Ungewöhnlichem suche. Ich glaube, das ist es.«
»Okay, stellen wir das einstweilen beiseite. Da ist noch viel mehr, das wir uns ansehen müssen. Wir sollten ganz sichergehen.«
»Oui, mon capitaine. «
Sie brauchten noch eine weitere Stunde, aber am Ende kamen sie wieder zum Albatross-Bergwerk zurück. Juan hatte vorgeschlagen, dass sich Mark Murphy eingehender mit Hibernia Partners beschäftigen solle, während sie im Konferenzraum arbeiteten. Eric meinte, das sei keine gute Idee. Wenn die Firma eine von Bahars Tarnorganisationen war, dann würde ein Eindringen in ihr System den Quantencomputer sofort alarmieren und auf ihre Nachforschungen aufmerksam machen.
Cabrillo bedankte sich für die Warnung und erkannte erst jetzt, da ihnen diese Möglichkeit versperrt blieb, wie sehr sie sich inzwischen an die Verwendung von Computern gewöhnt hatten.
»Wir brauchen Pläne des Bergwerks«, sagte Juan, als sie sich alle darin einig geworden waren, dass es wahrscheinlich genau dieses Objekt war, das Bahar von Soleils Vater hatte haben wollen. »Können Sie sich mit dem Inspektor in Verbindung setzen?«
»Ich habe ihn zwar seit Jahren nicht mehr gesprochen, aber klar. Nur kenne ich seine Telefonnummer nicht mehr, doch die kann man ja irgendwo nachschlagen.«
Eric räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. »Ich will ja nicht allzu paranoid klingen, aber vom Schiff aus zu telefonieren wäre zurzeit eine schlechte Idee, und wenn Soleil anriefe, wäre das auch nicht so günstig.«
»Warum?«, fragte Linda.
»Wie Mark und ich schon erklärt haben, dieser Computer ist überall gleichzeitig. Und uns hat er auf jeden Fall im Visier. Sämtliche Kommunikation von diesem Schiff wird abgefangen. Ich befürchte sogar, dass der Computer nach besonderen Stimmmustern Ausschau halten wird.«
»Nun mach mal halblang, Eric«, sagte Linda. »Ein Computer kann doch unmöglich sämtliche Telefongespräche rund um den Erdball überwachen und sich auch noch ein ganz bestimmtes herauspicken.«
»Das ist ja der Punkt. Diese Maschine kann es. Die NSA macht das ständig, und Bahars Computer ist einige tausend Mal leistungsfähiger. Er trägt den Namen Quantencomputer nicht zu unrecht. Wir müssen mit völlig neuen Verhältnissen rechnen und denken und handeln, als würde jeder unserer Schritte genauestens verfolgt, was höchstwahrscheinlich auch tatsächlich der Fall ist.«
»Was schlägst du also vor?«, fragte Juan.
»Wir schicken jemanden an Land, und der kann dann für Soleil anrufen. Wir dürfen nur nicht ihren Namen benutzen, weil auch der wahrscheinlich schon ein Warnsignal auslösen
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